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Österreichs Außenminister Sebastian Kurz hat die EU aufgefordert, nicht länger an der Umverteilung von Flüchtlingen festzuhalten. "Das Ziel ist völlig unrealistisch", sagte Kurz der Welt am Sonntag. Sollten die 160.000 Flüchtlinge weiterhin in demselben Tempo wie bisher auf die EU-Länder verteilt werden, werde dies 30 Jahre dauern, sagte der Politiker von der konservativen ÖVP. Das Flüchtlingsproblem lasse sich also nicht durch eine Verteilung nach Quoten lösen.
Nach dem gescheiterten Referendum in Ungarn zur EU-Flüchtlingspolitik hat der ungarische Regierungschef Viktor Orban seine Ablehnung der Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union bekräftigt. "Brüssel kann Ungarn nicht seinen Willen aufzwingen", sagte Orban am Sonntagabend vor Anhängern in Budapest. "Brüssel oder Budapest, das war die Frage, und die Menschen haben Budapest gesagt."
Er werde eine Verfassungsänderung vorschlagen, die "den Willen des Volkes widerspiegelt", kündigte der rechtskonservative Politiker an. "Wir werden Brüssel zu verstehen geben, dass es den Willen der Ungarn nicht ignorieren kann."
Der rechtskonservative Ministerpräsident Viktor Orban ist mit seinem umstrittenen Referendum zur Verteilung von Flüchtlingen in der EU wegen zu geringer Beteiligung gescheitert - doch eine klare Mehrheit stimmte für seinen Abschottungskurs. 95 Prozent der Wähler sprachen sich gegen die EU-Flüchtlingsumverteilung aus, wie die Regierungspartei Fidesz nach vorläufigen Zahlen am Sonntag mitteilte. Mit 45 Prozent Beteiligung wurde das erforderliche Quorum von 50 Prozent jedoch verpasst.
Nach den von Vizeparteichef Gergely Gulyas mitgeteilten Zahlen ist der Volksentscheid damit ungültig. Denn mindestens die Hälfte der rund 8,3 Millionen Wahlberechtigten hätten ihre Stimme abgeben müssen. Zur Abstimmung stand die Frage, ob das Land an der von der EU beschlossenen Umverteilung von Flüchtlingen auf alle Mitgliedstaaten teilnimmt oder nicht.
Dass er sich von seinem Kurs auch bei einer zu geringen Beteiligung am Volksentscheid nicht abbringen lassen werde, ließ Orban schon zuvor durchblicken: "Ein gültiges Referendum ist immer besser als ein ungültiges, aber die rechtlichen Konsequenzen werden dieselben sein." Die "einzige Bedingung" dafür sei: "Dass es mehr Nein-Stimmen als Ja-Stimmen gibt", sagte er am Sonntag.
Ungarn betreibt seit dem vergangenen Jahr eine Politik der strikten Abschottung. 2015 waren rund 440.000 Flüchtlinge, von denen die meisten aus dem Bürgerkriegsland Syrien kamen, über Ungarn nach Mitteleuropa gereist. Um die Flüchtlinge zu stoppen, ließ Orban an den Grenzen zu Serbien und Kroatien Zäune bauen. Die ungarischen Asylgesetze wurden drastisch verschärft.
Die Regierung weigert sich zudem hartnäckig, den EU-Beschluss über die Flüchtlingsverteilung umzusetzen. Ungarn müsste nach dem Verteilungsschlüssel nur 1300 von insgesamt 160.000 Flüchtlingen aufnehmen, deren Umverteilung 2015 in Brüssel beschlossen wurde, um die Hauptaufnahmeländer Griechenland und Italien zu entlasten.
Orbans Regierung warb im Vorfeld massiv für ein Nein beim Referendum und warnt unter anderem davor, dass mit Flüchtlingen "Terroristen" ins Land kommen könnten. Menschenrechtsorganisationen werfen der Regierung vor, mit ihrer Kampagne gezielt Ängste in der Bevölkerung zu schüren.
Am Samstag bezeichnete Orban Flüchtlinge erneut als "Bedrohung" für "Europas sichere Lebensweise". Die Ungarn hätten daher die "Pflicht", sich der gescheiterten Politik der "Elite in Brüssel" entgegenzustellen, schrieb Orban in der Zeitung "Magyar Idok". Mit dem Referendum könnten sie "jedem Europäer die Botschaft senden, dass es von uns, von den EU-Bürgern abhängt, die EU wieder zur Vernunft zu bringen, mit gemeinsamen Anstrengungen, oder sie zerfallen zu lassen".
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) warf der ungarischen Regierung vor, mit dem Referendum ein "gefährliches Spiel" zu spielen. Orban stelle damit die Rechtmäßigkeit der europäischen Gesetzgebung in Frage, sagte Schulz den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.