Unternehmen

Draghi bricht Recht: Deutsche Professoren klagen gegen Banken-Union

Lesezeit: 2 min
27.07.2014 16:19
Eine Gruppe deutscher Professoren zieht vor das Bundesverfassungsgericht. Grund: Die Bankenunion habe keine Rechtsgrundlage in den europäischen Verträgen und stelle somit einen Grundrechtsverstoß dar. Ziel der Bankenunion sei, den bisher nur für Krisenstaaten gedachten ESM zur Sanierung von Pleite-Banken zu nutzen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Für die Kläger aus der „Europolis-Gruppe“ um den Berliner Finanzwissenschaftler Prof. Markus Kerber stellt die Bankenunion den ersten Schritt zu einer bisher nicht dagewesenen Haftung des deutschen Steuerzahlers für Banken außerhalb der nationalen Bankenaufsicht dar. Die gemeinsame Bankenaufsicht sei der „vorläufige Höhepunkt des Selbstermächtigungsregimes in Brüssel“.

Kerbers Kritik richtet sich gegen die Verletzung der europäischen Verträge. „Die Bankenunion hat keine Rechtsgrundlage in den europäischen Verträgen und stellt somit einen Grundrechtsverstoß dar“, sagte Kerber, Professor für öffentliche Finanzwirtschaft und Wirtschaftspolitik und Initiator der Verfassungsbeschwerde, am Sonntag der Welt.

Ein Gerichtssprecher konnte den Eingang der Klage zunächst nicht bestätigen.

Die Regeln zur gemeinsamen Bankenaufsicht „entbehren jeglicher Ermächtigungsgrundlage“, erläuterte Kerber. Auch sei die gemeinsame Bankenaufsicht der „vorläufige Höhepunkt des Selbstermächtigungsregimes in Brüssel“. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) täusche die Öffentlichkeit über die Risiken der Bankenunion und der Bundestag schlafe tief und fest, kritisiert Kerber.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich auch gegen die SSM-Regelungen (Single Supervisory Mechanism – Einheitlicher Bankenaufsichtsmechanismus). Die EZB wird Anfang November die Aufsicht über etwa 120 große Institute in der Eurozone übernehmen. Darüber hinaus erhält sie aber die Ermächtigung, die Aufsicht auch über jede andere Bank im Euroraum zu übernehmen, falls sie es für entscheidend hält. Dies sei von den EU-Verträgen nicht gedeckt, erklärte Kerber.

Das Ziel der Bankenunion sei vor allem, den bisher nur für wackelige Krisenstaaten gedachten ESM zur Sanierung maroder Banken zu nutzen. Daher müssten deutsche Steuerzahler bald für ausländische Pleitebanken haften.

Leitlinien sehen vor, dass die direkte Bankenkapitalisierung aus dem ESM auf maximal 60 Milliarden Euro begrenzt wird. Jedoch ist seit langem in der Diskussion, dem ESM eine Tochtergesellschaft zuzuordnen, die ihrerseits auf dem Markt Kredite aufnehmen kann (mehr dazu hier).

Ende letzten Jahres wurde bekannt, dass die Euro-Finanzminister erwägen, dass die ESM-Tochter auch für Banken außerhalb der Euro-Zone zuständig sein könnte. Ziel sei es, Nicht-Euro-Staaten in die europäische Bankenunion einzubeziehen. Dazu müsste jedoch der ESM-Vertrag geändert werden. Dies stieß bisher vor allem in Deutschland auf Widerstand.

Bulgarien will als erstes Nicht-Euro-Land der Bankenunion beitreten. Die Ankündigung erfolgte wenige Tage nach dem Bank-Run auf das viertgrößte Geldhaus des Landes. Mit dem Zugriff auf die europäischen Sicherungssysteme soll die heimische Banken-Krise entspannt werden (mehr dazu hier.

Das Bundesverfassungsgericht hatte sich zuletzt im Februar mit dem angekündigten umstrittenen OMT-Programm der EZB befasst, wonach die Zentralbank Staatsanleihen nicht nur der Krisenländer, sondern aus allen Euro-Staaten aufkaufen kann (mehr dazu hier).

Dabei beurteilen die Richter mit einer Mehrheit von 6:2 das EZB-Anleihekaufprogramm als gesetzeswidrig. Dennoch hatte das höchste deutsche Gericht entschieden, dem Europäischen Gerichtshof das Verfahren zum endgültigen Schiedsspruch an den Europäischen Gerichtshof zu übergeben.

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kampf gegen Monopole: Europas Schlüsselrolle im Kampf gegen Big Tech und für den Klimaschutz
21.12.2024

Teresa Ribera steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Die sozialistische Vizepremierministerin Spaniens wurde im September von der...

DWN
Finanzen
Finanzen Nach Trumps missglücktem Finanztrick: Stillstand der US-Regierung doch noch abgewendet
21.12.2024

Der US-Kongress hat einen drohenden Stillstand der Regierungsgeschäfte im letzten Moment abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus...