Finanzen

Kleve: Projekt zur Abschaffung von Cent-Münzen gescheitert

In der niederrheinischen Kleinstadt Kleve musste ein Projekt zur Abschaffung kleiner Centmünzen abgebrochen werden.
13.02.2018 11:48
Lesezeit: 2 min

In der Stadt Kleve musste ein Projekt zur faktischen Abschaffung der Ein- und Zwei-Cent-Münzen abgebrochen werden, weil die Kunden mehr zahlten und die Händler unzufrieden waren. Bei dem Projekt ging es darum, Centbeträge auf- oder abzurunden.

„Doch je länger das Projekt dauerte, desto häufiger fühlten sich sowohl Händler als auch Kunden von dem System benachteiligt, berichtet die F.A.Z. Auf Seiten der Geschäfte haben sich demnach Sorgen um Finanzamt und Steuerberater breitgemacht — schließlich könnte bei häufigen Abrunden Geld in der Kasse fehlen. Auch die Technik war wohl mitunter nicht auf das Runden eingestellt. Zudem entstanden häufig längere Wartezeiten, weil Verkäufer immer wieder das System mit dem Auf- und Abrunden erklären mussten. Das störte die Angestellten gleichermaßen wie die Kunden in den längeren Warteschlangen. Für die Kunden noch wichtiger war aber das Ergebnis einer Studie der Hochschule Rhein-Waal. Demnach zahlten die Kunden durch das Runden je Einkauf 0,71 Cent mehr, berichtet die Zeitung“, berichtet der Dienst msn.com.

Bereits im Juni 2017 – knapp eineinhalb Jahre nach dem Start der Initiative zur Abschaffung des Kleingelds stand das Projekt in Kleve am Niederrhein bereits wieder vor dem Aus, wie die dpa damals berichtete: Voraussichtlich in den kommenden Tagen werde bei einer Sitzung über die Zukunft des Projekts beraten, kündigte Klaus Fischer, Chef eines Klever Modegeschäfts und Mitinitiator der Rundungsaktion an. Die Initiative in der Stadt mit 50.000 Einwohnern hatte nach dem Start Anfang Februar 2016 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt.

„Wir müssen jetzt noch einmal trommeln oder wir lassen es einschlafen“, sagte Fischer im Juni 2017. Nach dem Start der Aktion habe es viele Anfragen gegeben, Nachahmer hätten sich bislang seines Wissens nach jedoch nicht gefunden. „In Deutschland scheinen viele Dinge nicht einfach umsetzbar zu sein“, so Fischer.

Mit dem Slogan „Geehrte Kunden, wir RUNDEN“, waren in Kleve zunächst rund 80 Kaufleute an den Start gegangen. Krumme Rechnungsbeträge sollten dabei mit dem Einverständnis der Kunden auf 5 Cent auf- oder abgerundet werden. Nach einer Umfrage der Hochschule Rhein-Waal sei die Aktion bei rund 80 Prozent der Kunden auf Zustimmung gestoßen, sagte Fischer.

Angesichts des immer wiederkehrenden Erklärungsbedarfs bei den Kunden hätten einige Händler nun jedoch eine negative Bilanz gezogen. „Denen ist das zu aufwendig. Das hält zu lange auf“, sagte er. Betroffen davon seien etwa Geschäftsleute, in deren Läden viele krumme Summen kassiert werden müssten, wie etwa Bäcker.

Mittlerweile habe sich die Zahl der teilnehmenden Läden bereits verringert, berichtete Petra Hendricks vom Klever City Netzwerk im Juni. „Wir haben es versucht, kommen aber nicht durch.“ Fischer sagte, selbstverständlich könne jeder Händler auch nach dem möglichen Aus für die Initiative frei entscheiden, ob er weiterhin kleine Münzen aus seiner Kasse verbannen wolle.

Generell gibt es in Deutschland nach Angaben der Bundesfinanzministeriums derzeit keine Überlegungen, nationale Rundungsregeln einzuführen. Das BMF ist zuständig für die Ausgabe der Münzen.

Der Leiter des Zentralbereichs Bargeld der Deutschen Bundesbank, Stefan Hardt, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Obwohl Italien aktuell plant, 1- und 2-Cent-Münzen nicht mehr in Umlauf zu geben, sind die Kleinmünzen in vielen Ländern bei der Bevölkerung weiterhin beliebt.“ Der Umlauf des Kleingeldes steigt, obwohl Belgien, Finnland, Irland und die Niederlande bereits Rundungsregeln für den nationalen Bargeldverkehr eingeführt haben.

„Die Münzen werden zum Beispiel in Gläsern oder anderen Behältnissen gelagert oder gehen anderweitig verloren“, erläuterte Hardt. Daher müssten 1- und 2-Cent-Stücke ständig nachgeprägt werden – „wodurch deren Umlauf rechnerisch kontinuierlich steigt“.

Die Vorstöße, welche auf eine Einschränkung oder Abschaffung des Bargeld-Gebrauchs abzielen, haben sich in den vergangenen Jahren gehäuft. Beispielsweise hatte die EU-Kommission vergangenes Jahr beschlossen, den 500-Euro-Schein abzuschaffen. Meist werden diese Restriktionen mit dem Kampf gegen Schwarzarbeit, Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung begründet. Dies erscheint zwar plausibel. Wahrscheinlich ist aber, dass die Forderungen nach einer Digitalisierung des Geldes noch andere Gründe haben. In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, dass Bargeld die einzige Möglichkeit der Bürger darstellt, ihre Ersparnisse vor dem Zugriff der Staaten und Banken und etwaiger Sonderabgaben oder Vermögenssteuern zu schützen. Zudem erlaubt es Bargeld, anonym zu bezahlen.

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