Finanzen

EU zögert noch bei neuen Krediten für Griechenland

Die EU möchte noch keine neue Kredit-Versprechen für Griechenland aussprechen.
19.04.2018 17:16
Lesezeit: 3 min

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Innerhalb der EU-Kommission herrschen offenbar unterschiedliche Vorstellungen darüber, was mit Griechenland nach Ablauf des dritten Kredit-Programms Ende August geschehen soll.

Eine Verlängerung des Rettungsprogramms für Griechenland wird nach Worten von Eurogruppen-Chef Mario Centeno nicht diskutiert. Es gebe keine derartigen Gespräche, sagte Centeno am Donnerstag in Washington. "Die griechischen Behörden sind sehr darauf aus, aus dem Programm auszusteigen und es bis August zu beenden."

Wie die französische Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag berichtet, geht die EU-Kommission nicht von einer Verlängerung des Kredit-Programms für Griechenland aus. Die Behörde konzentriere sich darauf, „auf den guten Fortschritten der vergangenen Monate aufzubauen, um einen erfolgreichen Abschluss des griechischen Programms diesen Sommer sicherzustellen“, sagte ein Sprecher am Donnerstag in Brüssel. Auch die griechische Regierung wies einen Pressebericht über eine mögliche Verlängerung zurück und erklärte, das Programm werde spätestens im August beendet.

Anders äußerte sich ebenfalls am Donnerstag der französische EU-Kommissar Pierre Moscovici. Moscivici fordert nach dem baldigen Ende des internationalen Kredit-Programms eine Anschlusslösung. Es dürfe aber kein neues Programm „durch die Hintertür“ sein, sagte der Franzose am Donnerstag laut Redemanuskript in Washington. Eine neue Vereinbarung mit den bisherigen europäischen Kreditgebern müsse jedoch sicherstellen, dass die im Rahmen der Kredite eingeleiteten Reformen auch nach dem für den 20. August vorgesehenen Programm-Ende weitergingen. Zudem müsse die Politik der Haushaltssanierung fortgesetzt werden, fügte er bei dem Auftritt in der Denkfabrik Peterson Institute of International Affairs hinzu, wie Reuters berichtet.

Die neuen Zahlungen könnten vor allem für die transatlantische Achse von Bedeutung sein. Der Krieg in Syrien und der steigende Einfluss Chinas und Russlands im Nahen Osten haben vor allem Briten, Franzosen und Amerikaner veranlasst, die strategische Rolle von Griechenland bei Militäroperationen zu stärken.

Mit dem Brexit würde Großbritannien als Kreditgeber wegfallen, was das Interesse der Briten an einer Finanzierung durch die EU steigern dürfte.

Das mehrfach vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland hängt seit 2010 am Tropf internationaler Geldgeber, nachdem die großen europäischen Gläubigerbanken des griechischen Staates mit Steuergeldern entschädigt wurden. 2015 vereinbarte Athen mit den Euro-Partnern ein drittes Kredit-Paket über bis zu 86 Milliarden Euro. Es soll am 20. August enden.

Vor wenigen Tagen wurde dann berichtet, Griechenlands Gläubiger prüften, die Laufzeit des Kreditprogramms um einige Monate zu verlängern, was praktisch einem leichten Schuldenschnitt gleichkommt. Hintergrund sei, dass die griechische Regierung offenbar erneut mehr Zeit benötige, um noch offene Verpflichtungen aus den Reform- und Austeritätsbestimmungen zu erfüllen.

Zudem müsse der Internationale Währungsfonds (IWF) endgültig entscheiden, ob er sich finanziell noch an dem dritten Griechenland-Programm beteilige, hieß es. Das hängt vor allem davon ab, wie hoch die von dem Fonds geforderten und den Europäern in Aussicht gestellten Schuldenerleichterungen für Athen ausfallen. Über die Frage möglicher Schuldenschnitte war es in den vergangenen Jahren mehrfach zum Streit zwischen dem IWF und der EU-Kommission sowie der Bundesregierung gekommen.

IWF-Chefin Christine Lagarde sieht trotz großer Fortschritte in Griechenland noch Sanierungsbedarf. Das Land habe in den letzten acht Jahren viele Einschnitte hingenommen, sagte Lagarde am Donnerstag in Washington. Das Land sei aber noch nicht gesundet. „Wir wissen, dass das noch nicht vollständig abgeschlossen ist“, sagte sie mit Blick auf Strukturreformen. Die wirtschaftliche Lage habe sich aber erheblich verbessert. So zeigten jüngste Marktsignale, dass es inzwischen die Bereitschaft gebe, Griechenland anstelle von Staatsgeldern mit privaten Mitteln zu finanzieren. „Die Märkte schauen auf die Situation in Griechenland mit erheblich mehr Zuversicht als früher“, sagte die IWF-Chefin.

„Die Frage einer Verlängerung des Programms stellt sich nicht“, sagte hingegen der griechische Wirtschaftsminister Giannis Dragasakis am Donnerstag im griechischen Rundfunk. „Es endet im August.“ Die Regierung diskutiere sogar über ein früheres Ende bereits im Juli.

EU-Diplomaten bestätigten der Süddeutschen Zeitung vor einigen Tagen, dass es am Rande der IWF-Frühjahrstagung in Washington Gespräche zu Griechenland geben soll. Ein EU-Vertreter sagte, „alle Aspekte“ des Programms würden dann beim Treffen der Euro-Finanzminister am Freitag kommender Woche in der bulgarischen Hauptstadt Sofia besprochen. Dazu gehöre auch eine mögliche Verlängerung. Diese sei „eine Option“, die von Deutschland und den Niederlanden unterstützt werde.

Das Thema liege bisher weder in der Eurogruppe noch in ihren Vorbereitungsgremien „auf dem Tisch“, sagte dagegen ein Vertreter der Währungsunion. Ein weiterer Eurozonen-Vertreter sagte, „theoretisch“ sei eine Verlängerung zwar möglich, dies würde aber „einen Antrag der griechischen Regierung erfordern.“ Athen kann damit nicht zu einer Verlängerung gezwungen werden.

Die finanzielle Stabilisierung Griechenlands hat auch eine geopolitische Dimension. Die Europäer sehen mit Unbehagen, dass China seine Investitionen in Griechenland mit dem Kauf des Hafens von Piräus sowie auf dem Balkan und in Osteuropa in den vergangenen Jahren deutlich hochgefahren hat und fürchten einen schleichenden Einflussverlust in diesen Regionen.

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