Politik

Corona: Das Meisterstück der Massen-Manipulation

Lesezeit: 6 min
04.04.2020 08:02
Mit ihrem Appell, das Corona-Virus müsse unter allen Umständen bekämpft werden, appelliert die Politik an die Urängste der Menschen. Es handelt sich dabei um die reinste Massen-Manipulation, schreibt DWN-Kolumnist Ronald Barazon, und fragt: Sind die Folgen der Corona-Bekämpfung schlimmer als das Virus selbst?
Corona: Das Meisterstück der Massen-Manipulation
Normalerweise zieht die Kirschbaum-Blüte in der Breiten Strasse in Bonn zahlreiche Besucher an. Zur Eindämmung des Coronavirus sind allerdings alle öffentlichen Ansammlungen ab drei Personen verboten - dementsprechend verwaist präsentiert sich die Straße jetzt. (Foto: dpa)

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Die Parole, das Corona-Virus gefährde ausnahmslos jeden Menschen und das zu jeder Zeit und überall, ist das ultimative Meisterstück der politischen Manipulation. Die Botschaft spricht die im Laufe von Jahrmillionen gewachsene Ur-Angst der Menschen an – und stellt damit sicher, dass sie rationalen Gegenargumenten kaum noch zugänglich sind. Dabei wäre es völlig angebracht, der Darstellung des Corona-Virus als Gefahr für das Fortbestehen unserer Gesellschaft mit Skepsis gegenüber zu stehen, doch das geschickte Spiel mit der Ur-Angst sabotiert jede rationale Überlegung. Die Manipulatoren haben es geschafft, dass sich die Menschen im Krieg wähnen, und zwar nicht gegen einen realen, sondern einen nicht sichtbaren, nicht fassbaren Gegner. Wir Menschen befinden sich also jetzt im Zustand der reinen Angst, nicht der Angst vor etwas, sondern der Angst an sich, die bis zu einem gewissen Grad ohnehin ein ständiger Begleiter aller Menschen ist, aber dieser Tage ein kaum je gesehenes Ausmaß erreicht.

Eine Gelegenheit, die Demokratie und die Menschenrechte zu beseitigen

Es mag Politiker geben, die die Katastrophen-Botschaft selbst glauben. Besonders auffällig ist aber das Verhalten der Möchte-Gerne-Diktatoren. Von Putin bis Trump kamen zuerst Erklärungen, die das Virus bagatellisierten und die Abwehrmaßnahmen lächerlich machten. Dann wurde plötzlich die Chance erkannt, die Demokratie und die Menschenrechte auszuschalten und dies noch mit der präsidialen Sorge um die Gesundheit der Menschen zu begründen.

Man ist versucht, an die Nicht-Diktatoren zu appellieren, dass wenigstens diese an das Thema mit Augenmaß herangehen. Derzeit wird der Eindruck erweckt, es gäbe nur das Corona-Problem; andere Krankheiten werden überhaupt nicht mehr zur Kenntnis genommen, an und für sich notwendige Operationen und Behandlungen finden nicht mehr statt. Nicht zur Kenntnis genommen wird außerdem, dass der allgemeine Stillstand in allen Bereichen Verwerfungen und Katastrophen auslöst, die Menschen existenziell gefährden und mindestens so dramatisch sind wie die Gefahr der Ansteckung durch das neue Virus. Die politische Verantwortung, die Ethik würde doch eine differenzierte Vorgangsweise gebieten, sollte man meinen.

Wenn Politik auf einen Knalleffekt reduziert wird, gibt es kein Augenmaß

Ein derartiger Appell verhallt jedoch ohne Echo, weil er der derzeitigen Form von Politik widerspricht:

  • Es geht derzeit vor allem um das kurze, simplifizierte, aber gerade deshalb so wirksame Schlagwort in einer TV-Nachrichtensendung,
  • um den wirkungsvollen „Tweet“, den man über das Internet verbreitet,
  • um eine laut geschriene Parole in einer Wahlversammlung.
  • Alle diese Parolen müssen nach den aktuell verfolgten Prinzipien politischer Propaganda einfach und leicht merkbar sein.
  • Und dafür eignen sich die geheimnisvoll klingenden Wörter „Corona“ sowie „Covid-19“ ideal.

Die vielfach betriebene Schlagwort-Politik ist nicht zufällig entstanden. Sie verdeckt in zahllosen Bereichen die Unfähigkeit, die konkreten Probleme zu lösen. Dieses Muster zeigt sich auch bei der Begründung für den Shutdown des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens, wie er in fast ganz Europa und vielen anderen Teilen der Welt praktiziert wird.

  • Man fürchtet, dass durch eine Ausbreitung der Epidemie die Krankenhäuser mit der Versorgung überfordert sein könnten,
  • dass man zu wenige Ärzte, nicht genügend Intensivstationen, nicht ausreichend Schutzmasken und Schutzanzüge usw. zur Verfügung haben könnte.
  • Daher: Wenn alle zu Hause bleiben, wird es weniger Ansteckungen geben und es nicht zu einer Überlastung des Gesundheitswesens kommen.
  • So einfach, so selbstverständlich, alles in einem Tweet unterzubringen. Warum soll man sich mit der – in Wahrheit natürlich viele komplizierteren und komplexeren – Realität quälen?

Man versetzt die gesamte Bevölkerung in Angst und Schrecken. Warum?

Das neue Corona-Virus ist für die meisten Menschen, insbesondere für die Jüngeren, weitestgehend ungefährlich. Fast jeder, fast jede trägt eine Vielzahl von Viren in sich, doch wird der Körper mit der Bedrohung fertig. Was das Covid-19 angeht: Entweder bricht die Krankheit gar nicht aus oder sie führt zu einer Grippe, die, wie alle Grippen, nach maximal zwei Wochen überstanden ist. Eine Grippe, so unangenehm sie ist, hat auch den positiven Effekt, dass der Körper zumindest für einige Jahre gegen das betreffende Virus immun ist. Es gibt also keinen Grund, die gesamte Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen und zu isolieren.

Tatsächlich gefährdet sind ältere Personen, die bereits krank sind, also vor allem Lungen-, Diabetes- und Krebskranke. Die Daten seit Beginn des Jahres zeigen, dass fast ausschließlich kranke Personen im Alter von 80 Jahren und mehr gestorben sind. Das neue Virus kam zu den bestehenden Krankheiten erschwerend hinzu. Somit ist schon das Argument, man müsse wegen des neuen Virus eine Überforderung des Gesundheitswesens befürchten, zu hinterfragen: Chronisch kranke 80jährige müssen jedenfalls behandelt werden, nehmen also auch ohne das neue Virus das Gesundheitswesen in Anspruch. Allerdings wäre die aktuelle Situation ein guter Anlass für die öffentlichen und privaten Geldgeber, die Budgets der Spitäler aufzustocken, damit Versorgungslücken beseitigt werden.

Den gefährdeten Älteren wird brutal eine totale Isolation verordnet

Die aktuell einzig wirklich wichtige Maßnahme ist der Schutz der Älteren, doch auch in dieser Frage kennt die Politik nur ein höchst problematisches Rezept. Die Älteren werden isoliert, Kontakte mit Verwandten und Freunden sind sowohl zuhause als auch im Krankenhaus untersagt, um Infektionen zu vermeiden. Was allerdings eine derartige Vereinsamung für diese Menschen bedeutet, welche Auswirkungen auf die Lebensfreude und somit auf die Gesundheit folgen, scheint niemanden zu interessieren. Oder eher: Darauf weiß man keine Antwort. Warum gibt es für Besuche bei den Älteren keine Hygiene-Mäntel, Plastik-Schuhüberzüge und tatsächlich wirksame Gesichtsmasken? Menschengerechte Quarantäne-Maßnahmen sollten doch umsetzbar sein, oder etwa nein?

Die Gesundheitspolitik versagt: Wir werden älter, aber nicht gesund älter

Doch diese Ansätze, so wichtig sie auch sind, gehen am eigentlichen Thema vorbei. Tatsache ist, dass wir als Einwohner Europas im 21. Jahrhundert das Glück haben, mit wenigen Ausnahmen alt und häufig sogar sehr alt zu werden. Dieser erfreuliche Umstand hat nur einen großen Haken – wir werden nicht alle gesund älter. Mit zunehmendem Alter steigen die Zahl und die Schwere der Erkrankungen. Die große Herausforderung besteht nun in der Schaffung von Bedingungen, die ein gesundes Altern ermöglichen. In diesem Bereich haben die Politiker versagt (genaugenommen nicht nur die Politiker, sondern auch viele Verantwortungsträger in Wirtschaft und Gesellschaft). Für die Politiker bietet sich jetzt die Bekämpfung des neuen Corona-Virus als willkommene Alibi-Aktion an, die durch die Schließung fast aller Geschäfte, der Theater, Kinos, Bars, Restaurants und Hotels und anderer Plätze spektakulär demonstriert, wie eifrig man doch eigentlich ist, und dass man in der Gesundheitspolitik die Zügel in der Hand hält und alles Menschenmögliche unternimmt.

Das Corona-Virus macht die Versäumnisse der Gesundheitspolitik jedoch offenbar:

  • Die tödliche Wirkung des Virus erfolgt vor allem bei älteren Diabetes-Kranken. Wen interessieren derzeit die Diabetes-Kranken, in Deutschland sind es derzeit vier Millionen, weitere zwei Millionen dürften die Krankheit schon haben, doch ist sie bei ihnen noch nicht ausgebrochen. Wo war oder ist die Politik bei der umfassenden und wirksamen Bekämpfung des übertriebenen Zuckerkonsums? Wo bleibt die Order: Ein Meter Abstand von den vor Zucker strotzenden „Erfrischungsgetränken“?
  • Besonders durch das neue Corona-Virus gefährdet sind Lungen-Kranke. Doch vom derzeitigen allgemeinen Schließen der Geschäfte sind die Tabakläden ausgenommen. Offenbar sollen Lungenkrebs und COPD sich ungehindert ausbreiten können. Besonders in der Isolation, in der die Nerven blank liegen, wird eifrig zur Zigarette gegriffen. Seit Jahren feiert man eine wirkungslose Anti-Rauchen-Kampagne nach der anderen.
  • In Deutschland kommen jährlich zwei Millionen Herzkranke in die Spitäler. Es sterben jetzt weniger als früher durch die Kunst der Ärzte, aber eine mit der jetzigen Corona-Aktion vergleichbare Kampagne für mehr gesundes Essen und mehr Fitness gab es nie. Im Moment sind sogar die Fitness-Studios gesperrt, sodass die Kondition derjenigen, die tatsächlich trainieren, leidet.

Glaubt jemand, dass eine Wirtschaftskrise keine gesundheitlichen Folgen hat?

Seit dem weltweit betriebenen Shutdown ist innerhalb von wenigen Tagen die Wirtschaft zusammengebrochen und die Zahl der Arbeitslosen explodiert (nicht wirklich erstaunlich, oder?). Zur Rechtfertigung erschallt von Seiten der Politik folgender Schlachtruf: Die Gesundheit ist wichtiger, wir müssen alle Opfer bringen.

Ich frage: Hat denn die wirtschaftliche Lage keine Auswirkung auf die Gesundheit? Wie fühlen sich denn Verzweifelte, die kein Geld haben, um das Essen für die Familie zu bezahlen? Wie gesund sind Unternehmer, die ihr Lebenswerk ruiniert sehen? Die gesundheitliche Widerstandskraft von Angestellten, die gerade ihren Job verloren haben und in der aktuellen Situation auch keine Chance auf eine Alternative haben, ist minimal. Ganz besonders, wenn die Ehepartner gerade das gleiche Schicksal erleiden.

Mit der Parole „zuerst die Gesundheit“ wird unterschwellig und moralisierend gegen die Geldgier, gegen den Mammon, gegen die Reichen zu Felde gezogen. Kleines Missverständnis: Jene, deren Konten fett gefüllt sind, leiden unter der aktuellen Corona-Aktion nicht. Betroffen sind jene, die mit ihren Löhnen, Gehältern oder monatlichen Umsätzen gerade so eben ein ausreichendes Auskommen erzielen und die derzeit keine Einnahmen haben. Nun spielen sich jene, die den allgemeinen Stillstand aus vermeintlicher Sorge um die Gesundheit der Menschen verordnen, als Retter auf. Reichlich wird Fördergeld aus den staatlichen Töpfen verteilt. Das ist in der aktuellen Situation richtig und notwendig. Allerdings müssen diese Aktionen mit neuen Schulden finanziert werden, die, wie schon der bislang angesammelte Schuldenberg, die künftige Entwicklung belasten.

Schlägt das Corona-Virus, das heute behindert wird, im Herbst erst richtig zu?

Kräftig arbeiten soll die Wirtschaft spätestens im Herbst, heißt es allerorts. Doch zu diesem Zeitpunkt lauert die nächste Krise. Grippe-Viren haben die Eigenschaft, in der warmen Jahreszeit kaum präsent zu sein. Erst wieder mit der Kälte-Periode werden sie aktiv und verursachen die jedes Jahr wieder auftretenden Grippe-Wellen. Diese finden zwar in der Öffentlichkeit kaum Beachtung, doch führen sie jährlich weltweit – bereits ohne das neue Corona – zu Millionen Erkrankungen und, je nach Intensität, zu 300.000 bis 650.000 Todesfällen. Personen, die nach einer Grippe wieder gesund sind, erweisen sich für längere Zeit gegen den entsprechenden Virus-Stamm als immun. Durch die aktuelle Aktion gegen das neue Corona-Virus wird eine Erkrankung bei vielen Personen verhindert, die folglich auch nicht immun werden. Somit ist zu befürchten, dass das Virus nach einer Sommerpause im Herbst und im Winter 2020/2021 erneut zuschlagen wird. Verordnet die Politik dann wieder einen totalen Stillstand?

                                                                            ***

Ronald Barazon war viele Jahre Chefredakteur der Salzburger Nachrichten. Er ist einer der angesehensten Wirtschaftsjournalisten in Europa und heute Chefredakteur der Zeitschrift „Der Volkswirt“ sowie Moderator beim ORF.


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