Berlin ist Deutschlands Hochburg der Kleingärtner. Mehr als 70.000 Parzellen gibt es hier. Dem Berliner SPD-Politiker Daniel Buchholz zufolge befinden sich die Parzellen auf einer Fläche von 3.000 Hektar.
Doch in Zeiten der Wohnungsknappheit geraten relativ unbebaute Flächen wie Schrebergärten in Großstädten immer wieder in den Fokus von Immobilien-Investoren. “Die Verdrängungsdiskussion gibt es in allen Metropolen mit wachsender Bevölkerung, etwa auch in München, Köln, Hamburg und Frankfurt am Main”, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde, Stefan Grundei. Dem Immobilienentwickler Arne Piepgras zufolge könnten auf 3.000 Hektar insgesamt 400.000 neue Wohnungen entstehen, berichtet der Tagesspiegel.
Aus Grundeis Sicht müssen Kleingärtner künftig nicht nur offen, sondern auch kompromissbereit sein, was ihre Flächen angeht. Wenn der Baukammer Berlin zufolge ein Fünftel der Kleingärten bebaut wird, also etwa 580 Hektar, könnten 200.000 Wohnungen mit je 46 Quadratmetern Wohnfläche entstehen. Dann würden immer noch 80 Prozent als Grünland erhalten bleibe.
Ralf Ruhnau, Präsident der Baukammer Berlin, sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten:
“Wir wollen eine begrenzte Fläche optional nutzen, um Wohnungen zu bauen. Das ist lediglich eine Option, die wir konstruktiv ins Gespräch bringen wollten. Es sollte keine Tabus und Denkverbote geben, wenn es darum geht, Optionen in Betracht zu ziehen. Wir sprechen alle verfügbaren und erreichbaren Flächen an, Lückenbebauungen, Dachgeschoßausbauten, Bebauung von Brachflächen sowie die Option die Landesentwicklung Berlin/Brandenburg zu planen ebenso wie auch Kleingartenflächen. Schließlich geht es darum, die Lasten in Berlin gleichmäßig zu verteilen. Wenn ein Kleingarten an der Straße liegt und ein größeres Problem lösen kann, sollte diese Fläche in Betracht gezogen werden, zumal derartige Flächen kostengünstig bebaut werden können. Es geht hier nicht um die Minimierung von Grünflächen. Die Baukammer setzt sich seit Langem auch gezielt für den Erhalt von Grünflächen ein und steht dafür, Probleme vernünftig und unter dem Gesichtspunkt des Machbaren zu betrachten. Wenn die Politik Bauflächen bereitstellen würde, würden wir die Flächen einiger Kleingärten nicht brauchen. Dann wären wir und die Bürger, die auf neue Wohnflächen angewiesen sind, zufrieden. Es sollten Argumente geliefert werden, anstatt Emotionen zu schüren.”
Grundei plädiert für eine “intelligente Nutzung” der Gegebenheiten. “Eine Lösung wäre zum Beispiel, die Größe der Parzellen zu reduzieren und somit mehr Gärten auf der gleichen Fläche zu schaffen.” Dann wäre es aus seiner Sicht auch möglich, in Ausnahmefällen Teile von Kleingartenflächen für wichtige Infrastrukturprojekte abzutreten. Insgesamt müsse die Zahl der Parzellen aber gehalten werden, betont er - notfalls auch auf Ersatzflächen. In Hamburg sei das Modell der Nachverdichtung bereits sehr erfolgreich.
Auch die Präsidentin der Architektenkammer Berlin, Christine Edmaier, plädiert für Verhandlungen und Kompromisse. Sie hat zum Beispiel die an Straßen liegenden Flächen im Blick. “An einigen bestehenden Kleingärten in gut erschlossenen Gebieten könnte man doch zumindest am Rand entlang der Straßen bauen. Da braucht man kein neues Bauland zu erschließen”, so Edmaier.
Auf eine Nachfrage des Berliner Abgeordneten der Grünen, Dr. Turgut Altuğ, wie der Senat die Kleingärten schützen wolle, antwortete im November 2018 die Senatorin Regina Günther (Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz): “Die Berliner Kleingärten sind für uns ein sehr elementarer Bestandteil des Berliner Stadtgrüns. Den Menschen sind ihre Kleingärten ans Herz gewachsen. Für sie ist es für die Lebensqualität, aber nicht nur für diese, sondern auch für die ganze Stadtgesellschaft, wichtig. Insofern müssen wir schauen – wir wissen, dass wir eine steigende Flächenkonkurrenz gerade in der wachsenden Stadt haben –, wie wir dieses Grün schützen (...) Wir haben uns darauf verständigt, dass auch in den bislang ungesicherten landeseigenen Kleingartenflächen bis 2030 keine für den Wohnungsbau in Anspruch genommen werden, sondern dass nur Kleingärten in Anspruch genommen werden, die für soziale oder verkehrliche Projekte gelten sollen. Teilweise sollen auch für diese Flächen Ausgleichsflächen gefunden werden", wie aus dem Plenarprotokoll des Abgeordnetenhauses Berlin vom 15. November 2018 hervorgeht.