Nach dem Brexit-Votum hat die französische Regierung konkrete Schritte angekündigt, um den Finanzplatz Paris gegenüber London attraktiver zu machen. Premierminister Manuel Valls sagte am Mittwoch in Paris, unter anderem solle es steuerliche Anreize für Arbeitnehmer geben, die aus dem Ausland entsandt werden, wie AFP berichtet. Diese sollen künftig acht Jahre lang von Erleichterungen profitieren statt bisher fünf Jahre.
Zudem bestätigte Valls, dass die Körperschaftsteuer schrittweise von derzeit 33 Prozent auf 28 Prozent gesenkt werden soll. Damit kontert er Pläne des britischen Finanzministers Osborne, der die Unternehmenssteuer auf weniger als 15 Prozent senken möchte, um Firmen im Land zu halten. Außerdem will es die Regierung Firmen durch weniger Bürokratie leichter machen, sich in Frankreich anzusiedeln.
Präsident François Hollande hatte bereits vor rund einer Woche neue Regeln angekündigt, da Großbritannien nach einem EU-Austritt aus seiner Sicht als Drittstaat zu behandeln sei und die dort ansässigen Banken nicht mehr automatisch frei in der Eurozone operieren könnten.
Valls betonte, das Ja der Briten für einen EU-Austritt habe eine „Schockwelle“ durch Europa gesandt. Die Regierung hoffe nun auf positive Effekte für Paris. Die Londoner City ist Europas wichtigster Finanzplatz. Spekuliert wird, dass nach dem Brexit-Votum zahlreiche Banken und andere Unternehmen abwandern. Die wichtigsten Konkurrenten für Paris sind Frankfurt am Main, Dublin und Luxemburg.
Tatsächlich ist die Abwanderung alles andere als sicher: Der britische Schatzkanzler hat Steuersenkungen für internationale Konzerne angekündigt. Die Banken genießen in der City von London heute schon zahlreiche Privilegien.
Die Bundesregierung will laut "Spiegel" nicht für Frankfurt am Main als möglichen neuen Standort für die Europäische Bankenaufsicht (EBA) werben. Der Umzug der Behörde, die wegen des Brexit-Votums wohl London verlassen muss, nach Deutschland habe keine Chancen.. In Frankfurt sitzt bereits die für die Versicherungssparte zuständige Finanzaufsicht.
Nach europäischen Gepflogenheiten könnten keine Orte zum Zuge kommen, die bereits bedacht wurden, schrieb der "Spiegel". Auch Italien, das Ansprüche angemeldet hatte, dürfe sich keine Hoffnung machen, da ein Italiener Chef der Bankenaufsicht ist, heiße es im Finanzministerium. In Berlin wird dem Bericht zufolge damit gerechnet, dass sich Spanien um die Bankenaufsicht bewerben wird - obwohl eine Nähe zur Europäischen Zentralbank in Frankfurt sinnvoller wäre.