Politik

Zins-Wende ungewiss: Zentralbanker hoffen auf Rückkehr der Inflation

Die US-Notenbank will offenbar weiter testen, ob die Börsen eine Erhöhung der Leitzinsen ohne größere Verwerfungen wegstecken. Mehrere Zentralbanker sehen die Chnace, dass die Inflation zurückkehrt. Ganz sicher sind sie jedoch nicht, was in den kommenden Tagen passiert.
30.08.2015 23:22
Lesezeit: 2 min

Die US-Notenbank Fed hält sich die Tür für eine Zinserhöhung im September zwar weiter offen. Vizepräsident Stanley Fischer sagte am Samstag in Jackson Hole (Wyoming) laut einem von der Fed übermittelten Redemanuskript, es sei nicht unwahrscheinlich, dass sich die Auslöser der derzeit niedrigen Inflation langsam auflösten. Allerdings lässt sich aus den Worten Fischers nicht ablesen, ob die Fed ihren Plan, die Leitzinsen im September zu erhöhen, wirklich weiter verfolgt.

Fischer sagte nämlich, dass die Entscheidung auch von der Entwicklung an den Finanzmärkten abhängen werde. Diese hatten nach Einschätzung der chinesischen Zentralbank in Erwartung von höheren Zinsen in der vergangenen Woche eine veritablen Einbruch erlebt. Es ist gut möglich, dass Fischers Aussagen zu einem weiteren Test an den Börsen führen könnten. Traditionell reagieren die Börsen in der Woche nach einem signifikanten Absturz unberechenbar - es kann deutlich nach oben oder nach unten gehen.

Wichtige Geldpolitiker aus der ganzen Welt waren am Donnerstag zu ihrem jährlichen informellen Treffen in Jackson Hole zusammengekommen, das am Samstag endete.

Fischer sagte, es gebe gute Gründe für eine wieder - über zwei Prozent - steigende Inflation. So begännen sich zum Beispiel einige Effekte für einen starken Dollar und den Absturz des Ölpreises allmählich aufzulösen. Beides seien Schlüsselfaktoren für eine niedrige Inflation.

Politik und Märkte warten mit großer Spannung, ob die Fed bei ihrer nächsten Sitzung am 16. und 17. September eine Zinswende einleiten wird. Sie galt seit Monaten als praktisch ausgemacht, aber zuletzt äußerten sich führende Vertreter der Notenbank, Investoren und Analysten wieder zurückhaltender.

«Bei unseren geldpolitischen Entscheidungen interessieren wir uns mehr dafür, wohin die US-Wirtschaft geht als dafür, woher sie kommt», sagte Fischer. In diesem Zusammenhang dürfte die Fed mit einer gewissen Sorge nach Kanada blicken: Der wichtigste Handelspartner der USA steht vor einer technischen Rezession, wie Bloomberg meldet. Eine fundamentale Schwäche Kanadas wäre für die USA wesentlich unangenehmer als die Schwäche Chinas.

In Jackson Hole sprachen die Notenbanker auch über die Folgen des Einbruchs des chinesischen Aktienmarktes und die jüngsten, schweren Turbulenzen an den Finanzmärkten. Fischer sagte, die Fed beobachte die Geschehnisse in China andauernd.

«Wir müssen den Gesamtzustand der US-Wirtschaft genauso beachten wie den Einfluss anderer Volkswirtschaften auf die USA», sagte Fischer. Wie auch in einem Interview mit dem Sender CNBC am Freitag machte Fischer neuerlich klar, dass die jüngsten Wirtschaftsdaten und die Entwicklung der Finanzmärkte in den nächsten beiden Wochen entscheidend für die Entscheidung über die künftigen Zinsen sind.

In der Finanzkrise wurde Jackson Hole als Tagungsort der Notenbanker ein Begriff. Weil nun sowohl die Chefin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen, als auch der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, nicht teilnahmen, war das Treffen weniger brisant als in den Vorjahren. Fischers Rede war einer der Höhepunkte. Warum Yellen und Draghi dem Treffen ferngeblieben sind, ist unklar. Es ist gut denkbar, dass sich die Zentralbanker unsicher sind, welche Bedeutung ihre Aussagen in einem von ständigen Mutmaßungen und Spekulationen geprägten Umfeld haben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen BMW-Aktie: Grüner Move beim bayrischen Autobauer – neuer iX3 besteht zu einem Drittel aus Recycling
17.08.2025

Mit dem neuen iX3, dem ersten Elektroauto der neuen Klasse, verfolgt BMW erstmals einen ganzheitlichen Ansatz zur Reduzierung seines...

DWN
Politik
Politik Tarnung 4.0: Bundeswehr rüstet sich für urbane Einsätze
17.08.2025

Die Bundeswehr stellt ihre Kampfbekleidung auf Multitarn um. Ab 2026 soll der Multitarndruck das alte Flecktarnmuster ablösen. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenturbulenzen? So machen Sie Ihr Wertpapierdepot krisenfest
17.08.2025

Börsenkurse schwanken, politische Unsicherheiten nehmen zu – und das Depot gerät ins Wanken. Wie schützen Sie Ihr Vermögen, ohne...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitale Erschöpfung: Wie Technologien helfen können, die Überlastung durch Technologien zu lindern
17.08.2025

Müde, obwohl Sie ausgeschlafen sind? Reizbar, obwohl nichts passiert ist? Der Grund könnte digitale Erschöpfung sein – ein stiller...

DWN
Finanzen
Finanzen Gruppeneffekt an der Börse: Wenn Freunde das Portfolio steuern
17.08.2025

Unsere finanziellen Entscheidungen sind oft weniger durchdacht, als wir glauben. Menschen in unserem Umfeld können erheblichen Einfluss...

DWN
Panorama
Panorama Dienstleister für Visa und ETA: Zwischen Hilfe und Abzocke – was Sie wissen müssen
17.08.2025

Reisen wird komplizierter: In vielen Ländern reicht der Reisepass nicht mehr. Visa, ETA oder digitale Einreisekarten sind nötig....

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerhinterziehung: Zahl der Betriebsprüfungen geht seit Jahren zurück - das bringt Probleme mit sich
17.08.2025

Der Kampf gegen Steuerhinterziehung ist immer wieder ein erklärtes Ziel der Politik. Doch in der Realität gibt es immer weniger...

DWN
Technologie
Technologie Bionik, KI und Robotik: Der Innovationsschub, der alles verändert
16.08.2025

Von der Bionik bis zur KI-Konvergenz: Neue Technologien versprechen einen Innovationssprung – und könnten Wirtschaft, Gesellschaft und...