Politik

14-jährige Susanna vergewaltigt und getötet, Verdächtiger flüchtig

Die vermisste Susanna ist tot. Sie wurde missbraucht, umgebracht, in ein Loch geworfen. Ein Verdächtiger ist in seine irakische Heimat geflohen.
08.06.2018 00:17
Lesezeit: 3 min

Die dpa berichtet:

Die seit zwei Wochen vermisste 14-jährige Susanna ist in Wiesbaden vergewaltigt und getötet worden. Ein Tatverdächtiger ist auf der Flucht. Ein weiterer Mann, der zunächst verdächtig war, wurde am Donnerstag wieder frei gelassen. Die Ermittler fahnden nun nach einem 20 Jahre alten irakischen Flüchtling. Ali B. wird im Irak vermutet. Ihre Leiche war dann in einem Erdloch in einem schwer zugänglichen Gelände bei Wiesbaden gefunden worden.

Gegen den zunächst festgenommenen 35-Jährigen besteht nach neuesten Ermittlungserkenntnissen kein dringender Tatverdacht mehr, wie Oberstaatsanwalt Oliver Kuhn am Donnerstagabend in Frankfurt sagte. Der Asylbewerber mit türkischer Staatsangehörigkeit habe das Justizgebäude bereits wieder verlassen und könne sich frei bewegen. Weitere Erkenntnisse erhoffen sich die Ermittler nun durch die Obduktion der Leiche der 14-Jährigen und der Auswertung von DNA-Spuren.

Zunächst waren die Ermittler davon ausgegangen, dass zwei Männer Susanna in Wiesbaden vergewaltigt und ermordet haben und nahmen den Flüchtling fest. Der andere Verdächtige sei vermutlich am vergangenen Donnerstag mit seiner gesamten Familie überhastet abgereist. Der 20-Jährige war bereits mehrfach polizeilich aufgefallen. Er war auch mit der Vergewaltigung eines Kindes in Verbindung gebracht worden.

Die Schülerin wurde erwürgt oder erdrosselt. Es habe eine «Gewalteinwirkung» auf den Hals gegeben, erklärte der Leitende Oberstaatsanwalt Achim Toma, ohne weitere Details zu nennen. Die Ermittler gehen davon aus, dass das Mädchen ermordet wurde, um die Vergewaltigung zu vertuschen.

Die 14-jährige Susanna war am 22. Mai von ihrer Mutter als vermisst gemeldet worden. Sie war mit Freunden in der Wiesbadener Innenstadt unterwegs gewesen und abends nicht wie abgesprochen nach Hause zurückgekehrt. Laut Obduktion der Leiche soll sich die Tat bereits am Abend ihres Verschwindens ereignet haben.

Der tatverdächtige Iraker sei vermutlich am vergangenen Donnerstag abgereist, berichtete der Wiesbadener Polizeipräsident Stefan Müller. Die Familie aus Vater, Mutter und sechs Kindern habe zuletzt zusammen in einer Flüchtlingsunterkunft in Wiesbaden gelebt. Sie sei nach bisherigen Erkenntnissen von Düsseldorf aus nach Istanbul und von dort aus weiter ins irakische Erbil geflogen.

Auf den Flugtickets seien andere Namen angegeben gewesen als auf den ebenfalls am Flughafen vorgelegten Aufenthaltspapieren für Deutschland, sagte Müller. Die Gruppe habe aber auch sogenannte Laissez-passer-Dokumente - eine Art Passierschein - in arabischer Sprache mit Passbildern dabei gehabt, die von der irakischen Botschaft ausgestellt worden seien. Am Flughafen seien nach den bisherigen Erkenntnissen die Passfotos, aber nicht die Namen abgeglichen worden.

Botschaften zum Beispiel können solche Passersatzpapiere ausstellen, wenn der Reisepass abhanden gekommen oder nicht mehr gültig ist. Ein zur Ausreise verpflichteter abgelehnter Asylbewerber kann Deutschland mit dem Papier schnell und unbürokratisch verlassen. Es berechtigt zur einmaligen Einreise und ist wenige Tage gültig. Laissez-passer kommt aus dem Französischen und bedeutet «Bitte durchlassen!».

Der 20-Jährige war in diesem Jahr bereits mehrfach polizeilich aufgefallen. Neben Pöbeleien und Prügeleien soll sein Name auch im Zusammenhang mit der Vergewaltigung eines elfjährigen Mädchens aus der Flüchtlingsunterkunft gefallen sein, erklärte der Polizeipräsident. Die Hinweise hätten sich aber nicht erhärten können. Es habe daher keine Gründe für eine Inhaftierung gegeben.

Susanna soll sich öfter in der Flüchtlingsunterkunft in Wiesbaden-Erbenheim aufgehalten haben und den Bruder des tatverdächtigen Irakers näher gekannt haben, sagte der Polizeipräsident. Der Asylantrag des 20-Jährigen war Ende 2016 abgelehnt worden. Da ein Rechtsanwalt dagegen eine Klage eingereicht habe, laufe das Verfahren noch.

Der entscheidende Hinweis auf die mutmaßlichen Täter kam von einem 13-jährigen Jungen, der ebenfalls in der Flüchtlingsunterkunft wohnte. Zuvor hatte die Polizei tagelang nach dem vermissten Mädchen gesucht. Der Zeuge hatten den Ermittlern berichtet, Ali B. habe ihm von der Tat persönlich erzählt.

Der Zentralrat der Juden zeigte sich tief betroffen über das Verbrechen. «Susanna und ihre Mutter waren bzw. sind Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Mainz», hieß es in einer Mitteilung. «Wir erwarten von den Strafverfolgungsbehörden eine rasche und umfassende Aufklärung sowie harte Konsequenzen für den oder die Täter. Alle voreiligen Schlüsse oder gar Ressentiments verbieten sich jedoch.»

Auch der hessische Innenminister Peter Beuth reagierte mit tiefer Betroffenheit auf das Gewaltverbrechen. «Unsere Gedanken sind im Moment bei den Angehörigen, unsere Anteilnahme», sagte der CDU-Politiker. «Wir werden alles daran setzen, dass wir den Täter finden und einer gerechten Strafe zuführen können.» Beuth warnte davor, den Fall schon politisch zu diskutieren. Die Politik sei gut beraten, jetzt erstmal die Ermittler ihre Arbeit machen zu lassen, sagte er.

Auch die Ortsvorsteherin des Mainzer Stadtteils, in dem Susanna wohnte, drückte ihr Mitgefühl aus. Vor dem Wohngebäude der Familie hätte Anwohner Kerzen aufgestellt und Blumen abgelegt. «Die Familie war bekannt.» Das Verbrechen habe viele Menschen vor Ort geschockt. «Es ist schrecklich.»

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