Politik

Ischinger: Wenn Frankreich in Mali verliert, muss Deutschland Soldaten schicken

Lesezeit: 2 min
02.02.2013 01:47
Wolfgang Ischinger von der Münchner Sicherheitskonferenz hält es für denkbar, dass Frankreich in Mali überfordert sein könnte. Dann müsse Deutschland Soldaten nach Afrika schicken, um die Franzosen rauszuhauen.
Ischinger: Wenn Frankreich in Mali verliert, muss Deutschland Soldaten schicken

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Am diesem Freitag startete in München die 49. Münchner Sicherheitskonferenz. 3.400 Politisten sind im Einsatz, unter den bis zu 5.000 Demonstranten werden auch gewaltbereite Gruppen erwartet. Angesichts des jüngsten Selbstmordanschlags in Ankara vor der US-Botschaft (hier) ist die Stimmung angespannt. Themen der Sicherheitskonferenz werden vor allem Mali und Syrien sein.

Bereits im Vorfeld der Sicherheitskonferenz äußerte sich der Vorsitzende Wolfgang Ischinger zur Lage in Mali und Deutschlands Rolle in den globalen Konfliktherden. „Frankreich könnte in einigen Monaten in Mali massiv überfordert sein. Dann müssten die EU oder die Nato die französischen Truppen unterstützen“, warnte Ischinger in einem Interview mit der FAZ. Der Einsatz Frankreichs in Mali droht zu einem zweiten Afghanistan zu werden (hier).

Zwar brauche Deutschland sich grundsätzlich für seinen Beitrag in Mali nicht zu verstecken, aber „die Erwartungen an uns sind gestiegen“. Deutschland werde weltweit als europäische Führungsmacht wahrgenommen. „Wir können nicht einerseits das künftige Wirtschafts- und Finanzschicksal Europas maßgeblich bestimmen wollen und andererseits bei sicherheitspolitischen Entscheidungen in der zweiten Reihe stehen“, ergänzte er.

Vor allem kritisiert Ischinger, dass Deutschland im Falle Malis Handlungsoptionen und militärische Optionen kategorisch verworfen hatte, bevor diese hundertprozentig auszuschließen waren. Dies hätte den Gegnern in Mali in die Hände gespielt, man hätte diese jedoch lieber im Unklaren lassen sollen.

Die Äußerungen Ischingers, dass Europa und vor allem Deutschland seiner Rolle als Führungsmacht auch sicherheitspolitisch nachkommen müssen, sind keine Ausnahme. Sobald sich in den vergangenen Jahren ein Krisenherd aufgetan hatte, rückte Deutschland in den Fokus. Sei es die Enthaltung Deutschlands bei der Libyen-Resolution, die sogleich als Isolation kritisiert wurde oder auch hinsichtlich der Rolle Deutschlands im Syrien-Konflikt, wo deutsche Soldaten und Patriot-Raketen an der syrisch-türkischen Grenze im Januar stationiert wurden. Bezüglich Mali wird nun ebenfalls diskutiert, ob Deutschland nicht stärker eingreifen sollte. Schließlich könne man keine Terroristen vor „der eigenen Haustür“ dulden, so Außenminister Westerwelle jüngst (hier).

Es scheint als sei Deutschland per se dazu verpflichtet, sich an jedem aufflammenden Konflikt zu beteiligen. Die deutsche Bevölkerung sieht dies jedoch äußerst skeptisch. So wollte beispielsweise die Mehrheit der Deutschen keinen Türkei-Einsatz der Bundeswehr (hier). Und die Sinnhaftigkeit dieser Einsätze scheint auch den deutschen Soldaten immer weniger klar zu sein. Erst kürzlich bemängelte der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière, dass die deutschen Soldaten lieber in Deutschland bleiben würden, als sich an einem Auslandseinsatz zu beteiligen (hier).

Zu Beginn der Sicherheitskonferenz betonte der Verteidigungsminister dann auch, Deutschland „steht mit einem alles in allem stabilen Verteidigungshaushalt im internationalen Vergleich in unserer Liga übrigens ganz gut da". „Die Art und Weise, wie wir mit dieser Situation umgehen, wird die Zukunft der NATO und auch die Zukunft der EU maßgeblich prägen“, ergänzte er.

Die Entscheidungen über künftige Einsätze deutscher Streitkräfte und Eingriffe der NATO bzw. der UNO in Konflikte sind vor allem auch für die Rüstungsindustrie nicht ohne Bedeutung. In den USA ist die Rüstungsindustrie quasi der einzige Wirtschaftszweig, der noch ein tatsächliches Wachstum aufweisen kann, und in Europa soll dies auch so sein, wenn es noch dem NATO-Generalsekretär Rasmussen geht. Dieser hatte am Donnerstag die europäischen Staaten davor gewarnt, weiter ihre Verteidigungsausgaben zu reduzieren. Dies würde die Glaubwürdigkeit der NATO infrage stellen und der europäischen Rüstungsindustrie schaden (mehr hier).

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