Finanzen

EZB-Direktorin Schnabel: „Die Inflation ist nicht tot“

EZB-Direktorin Isabel Schnabel bereitet die Öffentlichkeit auf deutlich steigende Preise vor.
15.01.2021 11:21
Lesezeit: 2 min

In der Eurozone ist nach Einschätzung der Direktorin der Europäischen Zentralbank (EZB), Isabel Schnabel, nach einer ungewöhnlich schwachen Inflation wieder mit einem stärkeren Anstieg der Verbraucherpreise zu rechnen. „Die Inflation ist nicht tot“, sagte Schnabel in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der österreichischen Tageszeitung Der Standard. Der Preisanstieg kann dabei in den kommenden Monaten „durchaus eine gewisse Dynamik entwickeln“, sagte die Währungshüterin.

Schnabel begründete ihre Erwartung mit dem Auslaufen der Steuersenkung in Deutschland. Außerdem sollten die Energiepreise zum Anstieg der allgemeinen Teuerung beitragen. „Bei den Energiepreisen dürfte bald ein kräftiger Anstieg relativ zum Vorjahr feststellbar sein, weil die Preise im Frühjahr 2020 so niedrig waren“, sagte die EZB-Direktorin.

Ein vergleichsweise starker Preisanstieg könne nicht ausgeschlossen werden. „Stellen Sie sich vor, die Impfung erfolgt schneller, als manche es derzeit befürchten, sodass im Sommer wieder etwas Normalität eintritt“, sagte Schnabel. Dann könne es bei Dienstleistungen, wie Reisen oder Restaurantbesuchen, durch die aufgestaute Nachfrage zu einem Preisschub kommen. Allerdings dürfte ein solcher kräftiger Preisanstieg nur kurzfristig sein. Dies dürfe man nicht mit einem anhaltenden Anstieg der Inflation verwechseln, der voraussichtlich nur sehr langsam eintreten wird, sagte die Notenbankerin.

Starker Anstieg der Geldmengen – Anzeichen für stark steigende Preise

Die wichtigste Triebkraft für steigende Preise kontrolliert die Europäische Zentralbank allerdings selbst – nämlich die Entwicklung der im Wirtschaftssystem zirkulierenden Geldmenge. Hier zeigt sich, dass die besonders liquide Geldmenge M1 im Euroraum zuletzt stark ausgeweitet wurde, was als Indiz für eine deutlich stärkere Inflation gewertet werden muss.

In den USA ist die Ausweitung der Geldmenge M1 übrigens als Folge massiver Geldschöpfung aus dem Nichts in den vergangenen Wochen förmlich explodiert.

Rückblick: Die Ursachen der Deflation

Die Ursachen für die seit Jahren schwache Inflation erkennt Schnabel vor allem bei strukturellen Veränderungen des Wirtschaftslebens. So habe die Globalisierung das globale Arbeitsangebot erhöht und die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer - und damit den Lohnanstieg - gebremst.

Außerdem habe die Digitalisierung die Preisentwicklung gedämpft. Die Informations-Technologie habe dazu geführt, dass die Transparenz bei Preisen und damit der Wettbewerb gestiegen sei, sagte Schnabel und verwies insbesondere auf den jüngsten Boom beim Onlinehandel. Außerdem könnte nach Einschätzung der Währungshüterin auch die Demografie eine Rolle spielen, „Aufgrund der Alterung der westlichen Gesellschaft wurde im Schnitt mehr gespart, zugleich wurde weniger investiert.“

Auch wenn die Inflation im Verlauf des Jahres deutlich zulegen dürfte. Ein langfristiger Trend hin zu einer Phase mit starken Preissteigerungen ist nach Einschätzung der Notenbankerin nicht zu erwartet. „Im Moment gibt es keine Anzeichen dafür, dass man sich über eine zu hohe Inflation Sorgen machen muss“, versicherte Schnabel.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft VW-Aktie im Fokus: Was die Werksschließung bei Volkswagen für die Autoindustrie bedeutet
16.12.2025

Ein symbolträchtiger Standort der deutschen Autoindustrie schließt seine Tore und rückt die VW-Aktie erneut in den Fokus von Anlegern...

DWN
Politik
Politik Keine Jobs, teure Mieten, hohe Steuern: Auswanderungen aus Deutschland weiterhin auf hohem Niveau
16.12.2025

Nach wie vor wandern sehr viele Menschen aus Deutschland aus, gleichzeitig bekommen Deutsche immer weniger Kinder: Eine fatale Entwicklung...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Spätere Rente für Akademiker spaltet die Deutschen
16.12.2025

Sollte das Renteneintrittsalter an die Zahl der Beitragsjahre gekoppelt sein? Die Bürger sind sich darin nicht einig. Deutsche mit Abitur...

DWN
Politik
Politik CDU-Vorsitz: Einstimmiges Votum aus NRW - Merz soll CDU-Chef bleiben
16.12.2025

Friedrich Merz erhält einstimmige Unterstützung aus NRW für eine weitere Amtszeit als CDU-Bundesvorsitzender. Der Vorschlag kommt von...

DWN
Politik
Politik Anschlag geplant? Terrorverdächtiger in Magdeburg reiste legal ein
16.12.2025

Mit Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem 21-jährigen Mann in...

DWN
Politik
Politik Sudan führt auch 2026 Krisenliste von Hilfsorganisation an
16.12.2025

Die Hilfsorganisation IRC erstellt jeden Dezember eine Liste von Krisenstaaten, die im Folgejahr zu beachten sind. Der Sudan steht im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeld: Barzahlen wird bei Behörden zur Ausnahme - Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
16.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzielle Unabhängigkeit für Führungskräfte: So sichern Sie echte Entscheidungsfreiheit
16.12.2025

Die meisten Führungskräfte träumen davon, unabhängig Entscheidungen treffen und nach eigenen Überzeugungen handeln zu können. In der...