Französische Spezialtruppen sollen laut dem israelischen Nachrichtendienst DEBKAfile mit ihren von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angekündigter Militäroperation Nordsyrien begonnen haben. Den Erkenntnissen zufolge sollen die Franzosen mit Flugzeugen und Hubschraubern an den US-Militärstützpunkten in Nordsyrien gelandet sein und sich auf "Patrouillengänge" in der Region vorbereiten. Die Truppen sollen am 2. April nach Syrien verlegt worden sein, berichtet Info Israel News. Der kurdische Sender Kurdistan 24 News berichtet, dass etwa 50 französische Soldaten in den syrischen Grenzort Tal Abyad einmarschiert seien.
France Info berichtet dagegen aus der Region, dass "bisher noch keine französischen Soldaten" in der Region gesichtet worden seien, dass sich dort jedoch "tausende US-Soldaten" aufhalten.
Die Franzosen sollen die kurdische YPG gegen die Türkei unterstützen. Ob es wirklich zu einer Konfrontation zwischen Soldaten der beiden Nato-Partner kommen wird ist unklar. US-Präsident Donald Trump hatte angekündigt, dass sich die USA aus Syrien zurückziehen wollen. Dabei dürfte es sich allerdings um eine Finte gehandelt haben, denn die Amerikaner haben ihre Stützpunkte in Syrien ausgebaut und bisher nicht verkleinert. Es ist auch denkbar, dass die drei Nato-Staaten USA, Türkei und Frankreich gemeinsam eine Formation bilden, um den Einfluss der Russen zurückzudrängen. Ein Dissens zwischen den Nato-Staaten ist aber ebenfalls nicht auszuschließen.
Am Donnerstag, den 29. März, wurde eine Delegation der SDF vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron im Elysee-Palast empfangen. Während dieses Treffens hat der französische Präsident seine Position gegenüber der SDF deutlich gemacht. Er versicherte der SDF die Unterstützung Frankreichs, insbesondere im Zusammenhang mit der Stabilisierung der Sicherheitszone im Nordosten Syriens, was auch die Stadt Manbidsch umfasst. Zuvor hatte ein SDF-Sprecher erklärt, Frankreich werde Spezialtruppen nach Manbidsch entsenden, um den Vormarsch der türkischen Truppen nach Manbidsch zu verhindern. Dies wurde vom französischen Präsidialamt zunächst zurückgewiesen. „Frankreich plant keine neue Militäroperation in Nordsyrien außerhalb der internationalen Anti-ISIS-Koalition”, zitiert L’Orient Le Jour die Pressestelle des französischen Präsidialamts.
„Macron wird sicherlich nicht so weit gehen, um eine militärische Verstärkung in diesem Bereich (Manbidsch, Anm. d. Red.) zu verkünden (...) die Kurden haben die Worte des Präsidenten der Republik überinterpretiert”, sagte Michel Duclos, ehemaliger Botschafter von Frankreich in Syrien und Sonderberater für Geopolitik am Montaigne-Institut, dem Blatt L’Orient Le Jour.
Der türkische Verteidigungsminister Nurettin Canikli warnte am Samstag vor einer französischen „Invasion” in Nordsyrien. In einer Fernsehansprache in Istanbul erinnerte der türkische Präsident Macron daran, dass Ankaras Operation in Syrien auf „keine Invasion, sondern auf die Rettung der Region vor blutigen Banden” abziele. Paris plädierte hingegen für einen Dialog zwischen Ankara und der SDF „mit Hilfe Frankreichs und der internationalen Gemeinschaft”. Ein Vorschlag, der vom türkischen Präsidenten abgelehnt wurde. „Erdogan und seine Sprecher lehnten jegliche Vermittlung aus Frankreich ab. Aber er sollte zweimal darüber nachdenken (…). Dies wäre eine Chance für die Türken, Sicherheitsgarantien von der YPG zu bekommen, sodass Zweifel über den Einsatz von syrischen Kurden als Basis für Angriffe auf die Türkei verhindert werden”, meint Duclos. Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu veröffentlichte am vergangenen Freitag eine Karte, die Positionen von französischen und amerikanischen Truppen im Norden und Nordosten Syriens zeigt.
Die türkische Zeitung Milliyet berichtet, dass Frankreich bereits 50 Spezialtruppen nach Manbidsch entsendet habe. Voice of America (VoA) zitiert den Sprecher der Kurden-Milizen, Halid Isa: „Frankreich wird seiner Verantwortung in Afrin auf diplomatischer Ebene und in Manbidsch auf militärischer Ebene nachkommen. Frankreich hat sich dafür entschieden, seine kurdischen Verbündeten zu unterstützen. Schlussendlich haben sich die USA und Frankreich dafür entschieden, militärische Unterstützung nach Manbidsch zu entsenden”.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte, dass die USA versuchen würden, die Gemeinden östlich des Euphrats zu isolieren. „Wir sind sehr besorgt darüber, dass wir in den vergangenen Monaten trotz zahlreicher Beteuerungen, dass das einzige Ziel der USA in Syrien der Anti-Terror-Kampf sei, beobachten, wie sich die USA ziemlich ernsthaft am östlichen Ufer des Euphrats festsetzen – in einem Großteil des syrischen Territoriums bis zur Grenze zum Irak”, zitiert The Middle East Monitor Lawrow.
Die USA würden in diesen Gebieten Strukturen und Einrichtungen schaffen, deren Finanzierung ebenfalls von den USA übernommen wird. Die dortigen Milizen seien den USA gegenüber rechenschaftspflichtig und ergeben. „Die USA stärken nicht nur ihre militärischen Einrichtungen, sondern bauen auch eine loyale und finanzierte Macht auf, die diese Gebiete vom restlichen Teil Syriens isoliert”, meint Lawrow.
Situation in Ost-Ghouta
Die Söldner-Truppen Dschaisch al-Islam, Ahrar al-Scham und Faylaq al-Rahman haben in Ost-Ghouta kapituliert. Zuvor hatte sich Dschaisch al-Islam noch geweigert, Ost-Ghouta zu räumen, doch aufgrund der aussichtslosen Situation stimmte die Söldner-Truppe am Sonntag einem Rückzug aus Ost-Ghouta zu, berichtet die BBC.
Nach Informationen der syrischen staatlichen Nachrichtenagentur SANA sollen die Mitglieder von Dschaisch al-Islam nach Dscharabulus evakuiert werden. Die restlichen Söldner sollen in die Provinz Idlib evakuiert werden. Der syrische Fernsehsender Al Ikhbaria hat ein Video veröffentlicht, in dem syrische Reporter durch einen Tunnel fahren, der als Waffenlager der Söldner genutzt wurde. Der Tunnel, der von Faylaq al-Rahman genutzt wurden, verbindet Tarma in Ost-Ghouta mit Jobar in Damaskus. Der Tunnel hat eine Länge von über zehn Kilometern und befindet sich 30 Meter unter der Erde.
Nach Informationen des Senders wurde der Tunnel von 3.000 Personen ausgehoben, die von den Söldnern als Geiseln gehalten wurden.
Nach Angaben des UN-Sprechers Stephane Dujarric sollen bisher 130.000 Menschen Ost-Ghouta verlassen haben. „Die Vereinten Nationen fordern weiterhin einen sicheren, ungehinderten und dauerhaften Zugang zu allen Bedürftigen. Jede Evakuierung von Zivilisten muss sicher, freiwillig und an einem Ort ihrer Wahl stattfinden”, zitiert die Nachrichtenagentur Anadolu Dujarric. Ost-Ghouta soll zuvor 400.000 Einwohner gehabt haben. Während der Gefechte zwischen Söldnern und Regierungstruppen seien 1.400 Menschen ums Leben gekommen.