Politik

Großbritannien erteilt Zulassung für Corona-Impfstoff von Biontech

Bereits in der kommenden Woche sollen in Großbritannien die Impfungen beginnen. Das Impfkomitee entscheidet, welche Menschen zuerst geimpft werden.
02.12.2020 09:23
Aktualisiert: 02.12.2020 09:23
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Großbritannien erteilt Zulassung für Corona-Impfstoff von Biontech
"Ich bin natürlich absolut begeistert von den Nachrichten", sagte Matt Hancock, Gesundheitsminister von Großbritannien. (Foto: dpa) Foto: Stefan Rousseau

Großbritannien hat noch vor den USA und der EU als weltweit erstes Land den Corona-Impfstoff von BioNTech und Pfizer zugelassen. "Das ist fantastisch", twitterte Regierungschef Boris Johnson am Mittwoch nach der Notfallgenehmigung der britischen Aufsichtsbehörde MHRA. "Es ist der Schutz der Impfstoffe, der uns letztendlich erlaubt, unsere Leben zurückzugewinnen und die Wirtschaft wieder in Bewegung zu bringen." Das Vakzin soll innerhalb der nächsten Tage im Vereinigten Königreich verfügbar sein. Dann soll bereits mit Impfungen begonnen werden, wie Gesundheitsminister Matt Hancock ankündigte.

Aus der Europäischen Union kam Kritik am Vorpreschen Großbritanniens mit einer Notfall-Zulassung. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte, Deutschland habe sich für einen längeren Zulassungsprozess entschieden, da er das Vertrauen in einen Impfstoff stärke. Es gebe EU-Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, die ebenfalls eine Notfallgenehmigung hätten erteilen können. "Aber wir haben uns dagegen und für einen gemeinsamen europäischen Ansatz entschieden", sagte Spahn. "Es ist sehr wichtig, dass wir dies tun, um das Vertrauen in die Genehmigung zu fördern." Es gehe nicht darum, wer Erster sei, sondern, dass man "sichere und wirksame Impfstoffe" erhalte.

Spahn forderte die EU-Zulassungsbehörde aber auf, den Antrag der Firmen so schnell wie möglich zu prüfen. EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides sagte, sie rechne mit einer Verteilung eines Impfstoffes auf die EU-Länder um die Jahreswende. Die Europäische Arzneimittelagentur EMA erklärte, ihre Vorgehensweise sichere eine vollständige Überprüfung der verfügbaren Daten. Dadurch werde ein hoher Schutz für die Bürger der EU im Zuge einer Massenimpfkampagne gewährleistet.

Bei der EMA hatten Biontech und Pfizer zu Wochenbeginn den Antrag auf eine bedingte Marktzulassung eingereicht. Sollte die EMA grünes Licht geben, könnte das eine Verwendung des Vakzins in der EU noch vor Jahresende ermöglichen, hatten die beiden Unternehmen erklärt. Das könnte zeitlich allerdings eng werden: Die EMA will spätestens bis zum 29. Dezember ihre Bewertung abschließen, die EU-Kommission dann innerhalb weniger Tage den Weg abschließend frei machen. Bis zum 12. Januar will die EMA zudem über den Covid-19-Impfstoff des US-Biotechkonzerns Moderna entscheiden, der ebenfalls einen Antrag auf eine bedingte Markzulassung bei der Behörde eingebracht hat.

In den USA will die Arzneimittelbehörde FDA auf einem Treffen am 10. Dezember diskutieren, ob dem Impfstoff von Biontech und Pfizer eine Notfall-Genehmigung erteilt werden soll. US-Medien berichteten am Dienstag, FDA-Chef Stephen Hahn sei ins Weiße Haus zitiert worden, um zu erklären, warum die FDA nicht schneller an einer Genehmigung des Impfstoffs von Biontech und Pfizer gearbeitet habe. Anfang November hatten die Partner als weltweit erste Firmen positive Ergebnisse aus der zulassungsrelevanten Studie mit einem Corona-Impfstoff verkündet. Nach einer endgültigen Analyse zeigte das Vakzin einen Schutz von 95 Prozent vor Covid-19.

"KEINE ABKÜRZUNGEN GENOMMEN"

Der Impfstoff wird derzeit als eines der vielversprechendsten Mittel zur Eindämmung der Corona-Pandemie gesehen. Weltweit sind inzwischen fast 1,5 Millionen Menschen an oder mit dem Virus gestorben. In Großbritannien soll ein Impfkomitee entscheiden, welche Menschen zuerst geimpft werden. Aller Voraussicht nach werden es Bewohner von Alters- und Pflegeheimen sowie Beschäftigte im Gesundheitsbereich sein. Die britische Behörde MHRA wies Kritik an der schnellen Genehmigung zurück: "Es sind keine Abkürzungen genommen worden"; sagte deren Chefin June Raine. Die Daten seien gründlich geprüft worden.

Aus Sicht von Andrew Hill, Wissenschaftler an der Universität von Liverpool, sind die Risiken außerdem angesichts der vielen Todesfälle auf der Insel vertretbar: "Da 450 Menschen jeden Tag im Vereinigten Königreich an einer Covid-19-Infektion sterben, überwiegen die Vorteile einer schnellen Impfstoff-Zulassung die potenziellen Risiken." Das Vereinigte Königreich hat sich bislang 40 Millionen Dosen des Impfstoffs gesichert - genug für knapp ein Drittel der Bevölkerung, da eine Verabreichung von zwei Dosen erforderlich ist. Die EU hat Zugriff auf bis zu 300 Millionen Dosen, die Bundesregierung rechnet mit bis zu 100 Millionen Dosen für Deutschland.

Pfizer erklärte, die Notfallzulassung in Großbritannien sei ein historischer Moment im Kampf gegen das Virus. "Dies ist ein Sieg für die Wissenschaft, auf den wir seit dem Start unseres Programms hingearbeitet haben", sagte Pfizer-Chef Albert Bourla. Der US-Pharmariese erwarte demnächst weitere Zulassungen und arbeite mit Hochdruck daran, den Impfstoff zügig auf der ganzen Welt zur Verfügung zu stellen. Rund 50 weitere Impfstoff-Projekte diverser Unternehmen befinden sich gegenwärtig nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO in der klinischen Erprobung am Menschen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Führen Sie die weltweit größten Kryptowährungen wie DOGE und BTC direkt ein und erzielen Sie über die COME-Mining-Plattform einen Gewinn von über 5.000 US-Dollar pro Tag.

Die Nachfrage nach Bitcoin (BTC) ist in letzter Zeit weiter gestiegen, und die Anlegerstimmung hat sich deutlich verbessert. Die COME...

DWN
Immobilien
Immobilien 3D-Druck am Bau: Wie Heidelberg das Wohnen revolutioniert
17.10.2025

In Heidelberg wächst ein Wohnhaus Schicht für Schicht aus dem 3D-Drucker – in nur 33 Tagen. Die neue Technik verspricht schnelleren,...

DWN
Finanzen
Finanzen KI-Blase oder Revolution: Wie real der Boom wirklich ist
17.10.2025

Die Euphorie rund um künstliche Intelligenz kennt keine Grenzen – doch immer mehr Experten warnen vor einer KI-Blase. Milliarden...

DWN
Panorama
Panorama Autokrise trifft Kommunen: Wie Stuttgart, Wolfsburg und Ingolstadt sparen müssen
16.10.2025

Die Automobilkrise trifft nicht nur Konzerne, sondern auch ganze Städte. Stuttgart, Wolfsburg und Ingolstadt verlieren Millionen an...

DWN
Finanzen
Finanzen Trade Republic-Aktie im Fokus: Trade Republic hat Portfolio um Festzinsprodukte erweitert
16.10.2025

Die Trade Republic-Aktie steht erneut im Fokus, nachdem das Unternehmen sein Angebot im Bereich Zinsprodukte erweitert hat. Anleger...

DWN
Politik
Politik 123.000 Sicherheitsbeauftragte sollen wegfallen
16.10.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will Betriebe von Bürokratie beim Arbeitsschutz entlasten und mehr als 123.000 spezielle...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nach Wirecard-Insolvenz: BGH prüft Ansprüche von Aktionären
16.10.2025

Fünf Jahre nach der spektakulären Pleite von Wirecard stehen zehntausende Aktionäre noch immer mit leeren Händen da. Ihre Forderungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ryanair-Aktie im Blick: Fluggesellschaft Ryanair reduziert Angebot in Deutschland
16.10.2025

Die irische Fluggesellschaft Ryanair setzt ihren Kurs der Angebotsreduzierung in Deutschland fort. Im Winterflugplan 2025/2026 werden...

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis auf Rekordniveau: Warum Silber den großen Bruder Gold aktuell in den Schatten stellt
16.10.2025

Nach seinem Allzeithoch zur Wochenmitte zeigt sich der Silberpreis aktuell kaum schwächer und bleibt auf Rekordniveau. Während der...