Finanzen

Frankreich drängt Großbanken zur Rückkehr nach Paris

Die französische Regierung drängt die Großbanken des Landes, Kapazitäten am Standort London abzubauen.
09.10.2017 16:48
Lesezeit: 2 min

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die französische Regierung macht Druck auf die französischen Großbanken, ihre Planungen für den Austritt Großbritanniens aus der EU voranzutreiben und Arbeitsplätze nach Paris zu verlagern. „Wir wollen, dass die Banken ihre Zusagen einhalten“, sagte ein Vertreter des Finanzministeriums der Nachrichtenagentur Reuters. Die Regierung von Präsident Emmanuel Macron habe viel getan, um die Attraktivität des Landes zu steigern und beispielsweise die Vermögenssteuer abgeschafft. „Wir wollen, dass sie konkrete Schritte unternehmen“.

Auch Londoner Banker, die für französische Geldhäuser arbeiten, berichten von zunehmendem Druck auf ihre Arbeitgeber. „Die Regierung Macron drängt die französischen Banken, einige von uns nach Paris zu holen“, sagte ein hochrangiger Londoner Banker. „Ich bereite mich auf ein Leben in Paris vor. Sollte es nicht doch noch zum Soft-Brexit kommen, ist es fast unvermeidbar“, sagte er. „Die meisten amerikanischen Investmentbanken ziehen nach Frankfurt, und ihre Pläne sind weit fortgeschritten. Der Druck auf uns ist daher erheblich“, sagte ein zweiter Banker.

Nach dem geplanten EU-Austritt Großbritanniens brauchen in London ansässige Finanzinstitute eine eigene Gesellschaft mit Banklizenz in einem Land der Europäischen Union, um ihre Produkte und Dienstleistungen in den verbleibenden 27 Mitgliedstaaten vertreiben zu dürfen. Viele müssen sich daher um neue Banklizenzen bewerben. Die französischen Großbanken können dagegen ihre bestehende Banklizenz auch künftig nutzen. Sie wollen erst einmal abwarten, wie der Brexit konkret aussieht.

Die beiden größten französischen Investmentbanken in London, BNP Paribas und Société Generale, haben ihre Brexit-Planungen noch nicht öffentlich gemacht. Société-Generale-Chef Frederic Oudea sagte allerdings im Juni, das Institut könne 300 bis 400 seiner 2000 Arbeitsplätze im Investmentbanking in London nach Paris verlagern. Credit Agricole, der drittgrößte französische Spieler in London, hat seinen Handel mit europäischen Staatsanleihen nach Paris verlagert. Der Umzug des zehnköpfigen Teams habe aber nichts mit dem Brexit zu tun, sagte ein Insider. Die drei Institute wollten sich nicht äußern.

Der frühere sozialistische Präsident Francois Hollande hatte die Finanzwelt einst als „Feind“ bezeichnet. Die neue Regierung unter Macron, selbst einst Investmentbanker, will das vergessen machen. „Die vorherige Regierung war ideologisch. Diese ist pragmatisch“, sagte ein hochrangiger französischer Banker. Sie will die Arbeitskosten drücken und hat zugesagt, mehr internationale Schulen zu bauen. Doch bisher hat erst eine internationale Großbank angekündigt, ihren EU-Sitz in Paris anzusiedeln. HSBC will dort bis zu 1.000 Händler ansiedeln. Bislang erscheint Frankfurt als der große Gewinner, vier der fünf größten US-Investmentbanken haben sich entschieden, wichtige Teile ihres Geschäfts an den Main zu verlagern.

Der ehemalige französische Notebankchef Christian Noyer, der als Brexit-Beauftragter der französischen Regierung für Paris wirbt, hat die Hoffnung nicht verloren. Selbst wenn ein Geldhaus eine Banklizenz in Frankfurt beantrage, heiße das nicht, dass dort auch die Jobs seien. „Ich kenne einige Leute, die sagen 'Ich siedele meinen Sitz in Frankfurt an, aber der Handelsraum wird bei einer Tochter in Paris sein. Ich schaffe einige Jobs in Frankfurt, aber die meisten werden in Paris sein“, sagte Noyer im Juni zu Reuters.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...