Politik

Blamage für Obama: Russland greift in Syrien ein

Lesezeit: 2 min
01.09.2015 08:31
Russland startet überraschend eine Offensive in Syrien, um den IS zu bekämpfen. Die Russen operieren gezielt militärisch und politisch. Gelingt die Initiative, wäre dies eine schwere Niederlage für die USA: Sie würden im Nahen Osten und in der Weltpolitik an Einfluss verlieren.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Russland startet offenbar eine Offensive in Syrien: Wie mehrere israelische Medien berichten, haben die Russen bereits eine Militärbasis nahe Damaskus eingerichtet. Von dort wollen die Russen Luftschläge gegen den IS führen. Die Website der Zeitung Yedioth Ahronoth, Ynet, schreibt, dass in den kommenden Wochen tausende russische Soldaten nach Syrien verlegt würden. Außerdem erwartet die israelische Aufklärung MiG29 und Yak130 Flugzeuge, die Kampfeinsätze gegen den IS fliegen können.

Mit dem Einsatz der Russen würde sich die Dynamik des Nahost-Konflikts entscheidend ändern, schreibt Ynet. Die Zeitung bemerkt außerdem, dass die USA zu der Entwicklung bisher geschwiegen hätten. Die Zeitung i24News schreibt, dass die Obama-Administration volle Kenntnis über die Entwicklung habe, bisher jedoch bewusst auf eine Reaktion verzichtet habe.

Update 1.9., 22.32 Uhr: Auf der staatlichen russischen Website RT wird eine anonyme Quelle zitiert, wonach noch keine Flugzeuge in Syrien stationiert seien. Das hatte der Autor des Artikels auf Ynet, Alex Fishman, auch nicht behauptet. Er weigerte sich, RT seine Quellen zu nennen. Er betonte jedoch, dass er niemals Artikel ohne zuverlässige Quellen veröffentliche. Fishman ist ein angesehener Militär-Journalist, der über exzellente Kontakte verfügt. Die Tatsache, dass die Russen sich stärker engagieren wollen, wird in dem RT-Artikel bestätigt - mit dem ausdrücklichen Hinweis auf das aus russischer Sicht zu erkennende Scheitern der Amerikaner: „Die von den USA angeführte Koalition, die seit vergangenem September Luftschläge gegen IS-Ziele in Syrien fliegt, hat sich als unfähig erwiesen, die Milizen zu besiegen.“ Daher sei eine stärkere Front gegen den IS notwendig. Dies sei auch zwischen Putin und dem ägyptischen Präsidenten el-Sissi Ende August in Moskau besprochen worden.

Die Zeitung Haaretz berichtet, dass die russische Regierung gleichzeitig eine politische Initiative gestartet habe: So habe der russische Außenminister Sergej Lawrow in den vergangenen Wochen die Führer der syrischen Opposition getroffen. Er habe ihnen gesagt, dass eine politische Lösung nur möglich sei, wenn sich alle Parteien an Friedensgesprächen beteiligen. Lawrow sprach mit Hassan Abdel Azim, dem Chef der Links-Partei in Syrien. Auch mehrere arabische Führer waren in den vergangenen Wochen in Moskau, um mit Präsident Putin über die Probleme des regionalen Terrorismus zu sprechen, berichtet Haaretz.

Russland hat sich dagegen bedeckt gehalten, was die Zukunft von Präsident Assad angeht. Dieser sagte zwar der BBC, dass er sich der weiteren Unterstützung aus Moskau und aus Teheran sicher sei. Und auch Russlands Außenminister Sergej Lawrow sprach das Thema am Dienstag bei einem Vortrag bei einer außenpolitischen Veranstaltung in Moskau an: Doch laut TASS geht es Lawrow weniger um die Person Assads als um die Tatsache, dass die Russen das Vorgehen des Westens missbilligen: Wie schon in Libyen und im Irak sei ein politischer Führer vom Westen für illegitim erklärt worden, obwohl er gewählt worden sei. Diese Einstellung müsse der Westen im Falle Assads ändern, wenn man eine friedliche Lösung wolle.

Russland versucht offenkundig, sich mehrere Optionen offen zu halten - also auch eine für die Zeit nach Assad. Die Zeit spielt dabei für Putin. Schon vor geraumer Zeit prognostizierte die Financial Times: Je mehr sich die USA in Syrien verstricken, umso besser für Russland. 

Die Tatsache, dass mehrere israelische Medien über die Entwicklung berichten, spricht dafür, dass die Entwicklung vom Mossad genau beobachtet wird. Auch für Israel ergibt sich aus dem Engagement Russlands eine neue Lage: Israels Premier Benjamin Netanjahu hat sich wegen des Iran-Atomdeals mit US-Präsident Barack Obama überworfen. Die Russen genießen in Israel einen eher guten Ruf, der zuletzt durch den russischen Erfolg bei der Vernichtung syrischer Chemiewaffen gestärkt wurde. Israel dürfte einer Einbindung Moskaus nicht abgeneigt sein, weil Putin den Kampf gegen den sogenannten islamistischen Terror auf seine Fahnen geschrieben hat. Netanjahu hat auch im Hinblick auf den Iran eine realistischere Sicht präsentiert: Erst vor wenigen Tagen sagte er laut Times of Israel, dass Israels nichts dagegen habe, wenn der Iran die Kernenergie für friedliche Zwecke nutze.

Für Obama ist die russische Intervention gefährlich: Gelingt sie, könnte Russland erneut als die erfolgreichere Macht im Nahen Osten Punkte sammeln. Scheitert sie, haben die Russen eine starke Stellung in Syrien aufgebaut – ein Szenario, das sich die US-Außenpolitik alles andere als gewünscht hat.

Update: Washington nervös: Was plant Russland in Syrien?


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Warnstreiks öffentlicher Dienst 2025: Forderungen und mögliche Auswirkungen auf Kommunen
11.01.2025

Im Januar haben die Tarifverhandlungen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Kommunen begonnen. Gewerkschaften wie Verdi fordern...

DWN
Politik
Politik USA zielen mit neuen Sanktionen auf Russlands Energiebranche
10.01.2025

Die scheidende US-Regierung von Präsident Joe Biden verhängt die nach eigenen Angaben bislang schärfsten Sanktionen gegen Russlands...

DWN
Panorama
Panorama Trump schuldig - aber keine Strafe
10.01.2025

Mit aller Kraft versuchte Trump zu verhindern, dass kurz vor seinem Amtsantritt die Strafe im Schweigegeld-Prozess verkündet wird. Es gibt...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl 2025: Briefwahl für Auslandsdeutsche zeitlich fast unmöglich - werden Millionen Stimmen fehlen?
10.01.2025

Für Deutsche, die dauerhaft im Ausland leben, wird es zeitlich sehr knapp, ihre Stimme für die Bundestagswahl 2025 abzugeben....

DWN
Panorama
Panorama Russischer Öltanker vor Rügen: "Eventin" mit 99.000 Tonnen Öl an Bord - was der Vorfall für die Sicherheit der Ostsee bedeutet
10.01.2025

Ein russischer Öltanker vor Rügen in Seenot: Die Eventin, wie der Gigant heißt, ist beladen mit rund 99.000 Tonnen Öl und gehört zur...

DWN
Panorama
Panorama Maul- und Klauenseuche zurück in Deutschland - steigen nun die Lebensmittelpreise?
10.01.2025

Maul- und Klauenseuche erstmals seit Jahren in Deutschland ausgebrochen. Der Erreger ist für bestimmte Tierarten wie Rinder hoch...

DWN
Technologie
Technologie Bundeswehr soll Waffen gegen Drohnen einsetzen dürfen
10.01.2025

Die Bundeswehr darf künftig Drohnen abschießen. Damit soll Spionage, Sabotage und Anschlägen vorgebeugt werden. Das Gesetz kommt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unternehmer finden keine Nachfolger: Hunderttausende Mittelständler vor der Schließung 2025
10.01.2025

Will denn keiner? Gibt es niemand Kompetenten? Hunderttausenden von deutschen Mittelständlern droht das Aus, weil die Inhaber keine...