Deutschland

Deutschland ringt mit EU um Durchbruch bei der PKW-Maut

Der Streit um die deutsche PKW-Maut geht in die nächste Runde. Verkehrsminister Dobrindt reist nach Brüssel, um eine Einigung zu erzielen.
01.12.2016 10:47
Lesezeit: 2 min

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt reist am Donnerstag in die EU-Hauptstadt, um grünes Licht für ein Vorhaben zu bekommen, so die Deutsche Presse Agentur. Kritiker attackierten das Projekt nicht zuletzt als anti-europäisch: die PKW-Maut, Prestigeprojekt seiner CSU, einst geboren als Wahlkampfhit für bayerische Bierzelte. Nach Monaten harter Konfrontation sind Berlin und Brüssel inzwischen auf Harmoniekurs eingeschwenkt. Auch bei einem erhofften Kompromiss mit der EU bliebe aber vieles ungewiss – möglicher Maut-Start inklusive.

Was genau erwartet Dobrindt in Brüssel?

Dass es mit der „Infrastrukturabgabe“ überhaupt vorangeht, war schon eine ziemliche Überraschung. Pünktlich zum CSU-Parteitag vor vier Wochen verbreiteten Berlin und Brüssel optimistisch: Einigung in Sicht. Dabei hatte die EU-Kommission zuvor verkündet, Deutschland in Sachen Maut zu verklagen – und Dobrindt beharrte auf seinem Modell, das doch völlig rechtmäßig sei. Dann kam Bewegung in die starren Fronten, auch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schaltete sich ein. Nun will Dobrindt mit der zuständigen Kommissarin Violeta Bulc das Projekt abschließen – oder, wie es offiziell von deutscher Seite heißt: „letzte Fragen“ für eine abschließende Einigung klären.

Was sind die zentralen Knackpunkte?

Um den Segen der EU zu bekommen, muss Dobrindt „seine“ Maut ändern. Da sind zum einen die geplanten Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland, die Brüssel tendenziell zu teuer sind. Deswegen hat das Ministerium eine stärkere Preis-Spreizung angeboten. Die günstigste Zehn-Tages-Maut gäbe es schon für 2,50 statt 5 Euro – die teuerste aber auch für 20 statt 15 Euro. Noch sensibler ist, dass nur Inländer für ihre Maut auf den Cent genau weniger Kfz-Steuer zahlen sollen – aus EU-Sicht eine Benachteiligung von Ausländern. Diskutiert wurde daher, dass Besitzer sehr sauberer Autos etwas mehr Steuer-Entlastung bekommen könnten, als sie Maut zahlen. Das könnte als Umweltförderung deklariert werden und weniger als 1:1-Mautkompensation erscheinen.

Wie geht es weiter?

Finden Dobrindt und die EU-Kommission eine politische Einigung, würde die Brüsseler Behörde ihr Verfahren wegen Verletzung von EU-Recht erst einmal einfrieren. Praktischerweise wurde die Ende September angekündigte Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) bisher noch nicht eingereicht. Bis das Verfahren komplett eingestellt wird, dürfte es dann noch länger dauern. Denn erst müssten die schon im deutschen Gesetzblatt stehenden Maut-Regelungen rechtlich bindend geändert werden. Und dafür wären nach dem jetzigen Endspiel in Brüssel neue Verhandlungen in der großen Koalition in Berlin nötig.

Ist der Weg für die Maut also frei?

Wann, wie und ob die Maut kommt, bleibt vorerst in der Schwebe. Die SPD will an der Vorgabe des Koalitionsvertrags nicht rütteln lassen, dass kein deutscher Autobesitzer draufzahlt. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnt, eine zusätzliche Abgabe dürfe im Saldo im Etat nicht weniger Einnahmen produzieren. Sehr genau beobachten dürften den Gang der Dinge auch Nachbarn wie Österreich und die Niederlande. Sollten sie zu dem Ergebnis kommen, dass die Regelungen immer noch nachteilig für ihre Bürger sind, könnten sie selbst dagegen vorgehen. Autofahrer werden die Maut ohnehin nicht so bald spüren: Dobrindt hat schon klargemacht, dass ein Start wegen der nötigen Vorbereitungen nicht mehr vor der Bundestagswahl im Herbst 2017 realistisch ist.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Waldbrand Sachsen: Gohrischheide - über 1.000 Einsatzkräfte im Einsatz
04.07.2025

Hitze, Trockenheit und starker Wind: In Sachsen und Thüringen kämpfen Einsatzkräfte gegen massive Waldbrände. Besonders die...

DWN
Politik
Politik Rentenkasse: Neue Mütterrente wohl erst ab 2028 umsetzbar
04.07.2025

Die Ausweitung der Mütterrente sorgt für Diskussionen: Einigkeit herrscht über das Ziel, Uneinigkeit über das Tempo. Millionen Mütter...

DWN
Finanzen
Finanzen Sparen für Kinder: Welche Anlagen sich wirklich lohnen
04.07.2025

Eltern wollen ihre Kinder finanziell absichern, doch viele verschenken Chancen. Statt renditestarker Anlagen dominiert Vorsicht, oft ohne...

DWN
Technologie
Technologie KI im Jobmarkt: Die große Lüge von der Objektivität
04.07.2025

Algorithmen sollen neutral entscheiden – doch KI entlarvt sich im Personalbereich als versteckter Türsteher: Diskriminierung,...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...