Finanzen

Steuerflucht: In der EU ein Skandal, für die USA ein lukratives Geschäft

Lesezeit: 2 min
09.06.2016 00:39
Während die EU angesichts der Panama Papers massive Untersuchungen gegen Steuerflüchtlingen durchführen will, bieten die USA den Reichen in Europa an, ihre Gelder in US-Offshorezentren zu transferieren. Aus Europa kommt es dadurch zum Kapitalabfluss.
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Im Zusammenhang mit den Panama Papers hat das EU-Parlament grünes Licht für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu dem Finanzskandal gegeben. Das Plenum billigte am Mittwoch mit großer Mehrheit eine Vorlage, auf die sich die Fraktionschefs zuvor geeinigt hatten. Demnach soll der Ausschuss prüfen, ob die Europäische Kommission oder Mitgliedstaaten gegen geltendes EU-Recht verstoßen haben, indem sie nicht wirksam gegen Steuerflucht, Steuervermeidung und Geldwäsche vorgegangen sind. Die Untersuchung soll laut Mandat auf der Arbeit des bereits vor 18 Monaten eingerichteten Luxleaks-Sonderausschusses aufbauen, der umstrittene Steuerbegünstigungen für multinationale Unternehmen in Luxemburg und anderen EU-Staaten unter die Lupe nimmt. Dieser Sonderausschuss will seinen Abschlussbericht im Juli vorlegen. Anschließend soll der Panama-Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufnehmen. Dessen 65 Mitglieder sollen vor der Sommerpause ernannt werden. Der Ausschuss bekam den Auftrag, innerhalb von zwölf Monaten seinen Abschlussbericht vorzulegen.

Die Enthüllungen der Panama Papers seien ein Beleg für eine „Parallelwelt mit unglaublichen Abgründen“, sagte der SPD-Abgeordnete und Finanzexperte Peter Simon, der bereits Mitglied im Luxleaks-Ausschuss ist. Der neue Ausschuss werde „in alle Richtungen ermitteln, um den Sumpf aus Geldwäsche, Steuerflucht und Steuervermeidung trockenzulegen“. Die Sozialdemokraten würden dabei auch die Rolle mancher Banken, Vermögensverwalter, Steuerberater, Stiftungen sowie sonstiger Finanzberater unter die Lupe nehmen.

Die USA verfolgen eine andere Strategie. Sie bieten ihre eigenen Offshore-Zentren an, um Kunden aus aller Welt anzuziehen. Seit der Veröffentlichung der Panama Papers gibt es ein großes internationales Interesse an den Offshore-Plätzen in den USA, da diese nicht in den Panama Papers vorkamen und als sehr sicher gelten. Die USA ziehen derzeit große Mengen an Kapital an. Eine wichtige Rolle bei der Abwicklung der Kapitalströme in die US-amerikanischen Offshore-Zentren spielt die Treuhandgesellschaft der Rothschild-Familie Trust Rothschild Trust North America, die ihren Hauptsitz mittlerweile im Offshore-Zentrum Reno in Nevada hat. „Die Kunden sind oftmals internationale Familien mit Nachwuchs in den USA“, zitiert Bloomberg Scott Cripps von der Rothschild-Treuhandgesellschaft.

In Frankreich will die traditionsreiche Investmentbank Rothschild einen heimischen Konkurrenten übernehmen, berichtet Bloomberg. Durch die Verbindung mit Compagnie Financiere Martin Maurel soll eine Privatbank entstehen, die Vermögen in Höhe von etwa 34 Milliarden Euro verwaltet. Beide Geldhäuser kündigten am Montag die Übernahme von Martin Maurel durch Rothschild an. Im Zuge der Transaktion werde Martin Maurel mit 240 Millionen Euro bewertet. Um den Zukauf zu finanzieren, werde Rothschild auf die eigenen Barreserven zurückgreifen, neue Aktien ausgeben und Kredite aufnehmen.

Martin Maurel ist dafür bekannt, Vermögenswerte aus Afrika zu verwalten. Das Unternehmen ist eines der Gründungsmitglieder des Club des Entrepreneurs Monégasques en Afrique (CEMA). Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von Unternehmern und Unternehmen, die ihre Haupt- oder Zweigstellen in Monaco haben und in Afrika operieren. Zuvor hatte die Financial Times berichtet, dass Lord Rotschild über seine Vermögensverwaltungsgesellschaft RIT Capital Partners den schottischen Vermögensverwalter Alliance Trust übernehmen will. Alliance Trust hat einen Marktwert von 3,4 Milliarden Euro und RIT hat einen Marktwert von umgerechnet 3,2 Milliarden Euro.

Es ist davon auszugehen, dass ein Teil der neuen Kunden der Rothschilds ihre Vermögen in die sicheren Offshore-Plätze in den USA transferieren werden.


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