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In einer interessanten Meldung beschreibt Jan Schwartz von der Nachrichtenagentur Reuters den wachsenden Druck bei Opel zu Stellenstreichungen:
Opel hat in seiner wechselvollen Geschichte mehrfach Erfahrung mit schmerzhaften Sanierungen gemacht. Der nächste Einschnitt steht am Donnerstag bevor, wenn der neue Opel-Chef Michael Lohscheller im Beisein von PSA-Boss Carlos Tavares den mit Spannung erwarteten „Zukunftsplan“ verkünden will. Lohscheller soll die Rüsselsheimer Traditionsmarke auf Geheiß von PSA Peugeot Citroen möglichst rasch aus den roten Zahlen führen, in denen sie in den vergangenen Jahren unter der Regie des früheren US-Mutterkonzerns General Motors steckte. Die Franzosen haben Opel zum 1. August übernommen. Nun soll Opel auf PSA-Technik umgestellt werden, um die Kosten zu senken. Opelaner rechnen damit, dass dies mit einem weiteren massiven Personalabbau und Werksschließungen einhergeht. Schon unter GM waren tausende Stellen abgebaut und die Opel-Werke in Bochum und Antwerpen geschlossen worden.
„PSA wird natürlich versuchen, das Beste aus dem Kauf von Opel herauszuholen. Dass dazu auch harte Sanierungs-Einschnitte zum Repertoire des Managements gehören werden, versteht sich von selbst“, sagt Richard Fudickar von der Personalberatung Boyden. „Wir wissen, dass PSA gerade beim Personal erhebliches Einsparpotenzial sieht – auch weil bis 2023 vier von fünf Modellen elektrisch sein sollen.“ Beim Bau von Elektroautos werden weniger Arbeitskräfte benötigt als für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.
Auch Autoexperte Stefan Bratzel rechnet damit, dass Opel Federn lassen wird. „PSA wird die Verluste nicht lange hinnehmen“, sagt der Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. „Die Frage ist nur, wie scharf der erste Schnitt ausfallen wird.“
Verstärkt wurde die Sorge vieler Opelaner durch Äußerungen von Tavares, der Opel in einem Interview vorwarf, zu teuer zu produzieren. „Mein Eindruck ist, viele Probleme rühren daher, dass Dinge bei Opel überdimensioniert sind“, sagte der Portugiese der Tageszeitung Die Welt. Opel weiter schlank zu sparen und Arbeitsplätze abzubauen, sei dabei kein Patentrezept. Opel müsse allerdings Schlüsse daraus ziehen, dass die Produktionskosten mindestens 50 Prozent über denen in den französischen PSA-Werken lägen, fügte er hinzu. Wie die Schlüsse aussehen sollen, ließ Tavares offen. Er ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass sich Opel komplett umstellen muss.
Tavares hat Lohscheller 100 Tage Zeit gegeben, um einen Plan zur Wiederbelebung von Opel vorzulegen. Die Frist läuft nächste Woche aus. Ein Sprecher sagte, Lohscheller werde am Donnerstag einen Plan vorlegen, um die von PSA vorgegebenen Ertragsziele zu erreichen. Tavares will, dass die Marke mit dem Blitz im Logo in drei Jahren eine operative Rendite von zwei Prozent erreicht, 2026 sollen es sechs Prozent sein.
Experten schätzen, dass Lohscheller zunächst keine größeren Stellenstreichungen verkünden wird, sondern die technologische Zusammenarbeit mit PSA sowie neue Fahrzeuge in den Vordergrund seiner Präsentation stellt. Opel und Peugeot haben in der vor einigen Jahren noch unter GM gestarteten Kooperation bereits die SUV-Modelle Crossland X und Grandland X gemeinsam entwickelt. Im kommenden Jahr soll der Nachfolger des Stadtlieferwagens Combo von Opel auf einer PSA-Plattform folgen, ein Jahr später der neue Opel Corsa. Durch den gemeinsamen Unterbau sollen die Kosten deutlich sinken.
Unternehmenskenner rechnen zudem damit, dass das Opel-eigene Entwicklungszentrum mit 7000 Beschäftigten schrumpfen dürfte, weil PSA Doppelarbeiten vermeiden will. Weitere Kostensenkungen werden durch die Zusammenlegung des Einkaufs erwartet. Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer vermutet, dass bei Opel und ihrer britischen Schwester langfristig mehr als 6000 Arbeitsplätze auf der Kippe stehen.
Die mehr als 19.000 Arbeitsplätze in Deutschland sind allerdings noch bis Ende kommenden Jahres vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt. PSA könnte höchstens Abfindungen oder großzügige Vorruhestandsregelungen anbieten, um Mitarbeitern ein freiwilliges Ausscheiden zu versüßen. Das ist jedoch teuer. PSA werde den Personalabbau daher „scheibchenweise“ vornehmen, vermutet Dudenhöffer.