Unternehmen

EU lotst spanische Pfleger nach Deutschland, wo sie ausgebeutet werden

Spanische Krankenpfleger beklagen sich über die Ausbeutung in den ambulanten Pflegediensten. Die Fachkräfte werden mit EU-Programmen nach Deutschland gelockt und anschließend mit Knebelverträgen von den Tariflöhnen ferngehalten. Jetzt soll Verdi für gleiches Gehalt kämpfen.
11.06.2014 01:08
Lesezeit: 1 min

Spanische Krankenpfleger werfen ihren Arbeitgebern in Deutschland Ausbeutung vor. Eine erste Gruppe hat sich jetzt gewerkschaftlich organisiert um den gleichen Lohn wie ihre deutschen Kollegen zu erstreiten.

Die Fachkräfte nahmen an einem EU-Programm teil, das sie in Spanien für deutsche Pflegedienste wie etwa die Gesellschaft für Intensivpflege (GIP) angeworben hatte. In Deutschland angekommen, mussten sie zunächst Schulden für einen verpflichtenden Sprachkurs machen, um diese dann jahrelang abzuarbeiten. Während dieser Zeit durften die Pfleger nicht kündigen, ansonsten drohten ihnen Vertragsstrafen bis zu 6000 Euro, berichtet El Diario.

Die spanischen Fachkräfte mit dreijähriger Universitätsausbildung erhielten bei GIP einen Stundenlohn von 9,50 Euro, das liegt drei Euro unter Tarifeinstiegsgehalt und bis zu fünf Euro unter dem, was ihre deutschen Kollegen verdienen. Dafür sollten sie 12 Stunden pro Tag an sieben Tagen die Woche arbeiten. Wer kündigen wollte, dem drohten laut Vertrag bis zu 6000 Euro Schulden. Soviel kosteten laut Arbeitgeber die ersten drei Monate Freistellung für den verpflichtenden Deutschkurs. Der Kurs selbst wurde größtenteils von EU-Fördergeldern aus dem Europäischen Sozialfond bezahlt.

„Diese Förderung ist absolut beliebig, es gelten keinerlei Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen, selbst Firmen ohne Tarifverträge oder Betriebsräte bekommen Gelder aus dem Europäischen Sozialfond“, kritisiert Kalle Kunkel von der Gewerkschaft Verdi, der die spanischen Pflegekräfte im Arbeitskampf unterstützt.

Kunkel zufolge schlagen einige deutsche Firmen aus der Not des am Boden liegenden Gesundheitssystems in Spanien und anderen Krisenländern Profit.

Keine deutsche Pflegefachkraft würde für 9,50 irgendwo anfangen, ausgebildete Fachkräfte sind hier derzeit so begehrt, dass sogar Kopfprämien gezahlt werden.“

Die spanischen Pflegekräfte merken davon wenig, obwohl ihre Ausbildung offiziell als gleichwertig anerkannt wird. Anders als in Deutschland absolvieren Krankenpfleger in Spanien ein dreijähriges Universitätsstudium. Der spanische Krankenpfegeverband hatte daher bereits im Dezember heftig kritisiert, dass die in Spanien dringend benötigten Fachkräfte als Billig-Löhner zum Hintern abwischen“ nach Deutschland exportiert werden (mehr hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Zinssenkung: Drückt Fed-Chef Powell den Notrufknopf?
21.04.2025

Das Risiko, dass im Finanzsystem etwas ausbrennt, wächst zunehmend. Sollte dies eintreten, könnte die US-Notenbank gezwungen sein, eine...

DWN
Panorama
Panorama Vererbter Reichtum: Der jüngste Milliardär der Welt ist ein 19-jähriger Deutscher
21.04.2025

In der Regel dauert es viele Jahre, oft Jahrzehnte, bis Menschen ein Milliardenvermögen aufbauen – meist durch harte Arbeit,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Personalbeschaffung: So erkennen Sie Lügen im Vorstellungsgespräch
21.04.2025

Fast jeder vierte Bewerber schummelt im Lebenslauf oder beim Vorstellungsgespräch – die Dunkelziffer könnte noch höher sein....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU investiert Milliarden in eigene KI-Gigafabriken: Brüssel will Abhängigkeit von US-Datenmonopolen beenden
21.04.2025

Die Europäische Kommission plant eine industriepolitische Offensive von historischer Dimension: Mit bis zu 20 Milliarden Euro sollen...

DWN
Politik
Politik Tech-Milliardäre planen libertäre Parallelstadt – und haben Grönland im Visier
21.04.2025

US-Tech-Milliardäre planen eine eigene Stadt – mit Grönland als möglichem Standort. Hinter dem Projekt stehen Namen wie Peter Thiel...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lohntransparenz: geheimes Gehalt - das letzte große Tabu?
21.04.2025

Ein dänischer Berater teilt sein Gehalt auf LinkedIn – und löst eine Welle an Reaktionen aus. Warum bleibt das Thema Gehalt in Europa...

DWN
Panorama
Panorama Die bestbezahlten Bank-CEOs in Europa: Auf der Liste steht ein Deutscher
21.04.2025

Im Jahr 2024 war Sergio Ermotti, CEO von UBS, der bestbezahlte Bank-CEO Europas mit einem Gesamteinkommen von 15,6 Millionen Euro. Auf der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ukraine-Krieg: Frieden zwischen Ukraine und Russland kann neue Aktienrallye in Europa auslösen
20.04.2025

Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas leidet in besonderem Maße unter den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs. Hohe...