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Eine neue transatlantische Allianz in einer Jamaika-Koalition könnte für das deutsch-russische Pipeline-Projekt Nord Stream 2 zum Problem werden: Die Financial Times zitiert die beiden prononcierten Transatlantiker Norbert Röttgen (CDU) und Reinhard Bütikofer von den Grünen mit klar ablehnenden Positionen. Röttgen sagte, dass die "SPD nicht mehr im Spiel" sei und Nord Stream 2 daher keine Unterstützung mehr in er Regierung habe. Er sagte, es sei "klar, dass die neue Regierung dem Projekt wesentlich kritischer gegenüberstehen wird als die Vorgängerregierung". Die SPD hatte das Projekt gewissermaßen aus der Erbmasse von Altkanzler Gerhard Schröder verteidigt, der eng mit der russischen Energiewirtschaft verflochten ist und eine persönliche Freundschaft mit Russlands Präsident Wladimir Putin unterhält. Schröder ist seit kurzer Zeit Aufsichtsratchef von Rosneft und seit längerem Aufsichtsratschef von Nord Stream 2.
Als Hauptgegner der Pipeline treten die Grünen auf. Bütikofer sagte, die Grünen hätten bei den Koalitionsverhandlungen deponiert dass sie gegen das Projekt seien - "aus ökologischen, aus Gründen der Solidarität mit unseren europäischen Nachbarn, aus wirtschaftlichen und aus Sicherheits-Gründen". Bütikofer sagte, die Grünen würden gegen das Projekt kämpfen.
Röttgen sagte, dass Deutschland aus dem Projekt aussteigen sollte, um ein Zeichen an die osteuropäischen Nachbarn zu senden. Polen würde sich von der deutsch-französischen Achse bedroht fühlen. Es wäre daher ein gutes Zeichen in Richtung Osteuropa, wenn Deutschland aussteigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich aus Rücksicht auf die SPD bisher immer eher neutral zu Nord Stream 2 verhalten. Mit Gerhard Schröder verbindet sie jedenfalls eine herzliche Abneigung.
Das wichtigste Sachargument für Nord Stream 2 ist allerdings nicht politischer Natur, sondern eines, das den Preis betrifft: Deutschland könnte mit der Pipeline einen niedrigeren Preis erhalten und hätte außerdem eine Alternative zum Flüssiggas (LNG) aus den USA. Die USA wollen Russland den europäischen Energiemarkt streitig machen. Allerdings sind die Amerikaner dafür bekannt, Konkurrenten zu verdrängen, um in einer quasi-Monopol-Situation die Preise zu erhöhen. Dies zeigt sich am Beispiel von Japan nach Fukushima: Wie aus dem BP-Jahresbericht von 2017 hervorgeht, hat Japan einen wesentlich höheren Gaspreis bezahlt aus Deutschland, Großbritannien und die USA:
Die EU-Kommission verschärft ebenfalls die Gangart gegen Nord Stream 2. Die Brüsseler Behörde brachte am Mittwoch neue Regeln auf den Weg, um doch noch Verhandlungen mit Russland über den Betrieb der Leitung führen zu können. Die Betreiberfirma, eine Tochter des russischen Gazprom -Konzerns, kündigte eine genaue Prüfung der geplanten neuen Vorschriften an. Diese schienen sehr weitreichend und sollten nicht überstürzt beschlossen werden, erklärte das Unternehmen.
Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic begründete die Pläne damit, rechtliche Klarheit schaffen zu wollen. Die Gasleitung soll eigentlich ab kommendem Jahr neben der bestehenden Trasse Nord Stream 1 verlegt und 2019 in Betrieb genommen werden. EU-Beamte hatten schon vor Wochen Zweifel geäußert, ob der Zeitplan einzuhalten ist. Hinzu kommen Vorbehalte in der möglichen Jamaika-Koalition in Berlin, vor allem bei den Grünen. Die bisherige Bundesregierung hatte das Projekt unterstützt. Dieses trifft aber in Osteuropa auf große Widerstände.
Die EU-Kommission bemüht sich seit dem Frühjahr um ein Mandat der EU-Staaten für Verhandlungen mit Russland. Da ein Gutachten ihr die Zuständigkeit dafür abspricht, will sie diese Vorbehalte jetzt mit einer Änderung der Gasrichtlinie aus dem Weg schaffen. Künftig wären damit die Regeln des sogenannten dritten Energiepakets auch auf Pipelines anzuwenden, die aus Drittstaaten in die EU führen.
Damit müsste Nord Stream 2 etliche Bedingungen erfüllen. So darf ein Gaslieferant nicht gleichzeitig Betreiber einer Leitung sein. Zudem müssen andere Anbieter Zugang bekommen. In Verhandlungen mit Russland könnte es um Ausnahmen gehen. Der Vorschlag der Kommission muss von Mitgliedstaaten und EU-Parlament gebilligt werden. Sefcovic forderte dafür ein beschleunigtes Verfahren.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft kritisierte den Vorstoß aus Brüssel. "Die Initiative der Europäischen Kommission ist für uns nicht nachvollziehbar", erklärte Verbandschef Stefan Kapferer. "Bei Nord Stream 2 handelt es sich um ein privatwirtschaftliches Projekt. Jede neue Leitung, die Erdgas Richtung Europa transportiert, ist gut für die sichere Versorgung."