Der Handel mit Kunstwerken brach in den USA bisher alle Rekorde. Aberwitzige Preise beflügelten die Phantasie von Kunsthändlern und Spekulanten. Die Gewinne legten im oberen Bereich des Marktes kontinuierlich zu. Doch nach diesen Höhenflügen findet nun eine Marktbereinigung statt. „Der Kunstmarkt in den USA boomt!“ – hieß es noch im Jahr 2015. Rekorderlöse waren an der Tagesordnung. Weltweit waren sie im ersten Halbjahr zwar gesunken, doch in den USA legten die Erlöse bei Auktionen vor allem im oberen Preissegment zu.
Pablo Picassos berühmtes Gemälde „Les femmes d'Alger“ wurde vom weltbekannten Auktionshaus Christie's für 180 Millionen US-Dollar versteigert. Und Giacomettis Zwei-Meter-Bronze „L'homme au doigt“ ging mit 141,3 Millionen US-Dollar als teuerste Skulptur in die Auktions-Geschichte ein.
Im Jahr 2014 wurde international Kunst im Wert von 15,2 Milliarden US-Dollar (13,5 Milliarden Euro) verkauft – mehr als je zuvor.
Doch mit Rekorderlösen am Kunstmarkt in den USA ist es vorbei. Die Preise im oberen Segment – gerade bei Newcomern, dennoch durchaus bekannten Künstlern – brechen ein.
Kunsthändler und Sammler Niels Kantor beispielsweise bezahlte vor zwei Jahren für eine abstrakte Leinwand von Hugh Scott-Douglas 100.000 US-Dollar. Dabei war er davon ausgegangen, es rasch mit einem ordentlichen Gewinn weiterverkaufen zu können. Stattdessen wird er das Werk des 28-jahre alten Künstlers nun mit einem Abschlag von 80 Prozent an den Markt zurückgeben, wie Bloomberg berichtet.
„Lieber nehme ich einen Verlust in Kauf“, sagte Kantor, der die Scott-Douglas-Arbeit bei der Phillips-Auktion in New York am 20. September anbieten wird. „Es fühlt sich an wie bei einer Aktie, die auf Null abstürzt“.
Preise für Werke von jungen Künstlern wie Scott-Douglas und Lucien Smith stiegen am Auktionsmarkt 2014 im Wert manchmal auf Hunderttausende von Dollar, da sie wie Hausse Tech-Aktien gehandelt wurden. Doch seit die Preise bei Kunst-Auktionen Ende 2015 zusammenbrachen, waren die Newcomer in der Szene besonders hart vom Preisverfall betroffen. Einige Künstler bzw. Spekulanten hat es mit einem Preisrückgang von bis zu 90 Prozent und mehr erwischt. Wegen der Flut neuer Arbeiten und den aberwitzigen Preisen holten sich Käufer regelrecht blutige Nasen und griffen nicht mehr zu. Denn die Spekulanten kaufen Kunst in der Regel nicht, um sie in ihren Geschäftsräumen als Prestige-Objekte auszuhängen, sondern um sie mit Gewinn weiterzuverkaufen.
„Die Nachfrage ist gesteuert von Gier, der Ausverkauf ist von Angst getrieben. Es nennt sich Wirtschaft 101“, sagt Todd Levin, Sammlerberater bei der Levin Art Group.
Noch im Jahr 2014 wurden 1.679 Werke für jeweils mehr als eine Million US-Dollar versteigert – laut „Artprice“ ein Rekord. 125 Werke fanden für zehn Millionen Dollar oder mehr einen Käufer.
Unter den rekordverdächtigen Versteigerungen fanden sich jedoch auch Werke weltbekannter Künstler wie Andy Warhol, dessen Kunst für insgesamt 569 Millionen Dollar versteigert wurde. Dahinter folgen Pablo Picassos Arbeiten, die laut Artprice bei Auktionen 375 Millionen Dollar einbrachten. Ihm folgt der Brite Francis Bacon, dessen Kunst Erlöse von 270 Millionen Dollar erzielten, sowie Werke des deutschen Maler Gerhard Richter mit Auktionserlösen von 254 Millionen Euro.
Der heutige Markt ist laut Bloomberg allerdings weit entfernt von der Situation vor ein paar Jahren, als junge Künstler am laufenden Band sogenannte prozessbasierte, abstrakte Werke mit übergroßen Renditechancen vorlegten. Diese Werke entstanden oft von Künstlern in ihren jungen 20er Jahren. Von Lucien Smith etwa ist bekannt, dass er eine Spray-Kunst anfertigte, die im Auktionshaus Phillips im Jahr 2013 für 389.000 US-Dollar versteigert wurde – zwei Jahre nachdem sie für 10.000 US-Dollar gekauft worden war.
In dieser Woche könnten nach Schätzungen die Preise für Lucien Smith-Werke bei der Auktion auf 7.000 US-Dollar zurückgehen. Ein Stück aus einer Dreier-Serie, das er durch Besprühen mit Farbe aus einem Feuerlöscher produzierte, wird auf einen Wert zwischen 12.000 und 18.000 Dollar geschätzt. Um den Preisverfall bzw. den absurden Run auf Gewinnchancen solcherart Kunst zu illustrieren: Ein größeres Sprayer-Werk wurde vor zwei Jahren noch für 372.120 US-Dollar versteigert.