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NRW: Beherbergungs-Verbot hat Akzeptanz der Corona-Maßnahmen im Volk kaputtgemacht

Lesezeit: 3 min
13.10.2020 13:20  Aktualisiert: 13.10.2020 13:20
Das höchst umstrittene Beherbergungsverbot hat NRW-Gesundheitsminister Laumann zufolge viel Akzeptanz für die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung im Volk kaputtgemacht.

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Nordrhein-Westfalen wird das umstrittene Beherbergungsverbot für Reisende aus Corona-Risikogebieten auch weiterhin nicht umsetzen. Das kündigte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Dienstag in Düsseldorf an. Solche Verbote machten nach seinem Wissen «keinen Sinn, weil sie nicht dazu beitragen, die Ansteckungsketten zu verlangsamen».

Laumann betonte: «Wir müssen aufpassen, dass wir für das, was wir machen, die Akzeptanz behalten.» Viele Corona-Maßnahmen seien in den vergangene Monaten zwar akzeptiert worden. «Aber diese Maßnahme hat sehr viel Akzeptanz kaputtgemacht», sagte er mit Blick auf das Beherbergungsverbot.

Wie bei der Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch eine Einigung in der Frage gefunden werden solle, wisse er auch nicht, sagte Laumann. Es gebe aber inzwischen auch aus der Medizin Wortmeldungen zum Thema Beherbergungsverbote, die die Position Nordrhein-Westfalens bestärkten.

Die meisten Bundesländer haben beschlossen, dass Menschen aus Orten mit sehr hohen Corona-Infektionszahlen bei Reisen innerhalb Deutschlands nur dann beherbergt werden dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorlegen können. Greifen soll diese Maßnahme für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen.

Von allen Seiten hagelt es Kritik

Der Streit über das Beherbergungsverbot vieler Länder zum Schutz vor Corona-Infektionen nimmt vor dem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder an Schärfe zu. Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, forderte, das Verbot dabei nochmals auf den Prüfstand zu stellen. Länderregierungschefs wie Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern) und Markus Söder (Bayern) verteidigten es dagegen. Für Diskussionen sorgt ein Vorstoß aus den Reihen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, wegen der Infektionszahlen die Weihnachtsferien zu verlängern.

Am Dienstagmorgen überschritt die Zahl der innerhalb eines Tages neu mit dem Coronavirus infizierten Menschen nach Angaben des Robert Koch-Instituts mit 4122 erneut die 4000er-Grenze. Seit Beginn der Corona-Krise haben sich nach RKI-Angaben mindestens 329 453 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert. Mit Leverkusen und Gelsenkirchen überschreiten seit Dienstag zwei weitere große Städte die - inzwischen ebenfalls umstrittene - Warnstufe von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen.

Söder rief vor dem Treffen an diesem Mittwoch dazu auf, strengere und einheitliche Maßnahmen zu ergreifen. Es müsse zum Beispiel erweiterte Maskenpflichten gelten. "Wir wollen keinen zweiten Lockdown. Aber ein zweiter Lockdown rückt näher, wenn es keinen Ruck gibt."

Kanzlerin und Ministerpräsidenten kommen an diesem Mittwoch erstmals seit Mitte Juni wieder im Kanzleramt zusammen und tagen nicht in einer Videokonferenz. Laut "Bild"-Zeitung begründete Kanzleramtschef Helge Braun gegenüber den Staatskanzleichefs die Notwendigkeit hierfür mit der dramatischen Infektionslage in Deutschland. Man müsse eine offene Debatte führen, die "historische Dimensionen" haben könne, wurde er unter Bezug auf Teilnehmer in "Bild" zitiert.

Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus mahnte für das Treffen unter anderem in der Frage der Beherbergungsverbote eine einheitliche Linie an. "Ich erwarte morgen ein klares Signal gegen die Kleinstaaterei. Wir benötigen Klarheit für die Menschen in Deutschland. Dies gilt insbesondere für innerdeutsche Reisen", sagte der CDU-Politiker am Dienstag am Rande einer Veranstaltung in Hamburg.

Bareiß betonte: "Gerade Hotels haben in einem großen Kraftakt die Hygienemaßnahmen umgesetzt und für Sicherheit gesorgt. Ein nochmaliger Lockdown der ganzen Hotelbranche muss verhindert werden." Der Chef des Landkreistages, Reinhard Sager, sprach im Nachrichtenportal "t-online" von einem "im Alltag kaum zu überblickenden Flickenteppich und großer Verunsicherung in der Gesellschaft".

Die Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges, sagte der "Saarbrücker Zeitung" (Dienstag): "Ich habe die begründete Hoffnung, dass sich Bund und Länder von dieser Form des Beherbergungsverbots verabschieden müssen." Hartges spielte damit offenbar auf die angekündigten Klagen gegen das Verbot an. Der Staatsrechtler Christoph Degenhart hält die Maßnahmen für nicht gerechtfertigt. "Sie greifen in die Grundrechte der Betriebe sowie der Reisenden ein", sagte er dem "Handelsblatt" (Dienstag).

Dagegen sprach sich Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Schwesig (SPD) im ARD-"Morgenmagazin" gegen Lockerungen aus: "Wir brauchen eine klare, stringente Linie. Die kann in einer Zeit, wo die Zahlen immer mehr in Deutschland steigen, nicht Lockerung sein." Schwesig sprach sich stattdessen für strengere Regeln aus, "insbesondere in Risikogebieten". Bayerns Regierungschef Söder verlangte am Montagabend im Bayerischen Rundfunk "klarere Regeln für alle". Dabei schloss er nicht aus, Anti-Corona-Maßnahmen nicht nur regional, sondern flächendeckend etwas zu verschärfen.

Die meisten Bundesländer hatten am Mittwoch beschlossen, dass Bürger aus Orten mit sehr hohen Corona-Infektionszahlen bei Reisen innerhalb von Deutschland nur dann beherbergt werden dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorlegen können. Greifen soll dies für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen. Als sicher gilt, dass am Mittwoch über das Thema gesprochen werden wird.

Diskutiert werden könnte beim Bund-Länder-Treffen auch über die Schulen - dass diese nicht wieder geschlossen werden müssen, gilt als eines der wichtigsten Ziele der Maßnahmen. Die Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß (CDU) und Stephan Pilsinger (CSU) machten in der "Bild"-Zeitung den Vorschlag, die Winterferien um zwei bis drei Wochen zu verlängern und im Sommer entsprechend zu kürzen. Unionssraktionsvize Thorsten Frei pfiff die beiden Abgeordneten aber wieder zurück. Er sagte bei RTL/ntv: "Angesichts der Verbreitungswege, die derzeit dominieren, befürchte ich, dass wir durch eine Verlängerung der Weihnachtsferien viel Unruhe stiften, aber letztlich keinen durchgreifenden Erfolg erringen."

Das Robert Koch-Institut wies in einem Strategiepapier darauf hin, dass der Alltag auch nach Einführung eines Corona-Impfstoffs zunächst eingeschränkt bleiben werde - einschließlich Maskentragen und Abstandsgeboten. Demnach werden zwar voraussichtlich im kommenden Jahr ein oder mehrere Impfstoffe zur Verfügung stehen - und die Bekämpfung des Coronavirus entscheidend verbessern. Allerdings dürfte es ein solches Mittel zu Beginn nur in begrenzten Mengen geben und insbesondere Risikogruppen zugute kommen.


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