Politik

Schiffe mit Öl aus Venezuela irren auf den Weltmeeren umher

Branchendaten zufolge fahren derzeit Tanker mit vielen Millionen Barrel Erdöl auf den Weltmeeren umher, weil sie nach einem Käufer suchen. Denn sie fürchten die USA.
26.06.2020 16:10
Aktualisiert: 26.06.2020 16:10
Lesezeit: 2 min
Schiffe mit Öl aus Venezuela irren auf den Weltmeeren umher
Öltanker. (Foto: dpa) Foto: Juan Carlos Hernandez

Das "Schwarze Gold" wird zum "Schwarzen Peter": Aus Furcht vor einer Verfolgung durch die US-Behörden wegen möglicher Sanktionsverstöße scheuen Firmen davor zurück, Venezuela Rohöl abzunehmen. Branchendaten zufolge fahren derzeit mindestens 16 Öltanker auf der Suche nach einem Käufer auf den Weltmeeren umher - einige davon seit einem halben Jahr. In ihren Bäuchen lagern 18,1 Millionen Barrel (Fass zu je 159 Liter) Erdöl. Das entspricht in etwa der venezolanischen Fördermenge von zwei Monaten.

Üblicherweise wird dieser Rohstoff erst dann verladen, wenn das Ziel bereits feststeht. Ladungen ohne Abnehmer gelten als Notverkauf und werden meist mit deutlichen Abschlägen angeboten, denn Zeit ist hier im wahrsten Sinne des Wortes Geld. Allein die Liegegebühren für einen Öltanker belaufen sich auf mindestens 30.000 Dollar - pro Tag.

Er versuche seit Januar vergeblich, Käufer für eine Ladung zu finden, sagt ein Manager eines beim staatlichen venezolanischen Ölkonzern PDVSA registrierten Händlers. Für den Tanker seien bereits Liegegebühren für 120 Tage aufgelaufen. In Malaysia warten Daten des Anbieters Refinitiv zufolge sechs Schiffe der Reederei Eurotankers seit Monaten auf ihre Entladung. Das Unternehmen war für einen Kommentar nicht zu erreichen.

Die unter panamaischer Flagge fahrende MT Kelly hat dagegen bereits eine Odyssee hinter sich: Sie stach PDSVA-Unterlagen zufolge im April in Richtung Türkei in See. Kaum im Mittelmeer angekommen, machte sie kehrt und fuhr durch die Straße von Gibraltar zurück in den Atlantik. Dort drehte sie nach Süden ab und fuhr die afrikanische Küste entlang.

Andere Tanker sind mit venezolanischem Öl auf dem Weg nach Malaysia, Singapur, Indonesien oder Togo. Dort werden Schiffe gelegentlich auf hoher See umgeladen, um den Ursprung des Öls zu verschleiern. Refinitiv zufolge sind die fraglichen Tanker zwar noch randvoll befüllt, einige haben aber die Transponder abgeschaltet, mit denen ihre Position verfolgt werden kann.

Furcht vor US-Regierung

In Venezuela herrscht seit Jahren ein Machtkampf zwischen Präsident Nicolas Maduro und der Opposition. Die USA und die meisten westlichen Staaten erkennen den selbst ernannten Übergangspräsidenten Juan Guaido als rechtmäßigen Staatschef an. In diesem Zusammenhang hat die Regierung von US-Präsident Donald Trump Sanktionen gegen das krisengebeutelte südamerikanische Land verhängt, um Maduro zum Aufgeben zu bewegen.

Zwar darf Venezuela für bestimmte Zwecke Rohöl verkaufen, um etwa Lebensmittel zu bezahlen oder Schulden zu bedienen. Viele Abnehmer scheuen dennoch vor solchen Geschäften zurück, weil sie befürchten, wegen Sanktionsverstößen von den USA auf eine schwarze Liste gesetzt zu werden. Auch Reedereien werden vorsichtiger. So drehten seit Ende Mai mindestens sechs Öltanker, die in Venezuela Öl aufnehmen sollten, unverrichteter Dinge wieder ab.

Verschärft werden die Schwierigkeiten, Abnehmer für venezolanisches Öl zu finden, durch die Coronavirus-Pandemie und den Einbruch der weltweiten Nachfrage. Das Überangebot dämpft den Appetit der Käufer auf riskante Lieferungen aus Venezuela oder dem Iran. Dieses Land haben die USA ebenfalls mit Sanktionen belegt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Showdown in Washington: Merz trifft Trump – Annäherung oder Abrechnung?
04.06.2025

Bundeskanzler Friedrich Merz reist nach Washington, um Donald Trump die Hand zu reichen – doch der Empfang dürfte frostig werden....

DWN
Politik
Politik Bulgarien bekommt den Euro - nicht alle freuen sich darüber
04.06.2025

Die EU-Kommission macht den Weg frei: Bulgarien darf 2026 den Euro einführen. Doch im Land regt sich massiver Widerstand. Während...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell auf Rekordkurs: Doch deutsche Anleger bleiben zurückhaltend – die Gründe
04.06.2025

Der Goldpreis steigt erneut auf ein beeindruckendes Niveau – doch die deutsche Nachfrage sinkt. Was steckt hinter dieser paradoxen...

DWN
Politik
Politik Zinswende mit Risiko – Steuert Lagarde Europa in die Deflation?
04.06.2025

Christine Lagarde will am Donnerstag erneut die Zinsen senken – trotz globaler Unsicherheiten, Handelskonflikten und überraschend...

DWN
Politik
Politik NATO fordert 5 Prozent fürs Militär – doch Europas Regierungen spielen weiter auf Zeit
04.06.2025

Während Russland aufrüstet und zum Gegenschlag bereitsteht, warnt die NATO vor einem historischen Sicherheitskollaps – doch viele...

DWN
Politik
Politik Grenzkontrollen: Dobrindt und Frei verteidigen Linie der Bundesregierung
04.06.2025

Ein Gerichtsurteil stellt die Rechtmäßigkeit aktueller Grenzpraktiken infrage – doch Innenminister Dobrindt und Kanzleramtschef Frei...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen vor Engpässen bei seltenen Erden aus China
04.06.2025

China verschärft seine Exportkontrollen bei strategisch wichtigen Mineralien – mit direkten Folgen für die deutsche Industrie. Vor...

DWN
Politik
Politik Polens Präsident Nawrocki – Ein Trump-Statthalter in Warschau?
04.06.2025

Mit Karol Nawrocki zieht ein Hardliner in den Präsidentenpalast ein – unterstützt von Donald Trump und im offenen Konflikt mit der...