Finanzen

US-Finanzministerin Yellen löst Verwirrung um mögliche Zinserhöhungen aus

US-Finanzministerin Janet Yellen hat mit Bemerkungen zu angeblich notwendigen Leitzins-Anhebungen Verwirrung ausgelöst.
05.05.2021 09:22
Aktualisiert: 05.05.2021 09:22
Lesezeit: 2 min
US-Finanzministerin Yellen löst Verwirrung um mögliche Zinserhöhungen aus
US-Finanzministerin Janet Yellen. (Foto: dpa) Foto: Jacquelyn Martin

Aus Sicht von Finanzministerin Janet Yellen sind womöglich höhere Leitzinsen nötig, um ein Überhitzen der US-Wirtschaft im Zuge der massiven Investitionsprogramme von Präsident Joe Biden zu verhindern. "Es könnte sein, dass die Zinsen etwas ansteigen müssen, um sicher zu stellen, dass unsere Wirtschaft nicht überhitzt", sagte Yellen in aufgezeichneten Bemerkungen zu einer Online-Veranstaltung des Magazins The Atlantic am Dienstag. Dabei sprach sie von "sehr moderaten Erhöhungen" der Zinsen. Die US-Wirtschaft benötige jedoch die Investitionen, um wettbewerbsfähig und produktiv zu sein. "Ich denke, unsere Wirtschaft wird durch sie schneller wachsen," ergänzte sie.

Später sagte Yellen auf einer Veranstaltung des Wall Street Journals jedoch, sie gehe nicht davon aus, dass die Inflation ein Problem für die US-Wirtschaft darstellen werde. Die Preiserhöhungen während der Konjunkturerholung seien nämlich nur vorübergehend. Mit Blick auf ihre früheren Äußerungen zu möglichen leichten Zinserhöhungen erklärte sie: "Das ist nichts, das ich erwarte oder empfehle".

Yellens Äußerungen sind bemerkenswert. Denn seit mehr als zehn Jahren flutet die US-Notenbank ebenso wie andere große Zentralbanken die Finanzmärkte und den Bankensektor mit aus dem Nichts geschaffener Liquidität in zweistelliger Billionenhöhe. Die infolge dieser massiven geldpolitischen Interventionen rasant gestiegene Verschuldung von Staat, Unternehmen, Finanzinstituten und Haushalten in den USA lassen praktisch keinerlei Erhöhung des Leitzinses mehr zu, weil sich dadurch die Finanzierungsbedingungen der Schulden verschärfen. Aus diesen Grund reagieren insbesondere die Akteure an den Finanzmärkten sehr sensibel auf jegliche Indizien, die auf eine Straffung der Geldpolitik hinweisen. Zwar ist Yellen nicht mehr Notenbankpräsidentin. Doch ihre Worte haben durchaus Gewicht und werden an den Märkten sehr genau registriert.

Für Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner sind die Äußerungen der Finanzministerin, die von 2014 bis 2018 die Fed leitete, auf jeden Fall ein Grund aufzuhorchen: „Es deutet daraufhin, dass sich in den Reihen der Administration einige Gedanken machen, ob es nicht doch zu Inflationsrisiken kommt, aufgrund der gesamten Maßnahmen, die verabschiedet werden.“ Die Wirtschaft erhole sich deutlich schneller als noch vor einem halben Jahr gedacht: „Und da ist noch viel Öl ins Feuer gegossen worden mit den Fiskalprogrammen, die verabschiedet wurden und die Wirtschaft weiter anheizen.“

Der Tanz mit dem Tiger

Um zu verstehen, wie sehr die Situation im Finanzsystem aus dem Ruder gelaufen ist, muss man sich nur die Interventionen der Federal Reserve seit Beginn der Pandemie anschauen.

Der Finanzinsider Sven Henrich von Northman Trader sagt:

„Der Umfang der in den vergangenen Jahren ins Finanzsystem und in die Volkswirtschaft gepumpten Liquidität übersteigt alles, was wir in der Geschichte bislang gesehen haben…das Volumen ist schlichtweg unvorstellbar…Alleine in den Vereinigten Staaten waren es 55 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung, nämlich 12,3 Billionen Dollar in nur 13 Monaten. Es gibt keinen vergleichbaren Präzedenzfall dafür, keinen. Um die Enormität der Intervention zu verstehen: die eben angesprochenen 12,3 Billionen Dollar in 13 Monaten belaufen sich auf 37.500 Dollar für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind in diesem Land (Bevölkerungszahl 328 Millionen)."

Der Analyst Brian Maher vom Finanzblog Daily Reckoning schreibt:

„Der gesamte Finanzmarkt ist so extrem vertikal aufgeblasen mit Exzessen in allen Anlageklassen und gefüllt mit einer Spekulationspanik, dass ich ihn als sehr gefährlich einschätze und die stetig steigenden Kurse in den vergangenen Wochen und die künstlich erzeugte Ruhe könnten letztendlich etwas sehr Dunklem Platz machen.

Und deshalb hat die Federal Reserve einen Tiger am Schwanz gepackt. Wenn sie weiter daran festhält, dann wird die größte Preisblase in der Geschichte noch größer. Es wird den schon jetzt gigantischen Appetit des Tigers weiter anfachen. Wenn sie loslässt, dann randaliert die wilde Katze durch die Wallstreet und auch durch die Main Street. Wir sind überzeugt davon, dass sich die Federal Reserve weiter am Schwanz festhalten wird und die größte Blase der Geschichte weiter aufgepumpt wird.

Wir sind aber auch davon überzeugt, dass der Tiger sich eines Tages losreißen wird, und dass er dann gewalttätiger als jemals zuvor sein wird. Wenn es Gerechtigkeit gibt, dann wird sein erstes Mahl in Freiheit jener Typ sein, der gerade seinen Schwanz hält.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährungsmarkt im Fokus: ETFs, XRP und Moon Hash – Weihnachtsbonusverträge beflügeln Cloud-Computing-Trends

Zum Jahresende erlebt der Kryptowährungsmarkt einen neuen Aufschwung. Kryptowährungs-ETFs und XRP ziehen zunehmend Gelder traditioneller...

DWN
Finanzen
Finanzen Jetzt Tesla-Aktie kaufen? Welche Erwartungen Investoren an Elon Musk haben
21.12.2025

Visionäre Unternehmer haben an den Kapitalmärkten immer wieder ganze Branchen neu geordnet. Ob Tesla-Aktien weiterhin von technologischem...

DWN
Panorama
Panorama Gaudís Sagrada Família: Der höchste Kirchturm der Welt
21.12.2025

Barcelona feiert 2026 die Architektur – und ein Turm der Sagrada Família soll Geschichte schreiben. Doch hinter dem Rekord stecken Geld,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Leadership-Coach Lars Krimpenfort: „Klopp ist ein gutes Beispiel für klare Führung unter Druck“
21.12.2025

Im Mittelstand steigen die Belastungen gefühlt täglich. Wie gelingt es Führungskräften dennoch, unter Druck richtig zu entscheiden?...

DWN
Politik
Politik EU-Kapitalmarktunion: Warum kleine Staaten um ihre Finanzmacht kämpfen
21.12.2025

Die EU will ihren Kapitalmarkt neu ordnen und zentrale Aufsichtsrechte nach Paris verlagern, während kleinere Staaten den Verlust ihrer...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 51: Die wichtigsten Analysen der Woche
21.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 51 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mittelstand vor existenziellen Problemen: Keine Aufträge und schlechte Rahmenbedingungen
21.12.2025

Wie eine aktuelle Umfrage des ifo-Instituts ergab, sehen sich 8,1 Prozent der befragten Firmen direkt in ihrer wirtschaftlichen Existenz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Zölle auf Kleinsendungen: Neue Abgabe trifft Online-Bestellungen aus Drittstaaten
21.12.2025

Der Online-Handel mit günstigen Waren aus Drittstaaten wächst rasant und stellt den europäischen Binnenmarkt vor strukturelle...

DWN
Finanzen
Finanzen Topanalyst enthüllt: Das sind die attraktivsten Rüstungsaktien
21.12.2025

Die globale Sicherheitslage wandelt sich rasant, und die Verteidigungsindustrie gewinnt an Bedeutung für Regierungen und Kapitalmärkte....