Deutschland

400 Milliarden Euro für Staatsanleihen: Monti will den EFSF plündern

Beim G 20 Gipfel hat der italienische Premier vorgeschlagen, die noch im EFSF lagernden 400 Milliarden Euro einfach zum Kauf von italienischen und spanischen Bonds zu kaufen. Angela Merkel dementierte lauwarm, Francois Hollande gab sich entrüstet über die Unverschämtheit der Märkte. Statt Lösungen gab es Streit, während die Schuldenuhr unerbittlich weitertickt.
20.06.2012 01:25
Lesezeit: 2 min

Angesichts der immer höheren Zinsen für italienische und spanische Staatsanleihen (hier) hat der Goldman Sachs Politik-Berater italienische Premier Mario Monti vorgeschlagen, man möge doch zur Linderung der Not das Sparbuch der Oma plündern die Mittel des europäischen Rettungsschirms EFSF zum Kauf von italienischen und spanischen Bonds verwenden. Dies ist rechtlich möglich. Dass dies jedoch konkret beim G 20 Gipfel in Los Cabos (Mexiko) beschlossen worden sei, wurde von Bundeskanzlerin Angela Merkel umgehend hart dementiert. Bei genauerer Betrachtung ist das Dementi jedoch weich wie ein Pfirsich aus der Uckermark: Es hatte nämlich niemand behauptet, dass dies beschlossen worden sei.

Stattdessen sagten mehrere Vertreter, die von ihren Chefs gebrieft worden waren, dass Angela Merkel in Gesprächen am Rande des Gipfels den Eindruck erweckt habe, sie sei „willig, mehr zu tun“ als bisher. Auch der britische Finanzminister Osborne sagte, er sehe, dass die Nordeuropäer immer mehr Bereitschaft zeigten, den Südeuropäern und den Banken zu helfen. Die Briten zahlen keinen müden Cent in die Rettungsfonds, weshalb originelle Wortspenden gewissermaßen ihr Beitrag zu Euro-Rettung sind.

Aber auch ein Vertreter der EU glaubt, ein Einknicken der störrischen Deutschen beobachtet zu haben. Die EU hat allerdings ihre eigene Agenda. Kommissions-Präsident Jose Manuel Barroso war nämlich mit dem nicht besonders originellen Vorschlag aufgetreten, die Euro-Zone solle Euro-Bonds herausgeben. Dies findet im Moment allerdings nicht die Zustimmung der Deutschen, was man auch schon vor dem Gipfel wusste.

Weil aber bei den Südeuropäern die Hütte brennt, wird nun verzweifelt nach raschen Lösungen gesucht, die keine Vertragsänderungen verursachen und daher nicht von irgendwelchen Parlamenten abgesegnet werden müssen. Der Griff in die Kasse Rückgriff auf den EFSF ist daher ein naheliegender Vorschlag. Dass Monti diesen gemacht hat, zeigt, dass Spanien und Italien große Angst vor der nächsten Auktion am Donnerstag haben, wo die Staaten wieder mehrere neue Anleihen an den Mann bringen wollen.

Der französische Präsident Francois Hollande sieht das Thema eher aus der Perspektive des Sonnenkönigs: Er gab sich entrüstet, und sagte, es sei geradezu unverschämt vom Pöbel von den Märkten, dass die Spanier höhere Zinsen zahlen müssten – wo die EU doch ein solch glänzendes Bankenrettungs-Paket auf den Tisch gelegt habe.

Während die G 20 die großen Linien der europäischen Politik vorgaben (man fragt sich eigentlich, warum die G 20 dafür zuständig sind und ob es nicht vielleicht angebracht wäre, wenn die Bürger Europas da ein wenig einbezogen würden), begannen die Bürokraten in Brüssel zerknirscht, das ruhmreiche Paket zum spanischen Banken-Bailout wieder aufzuschnüren (Details dazu hier). Denn nach dem Desaster bei den spanischen Zinsen haben die Brüsseler eingesehen, dass der Pöbel in diesem Fall das Sagen hat – und zwar in einer unangenehm altmodischen Weise: Denn die Investoren haben das Geld, dass die Staaten brauchen, und verfahren nach dem Motto: Wer zahlt schafft an. Oder aber er steigt aus. Das möchten die Europäer dann aber doch nicht so gerne.

So bleibt die Forderung aus dem Statement der G 20, man wolle die unselige Verquickung zwischen Banken und Staaten lösen, ein frommer Wunsch. Bis dahin können sich die europäischen Quartalsschuldner schon mal mit dem neuen europäischen Nachkriegsmotto anfreunden, das da lautet: „Ich bin ein Grieche!“ Erst, wenn all die Schulden abgetragen sind, werden politische Willenserklärungen wieder relevant sein. Im Moment sind alle Deklarationen nichts anderes als Rituale einer Politik, die mit ihrer Verantwortungslosigkeit die Völker Europas in die Geiselhaft der Märkte getrieben hat.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche fordert den Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland
09.05.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche setzt auf einen schnellen Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland. Die Gründe dafür...

DWN
Politik
Politik Putins Parade: Moskau feiert "Tag des Sieges" – Europas Spaltung auf dem Roten Platz sichtbar
09.05.2025

Während Putin mit Pomp den „Tag des Sieges“ feiert, marschieren zwei europäische Regierungschefs an seiner Seite – trotz Warnungen...

DWN
Panorama
Panorama Der stille Anti-Trump? Internationale Reaktionen auf Papst Leo XIV.
09.05.2025

Mit der Wahl von Robert Francis Prevost zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche übernimmt erstmals ein Amerikaner das Papstamt. Welche...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie nach Dividendenabschlag im Minus – Chance für Anleger?
09.05.2025

Die Allianz-Aktie zählt 2025 zu den Top-Performern im DAX – doch am Freitagmorgen sorgt ein deutlicher Kursrückgang für Stirnrunzeln...