Die Finanzindustrie macht bei den Verhandlungen um die Finanztransaktionssteuer in Brüssel ihren Einfluss geltend. Derzeit werden Änderungen am Gesetzesentwurf der EU-Kommission diskutiert, die die geplante Abgabe stark abschwächen sollen – zugunsten der Banken.
Die Einnahmen für die elf an der Steuer beteiligten Staaten könnten demnach wesentlich geringer ausfallen als gedacht, berichtet Reuters. „Die ganze Sache wird sich ziemlich ändern müssen, die Steuer wird in der jetzigen Form nicht überleben“, zitiert die Nachrichtenagentur einen Insider. Für Deutschland würde die nun diskutierte Vorlage eine Senkung der prognostizierten Einnahmen von zehn auf nur mehr eine Milliarde Euro bedeuten.
Es würde überlegt, bestimmte Finanzprodukte ganz von der Steuer auszunehmen und großzügige Übergangsfristen zu fixieren. „Man kann ja sagen, wir führen das stufenweise ein mit dem niedrigeren Steuersatz und erhöhen ihn dann, oder wir fangen mit einigen Produkten an“, zitiert Reuters seine Quelle in Brüssel. Ausgenommen werden könnten zum Beispiel sogenannte Wertpapierpensionsgeschäfte (Repos), mit denen sich Banken untereinander kurzfristig finanzieren. Über eine Freistellung von Altersvorsorge-Produkte wird ebenfalls debattiert. Das könnte verhindern, dass Rentner von der Abgabe getroffen würden.
Dass die geplante Finanztransaktionssteuer nicht den erhofften Beitrag der Finanz-Industrie an den Krisen-Kosten bringen wird, war schon länger klar. Die Belastungen werden, sollte die Steuer kommen, an die Kunden weitergegeben werden. Da dies langsam auch einer breiteren Öffentlichkeit dämmert, hat es Finanzminister Wolfgang Schäuble mit dem Vorhaben nicht mehr besonders eilig. Vergangene Woche hatte der Finanzminister Baden-Württembergs, Nils Schmid (SPD), in einem Brief an Schäuble vor negativen Folgen der Börsen-Steuer für den Interbankenmarkt gewarnt. Grundsätzlich solle zwar an der Finanztransaktionssteuer festgehalten werden, aber die Bundesregierung werde das Thema mit großer Gründlichkeit und Vorsicht behandeln, sagte daraufhin ein Sprecher Schäubles am Montag (hier).
Der angestrebte Einführungs-Termin kann damit nicht mehr gehalten werden. Anfang 2014 sollte die Börsensteuer kommen. Die EU-Kommission kalkulierte bisher mit 30 bis 35 Milliarden Steuereinnahmen, wovon allein zehn Milliarden Euro auf Deutschland fallen sollten. Der Entwurf sah vor, Abschläge von 0,1 Prozent auf Aktien- und Anleihen-Geschäfte und von 0,01 Prozent auf Derivategeschäfte zu erheben. Da substantielle Verhandlungen aber erst nach der deutschen Bundestagswahl abgeschlossen werden dürften, ist mit einer Einführung nun frühestens Mitte 2014 zu rechnen, so Reuters.
Würde die Finanztransaktionssteuer in einer konsequenten Form umgesetzt, kämen Belastungen in Milliardenhöhe auf die Banken zu. So deutet aber alles auf eine schrittweise Demontage der Abgaben-Pläne hin.
Mit dem Ende der Börsensteuer verlieren die Euro-Staaten wichtige Zusatz-Einnahmen.
Allerdings können die Schulden-Staaten ohnehin nur noch zwischen zwei Übeln wählen: Entweder sie erheben die Steuer, dann müssen sie die Banken wegen des Too-Big-To-Fail-Geschäftsmodells mit Steuergeldern retten. Oder sie erhöhen sie nicht, dann fehlen ihnen virtuelle Einnahmen.
Nach dem Ende des Fiskalpakts (hier) ist das Aus für die Börsensteuer eigentlich eine logische Konsequenz.
Ein Phantom wird beerdigt.
Viel mehr war die Steuer ohnehin nie.