Finanzen

„Kein Krisenjahr“: DZ Bank überrascht mit positiver Konjunktur-Prognose fürs Jahr 2020

"Keine Panik", schreibt die Research-Abteilung der DZ Bank und legt einen durchaus optimistischen Konjunktur-Ausblick für das Jahr 2020 vor. Allerdings seien die Zentralbanken am Ende ihrer Möglichkeiten angekommen, nun müssten die Staaten kräftig investieren.
20.11.2019 15:00
Lesezeit: 4 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Keine Panik: Auch 2020 wird kein Krisenjahr. Doch die Risiken für die Weltwirtschaft bleiben hoch. Der Euro-Raum spürt den außenwirtschaftlichen Gegenwind und kämpft – ebenso wie Deutschland – mit strukturellen Problemen, die auch die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrer ultra-expansiven Geldpolitik nicht lösen kann. Die Aktienkurse sind auf Rekordhoch, haben aber bereits viel von den positiven Erwartungen für das nächste Jahr vorweggenommen. Das DZ Bank-Research erwartet für den Dax bis Ende 2020 ein Niveau von 13.200 Punkten.

Die globale Konjunktur verliert derzeit an Schwung, doch die Sorgen vor einer Rezession sind überzogen. Nach einer Einschätzung der DZ Bank-Volkswirte wird die Weltwirtschaft im Jahr 2020 stabil um 2,9 Prozent wachsen (Prognose für 2018: 2,8 Prozent), und im Sommer sogar einen leichten Aufschwung verzeichnen. Optimistisch stimmt, dass sich die USA und China im Handelskonflikt anzunähern scheinen und der Brexit abermals aufgeschoben wurde. Dennoch belasten sowohl diese Unsicherheiten als auch protektionistische Tendenzen das Wirtschaftsklima. So bleiben drei Viertel aller Importe aus China mit US-Strafzöllen belegt. In der Folge ist das Wachstum in China im dritten Quartal 2019 mit 6,0 Prozent auf ein 27-Jahres-Tief gesunken. 2020 wächst die Wirtschaft der Volksrepublik voraussichtlich nur um 5,9 Prozent.

In den USA zeichnet sich ein Plus des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 2,3 Prozent in diesem Jahr (2,9 Prozent im Vorjahr) und von 1,9 Prozent im Jahr 2020 ab. Vor allem der Handelskonflikt lastet sichtbar auf den Industrie-Betrieben. Die US-Verbraucher blieben von negativen Zolleffekten bislang verschont, die weitestgehend die Importeure getragen und nicht an die Konsumenten weitergegeben haben. Trotz der außenwirtschaftlichen Herausforderungen sind EU-Wachstumsraten von 1,2 Prozent im Jahr 2019 (1,9 Prozent im Vorjahr) und 0,9 Prozent im Jahr 2020 zu erwarten. Ein wichtiges Gegengewicht für die Schwäche des europäischen Exportsektors ist die stabile Binnennachfrage, die – auch 2020 – durch den robusten Arbeitsmarkt sowie die allmählich anziehenden Löhne gestützt wird. Der anhaltende Bauboom stabilisiert die Investitionstätigkeit zusätzlich.

Deutschland: Industriefokus wird zur Hypothek – Innovation braucht Freiräume

Die Bundesrepublik hinkt mit einem Wachstum von niedrigen 0,6 Prozent in diesem und 1,0 Prozent im nächsten Jahr der weltweiten Wirtschaftsentwicklung hinterher. Die robuste Konjunktur bei Dienstleistungen und in der Bauwirtschaft kann die Schwäche der heimischen Industrie, der ihre Export-Orientierung zu schaffen macht, etwas abfedern. Positive Impulse setzen weiterhin die privaten Konsumausgaben, die durch hohe Beschäftigung und steigende Einkommen begünstigt werden. Die DZ Bank-Volkswirte zeigen sich daher zuversichtlich, dass die Konjunkturflaute nur vorübergehend sein wird. „Die Industrie war jahrelang das Zugpferd der deutschen Wirtschaft – jetzt wird die Exportausrichtung zur Belastungsprobe. Um dieses strukturelle Problem zu lösen und wettbewerbsfähig zu bleiben, braucht Deutschland eine zukunftsfähige Industrie-Strategie und gezielte Investitionen“, sagt DZ Bank-Chefvolkswirt Stefan Bielmeier. Wichtig sei eine Strategie, die strukturellen Herausforderungen wie der Energiewende und der Digitalisierung gerecht wird, indem sie technologieoffen Infrastruktur sowie Forschung und Entwicklung fördere. „Politik sollte nicht Zukunftsthemen auf dem Reißbrett festlegen. Den richtigen Rahmen mit der nötigen Freiheit zu bieten, muss Priorität haben, um das Wachstum in Deutschland zu sichern.“

Geldpolitik: Mittel der Zentralbanken sind erschöpft – Politik muss Impulse setzen

Vom EZB-Inflationsziel von knapp unter 2,0 Prozent bleibt die Eurozone auch in den kommenden fünf Jahren entfernt. Der nur sehr moderat zunehmenden Inflation im EZB-Gebiet von 1,2 Prozent im Jahr 2019 und von 1,3 Prozent im Jahr 2020 liegen vielmehr strukturelle Ursachen zugrunde: eine schwache Lohnentwicklung sowie niedrige Energiepreise.

Bei der US-Notenbank "Federal Reserve" ist 2020 mit weiteren Zinssenkungen zu rechnen. Für die USA erwarten die Research-Experten einen Anstieg der Verbraucherpreise um 1,8 Prozent in diesem und 2,0 Prozent im kommenden Jahr. Angesichts einer leicht abkühlenden US-Konjunktur dürften die Währungshüter der Fed die Zügel ihrer Zinspolitik im kommenden Jahr erneut lockern. „Die Mittel der Notenbanken sind zunehmend erschöpft. Es liegt nun an den Regierungen, Impulse zu setzen“, gibt Stefan Bielmeier zu bedenken. „Investitionen, die eine positive Rendite haben – auch für das Gemeinwohl –, sind ebenso gefragt wie der Abbau von Bürokratie, um die Grundlage für den Wohlstand künftiger Generationen zu schaffen.“

Aktienmärkte: USA und Europa langfristig erfolgversprechend

Die Aktienkurse zeigen sich von den schwachen Wirtschaftsdaten unbeeindruckt und gehen typischerweise zum Jahresende 2019 auf Rekordjagd. Momentan leben die Märkte von ihrer optimistischen Erwartung. Auch die lockere Geldpolitik befeuert die Kurse. In den USA schwächt sich das Gewinnwachstum zwar ab, doch die Bewertung ist nach den Kursgewinnen 2019 wieder gestiegen – „drinbleiben“, rät Chef-Anlagestratege Christian Kahler.

Der Aufschwung an den Aktienmärkten weltweit wird sich seiner Meinung nach bis ins Jahr 2020 hinein fortsetzen, weil unverändert Anlage-Notstand vorherrscht. Anleger sollten jedoch keine Rekordpreise für Aktien zahlen, nur um dabei zu sein. In Deutschland kämpfen viele der Dax-Unternehmen mit haus- oder branchenspezifischen Problemen. Diese sowie die politischen Risiken belasten die Gewinne der Unternehmen. Der Dax läuft auf Jahressicht seitwärts, das jedoch volatil schwankend. Zur Jahresmitte 2020 erreicht der Dax 13.000 Punkte (Euro Stoxx 50: 3.650 Punkte). Für das Jahresende 2020 erwarten die Anlage-Strategen ein Niveau von 13.200 Punkten (Euro Stoxx 50: 3.700 Punkte). Daher sei ein genereller Einstieg mit hohem Kapitaleinsatz zum jetzigen Zeitpunkt nicht ratsam.

In Europa wachsen die Unternehmensgewinne solider als beim zyklischen Dax und Anlegern winkt eine attraktive „Stilhalteprämie“ in Form von Dividenden. Anlegern empfiehlt Kahler daher: „Auf Dividendentitel setzen, die Volatilität nutzen und bei Rückschlägen kaufen.“ Eine klare Unterscheidung, ob US- oder europäische Aktien 2020 empfehlenswert sind, macht Kahler nicht. Für ihn ist es wichtiger, auf die Zukunftsaussichten, das Management und die Bewertung der Unternehmen zu schauen, als auf den juristischen Sitz der Gesellschaft. Insgesamt erhöht das Niedrigzinsumfeld die Nachfrage nach riskanteren Assetklassen. Solange die Kapitalmarktzinsen sehr niedrig bleiben, bleiben Anlage-Risiken jedoch verdeckt.

Wesentliche Prognosen des DZ Bank-Research 2020:

BIP-Wachstum Deutschland: 1,0 Prozent

BIP-Wachstum EWU: 0,9 Prozent

Inflation Deutschland: 1,4 Prozent

Inflation Eurozone: 1,3 Prozent

Rohöl: 55 Dollar pro Barrel (Brent)

Gold: 1.600 Dollar pro Feinunze

Haupt-Refinanzierungssatz EZB: 0,0 Prozent

Einlagensatz EZB: -0,5 Prozent

Leitzinsen USA: 1,00 Prozent – 1,25 Prozent

Wechselkurs Dollar/ Euro: 1,12

Dax: 13.200 Punkte

Euro Stoxx 50: 3.700 Punkte

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Siton Mining: Mining mit BTC, XRP und DOGE.Verdienen Sie 8.600 $ pro Tag an passivem Einkommen

Auf dem volatilen Kryptowährungsmarkt ist die Frage, wie sich die täglichen Renditen digitaler Währungen maximieren lassen, anstatt sie...

DWN
Finanzen
Finanzen Topmanager erwarten Trendwende bei Börsengängen
17.09.2025

Nach Jahren der Flaute sehen Topmanager eine Trendwende am Markt für Börsengänge. Warum Klarna den Wendepunkt markieren könnte und was...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Solar-Krise: Solarfirma Meyer Burger schließt Standorte - 600 Beschäftigten gekündigt
17.09.2025

Rettung geplatzt: Warum auch Investoren keinen Ausweg für den insolventen Solarmodul-Hersteller Meyer Burger sehen und was jetzt mit den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinesische Waren: Europas Industrie gerät zunehmend unter Druck
17.09.2025

Chinesische Waren fluten Europa. Subventionen aus Peking drücken Preise, während Europas Industrie ins Hintertreffen gerät. Deutschland...

DWN
Politik
Politik AfD stärkste Kraft: AfD zieht in YouGov-Umfrage erstmals an der Union vorbei
17.09.2025

Die AfD zieht in der Sonntagsfrage an der Union vorbei – für die SPD geht es minimal aufwärts. Eine Partei, die bislang nicht im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft TOP10 Biotech-Unternehmen: Was Anleger jetzt wissen müssen
17.09.2025

Biotech-Unternehmen dominieren mit GLP-1 und Onkologie – doch Zölle, Patente und Studienerfolge entscheiden über Renditen. Wer jetzt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Halbleiterstandort Sachsen: Ansiedlung von TSMC - Silicon Saxony rechnet mit 100.000 neuen Jobs
17.09.2025

Sachsen ist Europas größter Mikroelektronik-Standort mit rund 3.600 Unternehmen und rund 83.000 Mitarbeitern. Auf der Halbleitermesse...

DWN
Politik
Politik Haushaltsdebatte im Bundestag: Erst Schlagabtausch, dann Bratwürste für den Koalitionsfrieden
17.09.2025

Merz gegen Weidel: Zum zweiten Mal treten die beiden in einer Generaldebatte gegeneinander an. Weidel wirft Merz „Symbolpolitik“ und...

DWN
Finanzen
Finanzen Berliner Testament: Ungünstige Nebenwirkungen bei größeren Vermögen – und was sonst zu beachten ist
17.09.2025

Das Berliner Testament ist in Deutschland sehr beliebt, denn es sichert den überlebenden Ehepartner ab. Allerdings hat es auch eine Reihe...