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Die Debatte um die deutsche Aufrüstung wurde am Freitag von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel befeuert, der das Ansinnen der USA und der Nato, die deutschen Militärausgaben auf 2 Prozent des BIP zu erhöhen, rundweg ablehnte.
In der FT haben sich findige Kommentatoren mit den Folgen beschäftigt und kommen zu interessanten Schlüssen.
So schreibt ein Kommentator: "Deutschlands Handelsüberschuss im Jahr 2016 betrug 253 Milliarden Euro. Um auf 2% des BIP zu kommen, muss Deutschland nur 14% seines Handelsüberschusses ausgeben. Wenn sie sich aufraffen könnten und Rüstungsgüter von ihren Verbündeten zu importieren, wird es auch ihr Handelsdefizit senken."
Ein anderer sieht Probleme für die Wettbewerber in der US-Rüstungsindustrie: "Die Aussicht auf Deutschland mit einem 70-100 Milliarden Dollar-Militärhaushalt ist wirklich kein Witz für die US-Rüstungsindustrie. Deutschland hat bereits einige gute militärische Geräte- Eurofighter, Leopard, Meteor Raketen, Eurocopter Tiger, AIP U-Boote, Fregatten. Wenn sie sie weiterentwickeln (mit dem doppelten Budget), dann werden die deutschen Waffenfirmen die amerikanischen Unternehmen ernsthaft übertreffen (genau wie Volkswagen GM übertrifft)."
Vor allem aber kommen die FT-Kommentatoren zu dem Ergebnis, dass Deutschland mit der geforderten Aufrüstung plötzliche die dominante Militärmacht in Europa wäre - eine Vorstellung, der die Briten mit spürbarem Unbehagen nachgehen:
"Deutschlands Streitkräfte wurden durch den 4 + 2-Vertrag von 1990 auf 370.000 aktives Personal reduziert, womit der Zweite Weltkrieg endgültig beendet und Deutschland als souveräne Nation wieder hergestellt war.
Das konnte nur durch die Auflösung des ostdeutschen Militärs und durch die drastische Verringerung der Stärke des westdeutschen Militärs, der Bundeswehr, erreicht werden. Nach Artikel 3 des Vertrages waren Deutschlands gemischte Boden- und Luftstreitkräfte auf 345.000 aktives Personal beschränkt. Zu der Zeit stand die westdeutsche Armee allein bei 340.000 Mann und stellte nicht weniger als 12 kampffähige Abteilungen.
Kurzum, Großbritannien, Frankreich, die Sowjets und die USA forderten Deutschlands Entmilitarisierung im Austausch für seine Wiedervereinigung und Unabhängigkeit. Natürlich waren die deutschen Politiker nicht unglücklich, aber die Idee, dass Deutschland seit 1990 Trittbrettfahrer bei den anderen ist, ist lächerlich und ahistorisch.
Darüber hinaus bin ich mir nicht sicher, ob die Briten und die Russen sich freuen würden, zu sehen, dass Deutschland mehr für Rüstung ausgibt als sie selber. Das Vereinigte Königreich gibt 55 Milliarden Dollar für die Verteidigung aus, und die Russen nur 66 Milliarden Dollar, weshalb ihre Streitkräfte im Vergleich zu denen der SU winzig sind. Wenn Deutschland - dem unter dem 4 + 2-Vertrag von nuklearen, biologischen und chemischen Waffen verboten ist - 80 Milliarden Dollar jährlich in seine konventionellen Kräfte stecken würde, würde die Bundeswehr eine Armee zweimal so groß wie die USMC (United States Marine Corps), welche schon größer ist als die meisten Armeen der Welt.
Was braucht Deutschland solche Streitkräfte? Das ist die eigentliche Frage hier und ich schlage vor, dass die Menschen darüber nachdenken, bevor sie fordern, dass Deutschland als Europas stärkste militärische Macht auftritt."
Die von Gabriel genannte Zahl von 70 Milliarden Euro stimmt in etwa in der Größenordnung. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes betrug das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2016 etwa 3,133 Billionen Euro. Zwei Prozent davon ergeben etwa 62,67 Milliarden Euro. Nichtsdestotrotz erscheint die von der Nato aufgestellte 2-Prozent-Regel verharmlosend, weil sie sich auf die gesamte Wirtschaftsleistung vor den Ausgaben des Staates bezieht und deshalb überproportional groß ist. Der Bundeshaushalt des laufenden Jahres wird etwa 329,1 Milliarden Euro betragen. Würde Deutschland schon heute das 2-Prozent-Ziel einhalten, müssten rund 20 Prozent auf Rüstungsausgaben entfallen. Derzeit sind mit etwa 37 Milliarden etwa 11 Prozent für Verteidigungsausgaben vorgesehen.
Die Erfüllung der Nato-Forderungen erscheinen noch unrealistischer, wenn man die zusätzlichen finanziellen Belastungen für Flüchtlinge berücksichtigt. Wie aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft hervorgeht, könnte die Unterbringung, Verpflegung sowie Integrations- und Sprachkurse für Flüchtlinge den Staat in den Jahren 2016 und 2017 insgesamt knapp 50 Milliarden Euro kosten.
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat das von der Nato geforderte Finanzierungsziel für Militärausgaben als unrealistisch abgelehnt. Die Nato-Mitgliedsstaaten hatten sich im Jahr 2014 dafür ausgesprochen, bis zum Jahr 2024 2 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Waffen und Militärsysteme auszugeben.
Würde Deutschland schon heute das 2-Prozent-Ziel einhalten, müssten in Deutschland rund 20 Prozent des Haushalts auf Rüstungsausgaben entfallen. Derzeit sind mit etwa 37 Milliarden etwa 11 Prozent für Verteidigungsausgaben vorgesehen.
Wenn man dies mit den USA vergleicht, sieht die Lage ganz anders aus: Der Verteidigungsetat der USA betrug im Jahr 2015 rund 580 Milliarden Dollar, der Haushalt etwa 6,3 Billionen. Damit betrugen die Ausgabe fürs Militär in den USA gerade einmal 9,2 Prozent des Haushaltes.
Noch extremer ist es bei den Briten, die den Deutschen immer vorwerfen, zu wenig zu tun: Der Verteidigungsetat Großbritanniens betrug im Jahr 2016 rund 60,4 Milliarden Dollar, der Haushalt etwa 765 Milliarden Pfund (950 Milliarden Dollar). Damit betrugen die Ausgabe fürs Militär in Großbritannien magere 6,3 Prozent des Haushaltes.
Die Polen, die ebenso wie Großbritannien die geforderten 2 Prozent erfüllen, kommen auf einen höheren Wert als Großbritannien und die USA: Der Verteidigungsetat Polens betrug im Jahr 2015 rund 12,6 Milliarden Dollar, der Haushaltsentwurf für 2016 etwa 90 Milliarden Dollar. Dadurch kann angenommen werden, das die Ausgaben fürs Militär in Polen etwa 14 Prozent des Haushaltes betrugen - was aber auch noch deutlich weniger wäre als die von Deutschland geforderten 20 Prozent.
Die Erfüllung der Nato-Forderungen erscheinen noch unrealistischer, wenn man die zusätzlichen finanziellen Belastungen für Flüchtlinge berücksichtigt. Wie aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft hervorgeht, könnte die Unterbringung, Verpflegung sowie Integrations- und Sprachkurse für Flüchtlinge den Staat in den Jahren 2016 und 2017 insgesamt knapp 50 Milliarden Euro kosten.