Politik

Investoren kommen auch ohne TTIP gerne nach Deutschland

Deutschland bleibt für internationale Investoren ein attraktives Zielland - und das offenbar auch ohne TTIP. Investoren schätzen an Deutschland die Stabilität, weshalb Investments als sehr sicher gelten. Bei anderen Ländern der Euro-Zone haben die Investoren allerdings Bedenken.
03.05.2016 00:40
Lesezeit: 2 min
Investoren kommen auch ohne TTIP gerne nach Deutschland
Der Foreign Direct Investment (FDI) Confidence Index® 2016. Die 25 attraktivsten Ziele für ausländische Direktinvestitionen laut Unternehmensführern. (Grafik: A.T. Kearney) Foto: Mitarbeiter

„Die innereuropäischen Krisen scheinen ausländische Investoren noch nicht zu beeindrucken“, kommentiert Dr. Martin Sonnenschein, Zentraleuropachef der Managementberatung A.T. Kearney, die Ergebnisse des 16. FDI Confidence Indexes – einer Top 25 Liste der begehrtesten Investitionsziele. „Für internationale Unternehmen ist der Euro-Raum in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten eine stabile und daher äußerst attraktive Region, die Profitabilität verspricht.“

Die Studie von A.T. Kearney untersucht seit 1998 Verhalten und Vorhaben global agierender Unternehmen hinsichtlich der attraktivsten Zielländer für ihre ausländischen Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment, kurz FDI). Basierend auf einer regelmäßigen Befragung von Vorständen und Top-Managern der 1.000 weltweit größten Unternehmen erstellt die internationale Managementberatung den FDI Confidence Index, kurz FDICI.

Die USA und China belegen bereits zum vierten Mal in Folge die Spitzenpositionen, während Kanada vom vierten Platz auf den dritten aufgestiegen ist. Die hohe Attraktivität Nordamerikas sehen die Befragten allerdings für den Fall der Wahl eines populistischen US-Präsidenten getrübt und drohen mit Rückgängen bei ihren Investitionen. Auch für China sind die Erwartungen angesichts der anhaltenden Marktvolatilitäten in diesem Jahr verhaltener als zuvor.

Große Wachstumschancen sehen die Unternehmen vor allem in Europa, das 13 Länder unter den Top 25 vorzuweisen hat. Deutschland besetzt erstmals den vierten Platz (Rang 5 im Jahr 2015) und ist – trotz Flüchtlingskrise – mit seiner politisch stabilen und wirtschaftlich soliden Basis zum attraktivsten Investitionsstandort in Europa aufgestiegen. Auf den fünften Rang (Rang 3 im Jahr 2015) wurde dagegen Großbritannien verwiesen, das mit einem drohenden Brexit die ausländischen Unternehmen zu verunsichern scheint: Im Falle eines Austritts aus der EU kündigen die befragten Unternehmer jetzt schon an, weniger als geplant zu investieren. Das TTIP ist dagegen für Investoren keine notwendige Voraussetzung, um in Großbritannien zu investieren, urteilte neulich die LSE. Ähnliches dürfte angesichts des neuen Rankings auch für Deutschland gelten.

Zu den diesjährigen Aufsteigern in Europa gehören neben Deutschland Spanien (von Rang 17 auf 13) und Irland (Rang 23), das erstmals unter den Top 25 platziert ist. Abgestiegen ist jedoch Österreich, das noch im vergangenen Jahr die Aufnahme in den Index mit einem respektablen 21. Rang geschafft hatte, nun aber auf den vorletzten Platz abgefallen ist. Die Schweiz (Rang 11) konnte ihre Position um drei Plätze verbessern.

Die aktuellen Ergebnisse des FDICI zeigen eine deutliche Wiederbelebung der Investitionsbereitschaft im Ausland: Nach dem Einbruch durch die Finanzkrise 2007 ist das Volumen der ausländischen Direktinvestitionen 2015 um 36 Prozent gewachsen und hat mit geschätzten 1,7 Billionen Dollar wieder ein Vorkrisenniveau erreicht.

Während der Welthandel an Dynamik verliert, suchen die Unternehmen laut Studie verstärkt nach neuen Chancen durch Direktinvestitionen im Ausland. Die große Mehrheit der befragten Unternehmer (70 Prozent) plant, ihre Investitionen jenseits ihrer heimischen Märkte innerhalb der nächsten drei Jahre sogar auszubauen, und sieht darin den besten Hebel, um ihre Profitabilität zu steigern und sich Wettbewerbsvorteile zu sichern.

„Wir beobachten angesichts weltweiter Unsicherheiten eine deutliche Hinwendung zu sicheren Investitionsregionen“, sagt Zentraleuropachef Sonnenschein. Politische und wirtschaftliche Stabilität sowie regulative Transparenz seien direkt hinter Marktgröße und Arbeitskräften die entscheidenden Investitionsanreize. Das erkläre, warum entwickelte Industrienationen im Ranking aufsteigen, während Schwellenländer wie Brasilien und Mexiko – auf die viele Investoren zuvor noch gesetzt hatten – nach unten fallen. Auch innerhalb Europas sei dieser Trend zu einem stabilen und entwickelten Umfeld zu erkennen.

„Noch ist die europäische Union, angeführt von Deutschland, für Investoren ein Garant für Stabilität und Wachstum“, resümiert Sonnenschein die Ergebnisse des diesjährigen FDICI. „Das Vertrauen der Investoren basiert auf Kontinuität und verlässlichen Rahmenbedingungen, die Europa seit langer Zeit bis heute bietet. Doch Vertrauen ist ein fragiles Gut: Früher oder später könnte die innereuropäische Zerreißprobe auch die Attraktivität der europäischen Wirtschaft für internationale Investoren überschatten.“

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Generation Z lehnt Führungspositionen ab – Unternehmen müssen umdenken
25.04.2025

Die Generation Z zeigt sich zunehmend unbeeindruckt von traditionellen Karrierewegen und Führungspositionen im mittleren Management. Eine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
25.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoindustrie unter Druck: Zollkrieg sorgt für höhere Preise und verschärften Wettbewerb
25.04.2025

Der Zollkrieg zwischen den USA und Europa könnte die Auto-Preise in den USA steigen lassen und den Wettbewerb in Europa verschärfen....

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen der Deutschen auf Rekordhoch – aber die Ungleichheit wächst mit
25.04.2025

Private Haushalte in Deutschland verfügen so viel Geld wie nie zuvor – doch profitieren längst nicht alle gleichermaßen vom...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wirtschaftsmodell zerbricht, Polen rückt vor
25.04.2025

Deutschlands Wirtschaftsmaschinerie galt jahrzehntelang als unaufhaltsam. Doch wie Dr. Krzysztof Mazur im Gespräch mit Polityka...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China im Handelskrieg: Regierung bereitet sich auf das Schlimmste vor
25.04.2025

Chinas Führung bereitet sich inmitten des eskalierenden Handelskonflikts mit den USA auf mögliche Härtefälle vor. In einer Sitzung des...