Finanzen

EZB sorgt sich um anhaltende Stärke des Euro zum Dollar

Die Europäische Zentralbank sorgt sich angeblich um die Folgen des starken Euro.
22.01.2018 11:36
Lesezeit: 2 min

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Der jüngste Anstieg des Euro bereitet der EZB zunehmend Sorgen. Experten gehen daher davon aus, dass Notenbank-Präsident Mario Draghi auf der Zinssitzung am Donnerstag in Frankfurt Äußerungen vermeiden wird, die die Gemeinschaftswährung noch weiter nach oben treiben können. So wird eine Bekräftigung der Aussage erwartet, dass die EZB die Schlüsselzinsen noch weit nach einem möglichen Ende der umstrittenen Anleihekäufe auf dem derzeitigen Niveau halten will. Der Leitzins zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld liegt bereits seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Eine Änderung am Donnerstag gilt als ausgeschlossen.

„Der jüngste Anstieg des Euro/Dollar-Kurses scheint bereits die EZB in einem gewissen Ausmaß aufgeschreckt zu haben“, sagt Zinsexperte Jan von Gerich von der schwedischen Großbank Nordea. Ähnlich sehen das die Volkswirte Gizem Kara und Stefan Ubovic vom französischen Bankhaus BNP Paribas: „Obgleich sich aus ökonomischer Sicht die Währung noch nicht auf einem alarmierenden Niveau befindet, ist der plötzliche beschleunigte Anstieg ein Grund zur Sorge.“ Mit einem starken Euro-Wechselkurs verbilligen sich Importe. Güter aus dem Währungsraum werden dagegen im Ausland teurer und büßen an Wettbewerbsfähigkeit ein. Tendenziell dämpft das die aus EZB-Sicht ohnehin schon zu niedrige Inflation.

Ungewöhnlich deutlich waren daher zuletzt die Aussagen mehrerer Top-Notenbanker zum Euro. So bezeichnete Frankreichs Zentralbankchef Francois Villeroy de Galhau die Kursrally als Quelle von Unsicherheit. EZB-Vize Vitor Constancio äußerte sich besorgt über plötzliche Kursbewegungen, die keine Veränderungen der Fundamentaldaten widerspiegelten. Seit der Dezember-Zinssitzung hat die Gemeinschaftswährung rund vier Prozent auf inzwischen über 1,22 Dollar zugelegt. In ihren Wirtschaftsprognosen waren EZB-Volkswirte dagegen zuletzt noch von einem Kurs von 1,17 Dollar für die Jahre 2018 bis 2020 ausgegangen.

Manche Beobachter vermuten, dass hinter dem Euro-Anstieg vor allem das unlängst veröffentlichte Protokoll des EZB-Zinstreffens im Dezember steckt. Darin kündigte sie früh in diesem Jahr eine Überprüfung ihres Ausblicks an. Dieser ist ein wichtiges Instrument, um die geldpolitischen Erwartungen an den Finanzmärkten zu steuern. Manche Marktteilnehmer hatten aus dem Papier herausgelesen, dass die EZB womöglich erste Zinserhöhungen vorziehen könnte. Am Geldmarkt nahmen deshalb die Spekulationen auf einen ersten Schritt nach oben bereits in diesem Jahr zu. Die Europäische Zentralbank hat letztmalig 2011 die Schlüsselzinsen angehoben.

Die Formulierung im Protokoll spreche eigentlich dafür, dass Änderungen beim Ausblick bereits jetzt erfolgen müssten, so Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert. „Allerdings scheinen dem Vernehmen nach viele Ratsmitglieder hiermit bis zur übernächsten Sitzung im März warten zu wollen, vielleicht auch um auf diese Weise die zuletzt verstärkten Zinserhöhungsspekulationen zu dämpfen.“ Insider sagten der Nachrichtenagentur Reuters zuletzt, die Notenbank brauche noch mehr Zeit, um die wirtschaftlichen Aussichten für die Euro-Zone und die künftige Euro-Entwicklung besser abschätzen zu können.

Bislang sind für die Euro-Wächter die noch bis mindestens Ende September laufenden Anleihekäufe, die vor allem in Deutschland massiv kritisiert werden, die zentrale Bezugsgröße. So heißt es im EZB-Ausblick, dass die billionenschweren Transaktionen so lange fortgesetzt werden, bis ein nachhaltiger Anstieg der Inflation in Richtung der Zielmarke von knapp zwei Prozent zu erkennen ist. Sollte sich das wirtschaftliche Umfeld eintrüben, wird ihre nochmalige Aufstockung oder Verlängerung der Käufe nicht ausgeschlossen.

Faktisch muss die EZB die Manipulationen an den Euro-Anleihemärkten jedoch in irgendeiner Form auch nach einem möglichen Ende des Programms weiterführen, weil sonst stark steigende Renditen für Anleihen aus schwachen Eurostaaten drohen, die eine neue Euro-Krise auslösen könnten.

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