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Krieg im Verborgenen? Serie mysteriöser Sabotageakte im Iran reißt nicht ab

Lesezeit: 5 min
16.07.2020 11:43  Aktualisiert: 16.07.2020 11:43
Im Iran kommt es seit Ende Juni zu merkwürdigen Explosionen und Bränden in militärischen und zivilen Einrichtungen.
Krieg im Verborgenen? Serie mysteriöser Sabotageakte im Iran reißt nicht ab
Teheran: Ajatollah Ali Chamenei, oberster Führer des Iran, nimmt an einer Veranstaltung anlässlich des 41. Jahrestages der islamischen Revolution teil. (Foto: dpa)
Foto: Iranian Supreme Leader's Website

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Im Iran ist es seit Ende Juni zu einer Serie mysteriöser Unfälle, Explosionen und Brände gekommen. Eine Übersicht:

15. Juli: Sieben Schiffe in iranischem Hafen fangen Feuer

Wie der englischsprachige Dienst von Reuters berichtet, sind am Mittwoch sieben Schiffe im Hafen der südiranischen Stadt Buschehr in Flammen aufgegangen.

12. Juli: Explosion und Brand in einem Petrochemie-Komplex

In einem Petrochemie-Komplex in Südwest-Iran ist es laut lokalen Behörden zu einer Explosion gekommen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna gab es am Sonntagnachmittag (Ortszeit) in Mahschahr danach auch einen Großbrand. Die genaue Ursache sei noch unklar, Behörden gingen von einer Öl-Leckage in der Anlage "Tondgujan" aus. Über Opfer und das Ausmaß der Schäden gab es am Abend noch keine Informationen, berichtet die dpa.

10. Juli: Stromausfall in Teheran, Behörden dementieren Berichte über Explosion

Die Behörden in Teheran haben Berichte über eine Explosion im westlichen Teil der iranischen Hauptstadt dementiert. Medienberichten zufolge war es dort in der Nacht zum Freitag zu einer Explosion gekommen. In sozialen Medien berichten Augenzeugen sogar von mehreren Explosionen in den Vierteln Schahrak’e Kuds und Garmdareh in Westteheran. Eine der Detonationen sei „besonders laut“ gewesen, danach habe es einen Stromausfall gegeben, hieß es. Eine Sprecherin der Stadtbehörde in Westteheran dementierte die Explosion, bestätigte jedoch einen kurzen Stromausfall. Als Ursache nannte sie technische Gründe, wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete.

8. Juli: Zwei Tote bei Explosion in Fabrik im Vorort Teherans

Bei einer Explosion in einer Fabrik in einem Vorort der iranischen Hauptstadt Teheran sind zwei Arbeiter ums Leben gekommen. Der Zwischenfall ereignete sich in der Nacht zum Mittwoch in einem Industriegebiet im Vorort Bagherschahr. Die Ursache war nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA eine Explosion von mehreren Sauerstoffbehältern. Drei weitere Arbeiter wurden bei der Explosion verletzt. Auslöser war laut IRNA menschliches Versagen.

2. Juli: Mutmaßlicher Sprengsatz löst Großbrand in Atomanlage Natans aus

Die dpa berichtete am 6. Juli über den Zwischenfall in Natans:

Der ungeklärte Zwischenfall in einem Zentrifugenwerk der iranischen Atomanlage Natans war schwerwiegender als zunächst berichtet. Die iranische Atomorganisation (AEOI) sprach am Sonntag von «beachtlichen Schäden» bei einem Brand. Es seien Geräte beschädigt oder zerstört worden, sagte AEOI-Sprecher Behrus Kamalwandi. Details zur Brandursache nannte er nicht. Atommaterial soll sich in dem Gebäude nicht befunden haben.

In der Atomanlage in Zentraliran wird Uran angereichert und es werden Zentrifugen zur Urananreicherung gebaut und getestet. Der Vorfall wird laut Kamalwandi die Herstellung und Tests der neueren Zentrifugen mittelfristig verlangsamen. Aber der Iran werde schon sehr bald eine größere Werkstatt mit besseren und moderneren Geräten errichten. Der Iran arbeitet seit mehr als einem Jahr an schnelleren Zentrifugen zur Urananreicherung.

Israel sieht das iranische Atomprogramm als existenzielle Bedrohung an, auch die USA und Saudi-Arabien halten es für gefährlich. Daher wurde spekuliert, es könne in Natans erneut einen Cyberangriff gegeben haben wie 2010, als Israel und die USA mit dem Schadprogramm Stuxnet in Natans annähernd 1000 Zentrifugen zerstört haben sollen. Doch auch andere Brandursachen sind denkbar, etwa eine Explosion bei Zentrifugentests.

Die «New York Times» zitierte einen nahöstlichen Geheimdienstmitarbeiter, der Israel für den Vorfall in der Atomanlage verantwortlich macht. Dabei sei eine «mächtige Bombe» verwendet worden. Ein Mitglied der iranischen Revolutionsgarden habe bestätigt, es sei ein Sprengsatz eingesetzt worden.

Vor diesem Hintergrund startete die unerklärte Atommacht Israel in der Nacht zu Montag mit einer Schavit-Rakete den Spionagesatelliten «Ofek 16». Die Datenübertragung habe plangemäß begonnen, berichtete das israelische Verteidigungsministerium am Montag. Der ehemalige Chef des Militärgeheimdienstes, Amos Jadlin, twitterte, die mit «Ofek 16» verbundenen strategischen und geheimdienstlichen Fähigkeiten seien bedeutsam «in diesen Tagen, in denen sich eine mögliche Eskalation mit dem Iran abzeichnet».

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte am Montag, der Start des Satelliten verbessere deutlich «unsere Fähigkeiten, gegen die Feinde Israels vorzugehen, nahe und ferne Feinde gleichzeitig». Netanjahu sagte zu «Ofek 16»: «Er vergrößert sehr unsere Einsatzfähigkeit - auf See, auf dem Festland, in der Luft und auch im Weltall.»

Zuvor hatte der Iran behauptet, am Persischen Golf unterirdische «On- und Offshore-Raketenstädte» errichtet zu haben. Dies solle die Feinde des Irans von militärischen Angriffen abhalten, sagte der Marinekommandeur der Revolutionsgarden, Aliresa Tangsiri, laut der Nachrichtenagentur Tasnim.

Israel sandte zu den Spekulationen, es stecke hinter dem Brand in Natans, zweideutige Signale. Außenminister Gabi Aschkenasi sagte am Sonntag zur Bedrohung durch das iranische Atomprogramm: «Wir ergreifen Maßnahmen, über die man besser nicht sprechen sollte.» Verteidigungsminister Benny Gantz erklärte: «Nicht jeder Vorfall im Iran steht mit uns in Verbindung.»

Im Mai hatte die «Washington Post» berichtet, Israel habe mit einem Cyberangriff Computer zur Steuerung des iranischen Hafens Schahid Radschaei von Bandar Abbas zum Absturz gebracht. Das sei vermutlich die Antwort auf einen iranischen Versuch gewesen, Computer der israelischen Wasserversorgung zu hacken.

Die «Jerusalem Post» spekulierte, wenn eine der jüngsten Explosionen im Iran auf Angriffe der USA, Israels oder der Saudis zurückginge, brächte dies nur einen Zeitgewinn, sei aber nicht genug, um Teheran auf Dauer die Fähigkeit zum Bau von Atomwaffen zu verwehren. Der Iran solle bereits genügend spaltbares Material für eine oder zwei Atombomben besitzen. «Es fehlt vor allem die Entscheidung, das niedrig angereicherte Material auf waffentaugliches Niveau anzureichern», meinte die «Jerusalem Post».

Dem Blatt zufolge hat der Iran «ein paar hundert modernere» Zentrifugen und fast 20 000 einfache Zentrifugen IR-1 und IR-2, von denen 75 Prozent stillgelegt seien. Die modernste Zentrifuge IR-9 soll 50 Mal so schnell arbeiten wie einfache Anlagen, aber es ist umstritten, ob sie einsatzfähig ist.

Im - von den USA einseitig aufgekündigten - internationalen Atomabkommen hatte sich der Iran 2015 verpflichtet, seine Urananreicherung auf Natans zu konzentrieren und 25 Jahre lang Kontrollen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA zu unterwerfen. Die ersten 10 Jahre sollten gut zwei Drittel der Anreicherungskapazitäten stillgelegt werden und die Zahl installierter Zentrifugen von 19 000 auf rund 6100 sinken. Die Anreicherung sollte auf 3,67 Prozent (für Atomstrom) beschränkt werden, wobei für Atombomben eine Anreicherung auf 90 Prozent als nötig angenommen wird. Erreicht hatte Teheran da bereits 20 Prozent Anreicherung, was medizinischen Zwecken dienen kann.

Die dem Iran zugestandene Menge des auf 3,67 Prozent angereicherten Urans wurde im Atomabkommen für 15 Jahre von 10 000 auf 300 Kilogramm reduziert. An diese Beschränkungen fühlt sich der Iran nicht mehr gebunden, weil die USA seine Wirtschaft mit Sanktionen belasten und die anderen Partner des Atomabkommens nichts Wirksames dagegen tun.

30. Juni: Mindestens 18 Tote bei Explosion in Privatklinik in Teheran

Bei einer gewaltigen Explosion in einer Privatklinik im Norden der iranischen Hauptstadt Teheran sind mindestens 18 Menschen ums Leben gekommen. Das gab ein Sprecher der Feuerwehrzentrale am Dienstagabend gegenüber der Nachrichtenagentur Isna bekannt. Außerdem habe es mehrere Verletzte gegeben. Zumindest sechs von ihnen schweben in Lebensgefahr und wurden umgehend in umliegende Krankenhäuser gebracht. Das Feuer konnte nach zwei Stunden unter Kontrolle gebracht werden. Die Feuerwehr suchte mit Hilfe von Spürhunden nach weiteren Leichen und Verletzten.

Die Explosion in der fünfstöckigen Sina Atthar Klinik ereignete sich am Dienstagabend (Ortszeit). Die Ursache wird noch untersucht. Die Feuerwehr geht von einer Explosion der Sauerstoffbehälter im Untergeschoss der Klinik aus, aber auch von einer möglichen Gasexplosion ist die Rede. In der Sina Atthar Klinik soll es mehrere Arztpraxen, Radiologie-Abteilungen sowie ein große Apotheke geben, die auch bis spätabends noch geöffnet sind.

26. Juni: Gasexplosion in Militäranlage in Teheran

In einer Militäranlage in Teheran ist es laut Verteidigungsministerium zu einer Gasexplosion gekommen. Das Unglück ereignete sich in der Nacht zum Freitag in der Anlage Parchin im Osten der iranischen Hauptstadt, sagte ein Ministeriumssprecher der Nachrichtenagentur Isna. Verletzte habe es nicht gegeben, die Feuerwehr habe das Feuer unter Kontrolle. Wie es zu der Explosion kam, sei noch unklar. Parchin ist eine der größten Militäranlagen im Iran.

Die Explosion sorgte in den sozialen Medien für sehr viel Aufregung. Viele Iraner posteten Bilder von einem «orangefarbigen Licht» im Osten Teherans und spekulierten über einen ausländischen Militärangriff oder Flugzeugabsturz.


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