Technologie

IWF: Ukraine erhält 17,5 Milliarden Dollar aus Steuergeldern

Die Ukraine soll insgesamt Kredite von 40 Milliarden Dollar aus internationalen Steuergeldern erhalten. Zu diesem Zweck werden «Reformen» vor allem dergestalt verlangt, dass das Sozialsystem abgebaut und Privatisierungen durchgeführt werden. Die Regierung in Kiew zeigt sich hocherfreut über die «Hilfen». Die aus den USA stammende Finanzministerin will von dem Geld Waffen kaufen. Die europäischen Banken sind erleichtert, weil Kiew vorerst weiter seinem Schuldendienst nachkommen kann.
11.03.2015 20:59
Lesezeit: 2 min

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat sein neues Kredit-Paket von 17,5 Milliarden Dollar für die Ukraine beschlossen. Das gab IWF-Chefin Christine Lagarde am Mittwoch in Berlin bekannt. Das vom IWF-Direktorium bewilligte Vier-Jahres-Programm werde dabei helfen, die wirtschaftliche Lage in der Ukraine umgehend zu stabilisieren. Zugleich würden in der Ukraine weitreichende Reformen zur Wiederherstellung eines robusten Wachstums und zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung auf den Weg gebracht.

«Die Ukraine hat alle Bedingungen erfüllt dafür, dass dieses Programm starten kann», sagte Lagarde in Berlin nach einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie den Spitzen anderer Welt-Finanz- und Wirtschaftsorganisationen. Geplant sei, zehn Milliarden Dollar im ersten Jahr auszuzahlen.

Insgesamt strebt die internationale Staatengemeinschaft an, der Ukraine rund 40 Milliarden Dollar an Krediten zu gewähren. Konkret hat der IWF seine bisher eher für kurzfristige Zahlungsprobleme ausgelegten Hilfen (Stand-By-Arrangement) umgewandelt in ein langfristiger angelegtes Programm (Extended Fund Facility).

Die Ukraine ist faktisch pleite und kann nach Aussage von Premier Arseni Jazenjuk nur mit den Krediten des IWF überleben. Jazenjuk beziffert die Höhe der ersten Tranche aus dem neuen Kreditprogramm des Internationalen Währungsfonds (IWF) auf fünf Milliarden US-Dollar. «Uns ist es gelungen zu zeigen, dass wir Reformen durchführen», sagte er am Mittwochabend örtlichen Medien zufolge in Kiew - und hielt demonstrativ fünf Finger in die Luft.

Die EU hatte kürzlich 1,8 Milliarden Euro für die Ukraine bewilligt. Bilateral hat Deutschland der Ukraine einen zusätzlichen Kreditrahmen von 500 Millionen Euro zur wirtschaftlichen Stabilisierung eingeräumt. Außerdem geht der IWF nach Angaben mehrerer Insider davon aus, dass auch die Gläubiger der Ukraine zur Kasse gebeten werden, berichtet Reuters. Sie sollen einen Betrag von 15,4 Milliarden Euro beisteuern - was beispielsweise über einen Forderungsverzicht laufen könnte. Dies könnte Russland ebenso betreffen wie den Investor George Soros, die beide ukrainische Staatsanleihen halten. 

Die Ukraine erhalte so mehr Mittel, mehr Zeit, mehr Flexibilität und bessere Finanzierungsbedingungen, sagte Lagarde. Sie verwies darauf, dass weitere Finanzmittel hinzukommen sollen. Zudem habe die ukrainische Regierung Gespräche mit Geldgebern aufgenommen, um die Staatsschulden mittelfristig auf ein tragfähiges Niveau zu senken.

Um die Auswirkungen der Reformen insbesondere für den ärmsten Teil der Bevölkerung abzufedern, sollen das soziale Netz gestärkt und die Maßnahmen zielgenauer umgesetzt werden, behauptet der IWF. Doch das Gegenteil ist richtig: Die Regierung hat vor allem Gesetze auf den Weg gebracht, durch die sich die Situation von Rentnern, Kranken und Kindern signifikant verschlechtern wird. «Das Programm ist ehrgeizig und beinhaltet Risiken», betonte Lagarde. Dies gelte insbesondere angesichts des Konflikts im Osten. Es sei ermutigend, dass die in Minsk vereinbarte Waffenruhe weitgehend zu halten scheine.

Neben den IWF-Krediten enthält das neue Ukraine-Kredit-Programm auch Geld der führenden westlichen Industriestaaten (G7), der EU sowie anderer Institutionen. Deutschland steuert bisher einen zusätzlichen Kreditrahmen von 500 Millionen Euro zum Wiederaufbau des Landes bei. Dabei handelt es sich um Bürgschaften zur Projekt-Förderung.

Die Bundesregierung hatte zuvor betont, das «Hilfspaket» sei an «Reformen» geknüpft. «Diese finanzielle Unterstützung von IWF und Europäischer Union, die kann nur unter der Maßgabe geleistet werden, dass die Ukraine die dringend notwendigen Reformen auch beschließt und umsetzt», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

US-Staatssekretärin Victoria Nuland hatte am Mittwoch im US-Kongress die Reformen in der Ukraine gelobt und dabei vor allem die Kürzung der Renten und andere Einschnitte im Sozialsystem sowie die Privatisierung im Bereich der Landwirtschaft gelobt. Internationale Saatgutkonzerne wie Monsanto profitieren von den Krediten der Steuerzahler, weil sie den einheimischen Bauern so günstig Ackerland abkaufen können.

Erst kürzlich haben Oligarchen eine Agentur zum Wiederaufbau der Ukraine gegründet. Sie werden von ehemaligen EU-Kommissaren und SPD-Politikern wie Peer Steinbrück unterstützt. Es ist anzunehmen, dass die Politiker aus dem Westen den Oligarchen helfen sollen, von den Steuergeldern zu profitieren.

Kontrolliert werden die Steuergelder von der ehemaligen Mitarbeiterin des US-Außenministeriums, der Investmentbankerin Natalie Jaresko. Sie steht wegen dubioser Vorgänge bei der Verwendung von US-Steuergeldern in der Kritik. Jaresko hat angekündigt, mit den neuen Krediten neben dem Schuldendienst vor allem Waffen einkaufen zu wollen.

Die Besetzung des Schlüsselministeriums der Ukraine durch eine Amerikanerin bezeichnen Kritiker als Provokation. 

Die Banken in Europa sind in der Ukraine teilweise massiv investiert und profitieren daher von den nun bewilligten Krediten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...

DWN
Panorama
Panorama EU-Prüfer sehen Schwächen im Corona-Aufbaufonds
10.05.2025

Milliarden flossen aus dem Corona-Topf, um die Staaten der Europäischen Union beim Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu unterstützen....

DWN
Finanzen
Finanzen Estateguru-Desaster: Deutsche Anleger warten auf 77 Millionen Euro – Rückflüsse stocken, Vertrauen schwindet
10.05.2025

Immobilien-Crowdfunding in der Vertrauenskrise: Estateguru kann 77 Millionen Euro deutscher Anleger bislang nicht zurückführen – das...

DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...