Der Streit um Reparationsforderungen Athens an Berlin geht in die nächste Runde: Der griechische Justizminister Nikos Paraskevopoulos erklärte sich am Mittwoch bereit, die Pfändung deutscher Immobilien in Griechenland zu erlauben, sollte es zwischen Athen und Berlin zu keiner Einigung über die griechischen Reparationsforderungen aus dem Zweiten Weltkrieg kommen. „Ich beabsichtige die Erlaubnis zu geben“, sagte er im griechischen Fernsehen. Die endgültige Entscheidung werde jedoch die Regierung unter Premier Alexis Tsipras treffen, hieß es.
Der höchste Griechische Gerichtshof (Areopag) hatte im Jahre 2000 nach einer Klage der Hinterbliebenen eines Massakers der Wehrmacht im mittelgriechischen Distomo im Jahr 1944 mit 218 Opfern beschlossen, deutsches Eigentum in Griechenland dürfe beschlagnahmt und gepfändet werden, um die Kläger zu entschädigen. Zuvor hatte ein Landgericht in der Provinzstadt Livadeia den Hinterbliebenen der Opfer 28 Millionen Euro Entschädigungen zugesprochen.
Tsipars sagte am Dienstag, ein Parlamentsausschuss solle sich mit dem Thema befassen. „Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden die rechtlichen und politischen Bedingungen geschaffen, um diese Frage zu klären“, sagte Tsipras. „Aber seitdem haben deutsche Regierungen mit Schweigen, juristischen Tricks und Verzögerung reagiert“, kritisierte er in einer Parlamentsdebatte in Athen. „Und ich frage mich, weil auf europäischer Ebene in diesem Tagen viel über moralische Fragen gesprochen wird: Ist diese Haltung moralisch?“ Die Regierung hat ihre Forderungen bislang nicht konkret beziffert.
In diesem Zusammenhang ließ Tsipras eine religiöse Komponente einfließen und zitierte die Bergpredigt mit den Worten: „Wenn ich die vielen provokativen Worte aus dem Ausland höre, erinnert mich das oft an Jesus Worte über jene, welche den Splitter im Auge ihres Bruders sehen, aber nicht den Balken in ihrem eigenen.“
Außenminister Nikos Kotzias hatte die Schadensersatz-Ansprüche vor einem Monat in Berlin erneuert. Sein deutscher Kollege Frank-Walter Steinmeier wies die Forderung daraufhin zurück. Alle Reparationsfragen seien rechtlich abgeschlossen, sagte er damals. Athen hatte in den vergangenen Monaten den griechischen Anspruch auf Reparationen immer wieder angesprochen (Video am Anfang des Artikels).