Politik

Sparguthaben: Massiver Widerstand gegen Einlagen-Sicherung der EU

Der Widerstand gegen die geplante gemeinsame Einlagensicherung der EU ist überraschend angewachsen. Offenbar fürchten nun mehrere EU-Staaten den Unmut ihrer Wähler, wenn ihre Sparguthaben für alle Banken in der EU als Haftung verwendet werden können. Außerdem könnten die Sparer ihr Geld von den Banken abziehen, was die ohnehin fragilen Banken in Europa unter Druck setzen würde.
11.05.2016 09:23
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Florian Eder von Politico berichtet: „Deutschland hat nach Auskunft von EU-Diplomaten mehr Unterstützung beim Widerstand gegen die geplante europäische Einlagen-Sicherung als anfangs bekommen. Bei einer Arbeitsgruppensitzung Ende April hätten mehrere (die einen zählen acht oder neun, die anderen zehn, ein Dritter „acht bis zehn”) Mitgliedsstaaten Zweifel an der Tragfähigkeit der Rechtsgrundlage des Kommissionsvorschlags angemeldet. Dieser gründet den geplanten EU-Entschädigungsfonds für Sparer von Pleitebanken auf EU-Binnenmarktregeln.“

Die plötzliche Aufregung der Regierungen könnte von der bereits grassierenden Verunsicherung der Sparer durch die Euro-Rettungspolitik, die Negativzinsen und die Abschaffung des Bargelds kommen: Es ist durchaus denkbar, dass es zu einem europaweiten Rückzug der Sparer von den Banken kommt, wenn sie ihre Einlagen im dreifachen Risiko sehen – und dafür noch Strafgebühren entrichten müssen.

Für die Einlagensicherung tritt vor allem Italien ein – aus gutem Grund: Der Banken-Sektor leidet unter massiven faulen Krediten. Nur die Aussicht auf die gemeinsame Einlagensicherung hat bisher verhindert, dass es zu größeren Verwerfungen bei den italienischen Banken gekommen ist.

Deutschland und andere EU-Staaten planen ein Veto-Recht beim wichtigsten Pfeiler der umstrittenen europäischen Einlagen-Sicherung. Laut einem der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag vorliegenden Papier erwägt die niederländische EU-Ratspräsidentschaft, dass die Rechtsgrundlage für die geplante Einlagensicherung (EDIS) eine zwischenstaatliche Vereinbarung bilden soll. Damit wäre eine einstimmige Entscheidung notwendig, und jeder EU-Staat könnte selbst entscheiden, ob er sich an dem Sicherungssystem beteiligt. Die gemeinsame Einlagen-Sicherung soll die letzte, noch fehlende Säule der Bankenunion in der EU bilden und Sparer vor Schieflagen im Finanzsektor schützen.

Die EU-Kommission strebt dagegen eine Regelung auf Grundlage von Artikel 114 des Vertrags zur Arbeitsweise der EU an, für die die Zustimmung lediglich der qualifizierten Mehrheit der Mitgliedsländer gebraucht wird. EU-Vertretern zufolge setzten sich aber Deutschland und andere EU-Staaten mit ihrer Sichtweise durch, dass zumindest der Fonds, der den Kern der Einlagensicherung bilden soll, auf einer anderen Grundlage basiert.

Die Brüsseler Behörde hatte mit Blick auf die zähen Verhandlungen zum Aufbau eines gemeinsamen Abwicklungsfonds für marode Banken (SRB) zwischenstaatliche Vereinbarungen als eine Option bemängelt, die man künftig besser vermeiden sollte. Auch jetzt dürften sich die Arbeiten an der EU-Einlagensicherung mit dem Vorstoß der Bundesregierung verzögern. Deutschland und die heimischen Banken lehnen die EDIS-Pläne zum jetzigen Zeitpunkt ab. Sie fürchten, dass deutsche Geldhäuser sonst am Ende für Pleiten von Instituten in Griechenland und anderen kriselnden Euro-Staaten geradestehen müssen. Das EU-Parlament und der EU-Ministerrat – den bis Ende Juni die Niederlande führen – müssen dem Kommissions-Vorschlag zustimmen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble forderte vor dem Aufbau einer gemeinsamen Einlagensicherung zunächst eine Reduzierung in den Bankbilanzen. Vor allem der hohe Anteil an Anleihen des eigenen Staates in den Depots italienischer und anderer Geldhäuser Südeuropas bereitet Aufsehern nach den Erfahrungen der Euro-Schuldenkrise Sorge. Deutschland plädiert deshalb für eine neue Risikogewichtung von Staatsanleihen. Die Arbeiten daran sollen laut den niederländischen EU-Ratsdokumenten fortgesetzt werden, auch wenn noch keine Regelung auf internationaler Basis gefunden ist. Die EU-Kommission macht sich für einen globalen Ansatz stark.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...