Deutschland

Hoteliers am Ende: „Ein Zurück zu 2019 wird es nicht geben“

Messen sind abgesagt, Veranstaltungen finden online statt. Die Corona-Pandemie schränkt Geschäftsreisen massiv ein. Manche Firmen werden auch künftig auf Trips ihrer Mitarbeiter verzichten. Das hat Folgen für die Hotellerie.
20.01.2021 12:30
Lesezeit: 2 min
Hoteliers am Ende: „Ein Zurück zu 2019 wird es nicht geben“
Das Hotel Hessischer Hof (undatiertes Foto). Das bekannte Grandhotel an der Frankfurter Messe wird geschlossen. (Foto: dpa) Foto: Michael Holz

Das bekannte Grandhotel «Hessischer Hof» an der Frankfurter Messe hat zum Jahreswechsel dicht gemacht, die Hamburger Hotelkette Novum Hospitality bekommt Millionenhilfen aus dem staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Die Krise trifft Hoteliers hart: Es fehlen nicht nur Urlauber, sondern in Städten vor allem Geschäftsleute, die als besonders ausgabefreudig gelten. Messen werden reihenweise abgesagt, Veranstaltungen und Konferenzen finden online statt. Ein Teil des Geschäftes dürfte auch nach dem Ende der Krise nicht mehr zurückkehren.

Noch im Vorkrisenjahr 2019 ließen sich deutsche Unternehmen und öffentlichen Institutionen Trips ihrer Mitarbeiter so viel kosten wie noch nie. Die Ausgaben stiegen nach Angaben des Verband Deutsches Reisemanagement VDR gegenüber 2018 um 3,5 Prozent auf den Bestwert von 55,3 Milliarden Euro. Doch die Rekordjahre dürften erstmal vorbei sein. Der VDR rechnet mit einem Rückgang der Reisetätigkeit von Geschäftsleuten von 10 bis maximal 30 Prozent in der Zeit nach Corona.

«Die Hotelbranche steht vor einem großen Wandel. Wir rechnen damit, dass ein Teil der Geschäftsbesprechungen, Tagungen, Kongresse und Messen künftig online oder hybrid stattfinden wird», sagt Tobias Warnecke vom Hotelverband Deutschland IHA. «Ein Zurück zu 2019 wird es nicht geben.»

Geschätzt entfielen bislang etwa 25 Prozent des Deutschland-Tourismus auf Geschäftsreisen im engeren Sinn. Hinzu kommen Messen, Kongresse und andere Veranstaltungen. «Aktuell ist die Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten für Geschäftsleute geringer. Es gibt aber immer noch Hotels, die geöffnet haben. Deren Auslastung liegt derzeit bei etwa 10 bis 11 Prozent», sagt Warnecke.

Wie viele Hotels und Pensionen die Krise überleben ist aus seiner Sicht derzeit nicht abzusehen. «Das hängt auch davon ab, wie schnell die staatlichen Hilfen ausgezahlt werden.» Grundsätzlich dürfte sich der Markt verändern. «In Städten, in denen es vor der Krise große Angebotsüberhänge gab, ist ein Abbau dieser zu erwarten.» Als ein Beispiel nennt Warnecke Frankfurt, wo das wichtige Messegeschäft weggebrochen ist.

Die Unternehmensgruppe «Prinz von Hessen» begründete ihre Entscheidung, den Hessischen Hof mit der legendären «Jimmy's Bar» zum Jahresende zu schließen, mit schlechten Geschäftsaussichten in der Business- und Messehotellerie. «Alle Prognosen weisen klar darauf hin, dass sich die Segmente Tagungen, Messen sowie Geschäftsreisen nur sehr langfristig erholen werden und auch in den kommenden zwei Jahren mit weiterhin hohen Verlusten gerechnet werden muss», erklärte Donatus Landgraf von Hessen, Vorstandsvorsitzender der Hessischen Hausstiftung.

Nach einer Umfrage des Ifo-Institutes vom Sommer halten es 57 Prozent der deutschen Unternehmen für wahrscheinlich, dass sie ihre Dienstreisen als Folge der Corona-Krise dauerhaft einschränken. An der Spitze steht die Industrie mit 64 Prozent, gefolgt von den Dienstleistern mit 60 Prozent.

Der Geschäftsreiseverband VDR erwartet zwar einen beträchtlichen Nachholbedarf an persönlichen Begegnungen. In der regelmäßigen Verbandsumfrage rechneten im Dezember aber nur noch 8,6 Prozent der Reise-Manager mit einer Rückkehr zum Vorkrisenniveau. Die Unternehmen fahren dabei mehrheitlich auf Sicht und wollen nach dem Pandemieverlauf kurzfristig entscheiden, wann ihre Leute wieder geschäftlich unterwegs sein dürfen. Innerdeutsch wollen drei von vier Firmen wieder verstärkt aufs Auto setzen.

Der Aufwand pro Reise dürfte steigen: Fast alle Unternehmen (90 Prozent) rechnen dem VDR-Barometer zufolge mit komplizierteren Planungen und höheren Kosten. Sie wollen in großer Mehrheit künftig genauer prüfen, welche Reisen wirklich notwendig sind. Die verringerte Reisetätigkeit könnte nach Einschätzung der Verantwortlichen auch negative Folgen für die Geschäfte haben. So rechnen rund 60 Prozent mit dem Verlust von Kunden und rund 70 Prozent mit steigenden Kosten für ihre Produkte und Dienstleistungen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...