Der Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper München, Kirill Petrenko, wird neuer Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. Die Musiker hätten den 43-Jährigen zum Nachfolger von Sir Simon Rattle (60) gewählt, gab das Orchester am Montag bekannt. Eine erste geheime Wahl war Anfang Mai ohne Ergebnis zu Ende gegangen.
Wann Petrenko in Berlin anfängt, werde noch Thema von Verhandlungen sein, sagte Orchestervorstand Peter Riegelbauer. Petrenkos Vertrag mit der Bayerischen Staatsoper läuft bis 2018. Rattle hatte angekündigt, dass er seinen Vertrag über das Jahr 2018 nicht verlängern werde. Der Brite ist seit 2002 in Berlin im Amt. 2017 tritt er als Chefdirigent des London Symphony Orchestra an und will dann ein Jahr lang zwischen Berlin und London pendeln.
Petrenko tritt in die Fußstapfen von Philharmoniker-Chefs wie Wilhelm Furtwängler, Herbert von Karajan und Claudio Abbado.
Petrenko sagte den Philharmonikern in einer ersten Reaktion:
»Man kann es gar nicht in Worte fassen, was in mir gefühlsmäßig vorgeht: Von Euphorie und großer Freude bis zu Ehrfurcht und Zweifel ist da alles drin. Ich werde meine ganze Kraft mobilisieren, diesem außergewöhnlichen Orchester ein würdiger Leiter zu sein, und bin mir auch der Verantwortung und der hohen Erwartungen bewusst. Vor allem erhoffe ich aber vom gemeinsamen Musizieren viele Momente des künstlerischen Glücks, die unsere harte Arbeit belohnen und unser Künstlerleben mit Sinn erfüllen sollen.«
Nikolaus Bachler, Intendant der Bayerischen Staatsoper, beglückwünschte Petrenko zur Berufung nach Berlin, fügte aber hinzu: «Gleichzeitig freue ich mich, dass Herr Petrenko und ich gemeinsam eine vom Bayerischen Kultusminister angebotene Vertragsverlängerung an der Bayerischen Staatsoper anstreben», erklärte Bachler.
Die 1882 gegründeten Berliner Philharmoniker ist eines der wenigen Orchester, die ihren Chefdirigenten selber wählt. Am 11. Mai hatten sich die 127 wahlberechtigten Musiker nach fast zwölf Stunden auf keinen Namen einigen können. Die Wahl wurde vertagt. Nun sei die Wahl in etwas mehr als drei Stunden am Sonntag über die Bühne gegangen, sagte Riegelbauer. Petrenko hat die Orchestermusiker von Anfang an für sich eingenommen, obwohl er es bisher nur drei Mal dirigiert hat. Darunter waren Bach, Bartok, Elgar, Skrjabin - mit Ausnahme von Beethoven war jedoch keiner der großen Klassiker darunter. Damit trifft das Orchester eine mutige Entscheidung: Simon Rattle, mit dem sich die Musiker zuletzt nicht mehr so gut verstanden haben wie zu Beginn seiner Ära, hat die zeitgenössische Musik zum fixen Bestandteil der philharmonischen Konzerte gemacht und das Berliner Publikum mit vielen jungen Komponisten, aber auch mit klassischen Zeitgenossen erfreut.
Als weitere Kandidaten waren immer wieder Christian Thielemann (Staatskapelle Dresden), Andris Nelsons (Boston Symphony Orchestra) und Gustavo Dudamel (Los Angeles Philharmonic) genannt worden.
Petrenko ist seit 2013 an der Bayerischen Staatsoper. Petrenko wurde im russischen Omsk geboren, 1990 zog er mit seiner Familie nach Vorarlberg in Österreich. Dort war sein Vater Geiger im Symphonieorchester. Von 2002 bis 2007 war er Generalmusikdirektor der Komischen Oper Berlin.
Der Russe hat die Berliner Philharmoniker bisher nur drei Mal als Gast dirigiert - erstmals 2006. Das Orchester sei damals sofort begeistert gewesen, sagte Vorstand Ulrich Knörzer. «Es war damals nicht die Frage, ob wir ihn wieder einladen, sondern nur wann», sagte Knörzer. Jetzt wolle das Orchester ihn ganz haben.