Die Stromproduktion mittels Kohle in Deutschland hat im ersten Quartal 2021 die Windkraft wieder überholt. Ein "windarmes Frühjahr" habe zu fast einem Drittel weniger Strom aus Windkraft geführt, teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit. Gefüllt wurde die Lücke nach Angaben der Wiesbadener Behörde durch eine höhere Stromerzeugung aus Kohle- und Erdgaskraftwerken.
Insgesamt wurden von Januar bis einschließlich März hierzulande 138,2 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt und ins Netz eingespeist. Nach vorläufigen Ergebnissen des Bundesamtes waren das 2,6 Prozent weniger als im ersten Quartal 2020. Stammte der Strom im Vorjahreszeitraum überwiegend aus erneuerbaren Energiequellen wie Windkraft, Biogas und Sonne (51,4 Prozent), dominierten zu Beginn dieses Jahres Kohle, Gas und Kernenergie (59,3 Prozent).
Mit einem Anteil von 28,9 Prozent an der insgesamt eingespeisten Strommenge war Kohle der wichtigste Energieträger für die Stromerzeugung in Deutschland im ersten Quartal 2021. Die in Kohlekraftwerken erzeugte Strommenge erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als ein Viertel (26,8 Prozent) auf fast 40 Milliarden Kilowattstunden. Bei Strom aus Erdgas ging es um 24 Prozent auf 22,5 Milliarden Kilowattstunden nach oben.
Dagegen gab es bei der Windkraft ein kräftiges Minus von fast einem Drittel (32,4 Prozent). Die Einspeisung von 33,5 Milliarden Kilowattstunden war für diese Energiequelle der niedrigste Wert für ein erstes Quartal seit 2018. In den beiden Vorjahren hatte Windkraft aufgrund starker Frühjahrsstürme deutlich höhere Werte erreicht.
Den gesamten Bericht des Statistischen Bundesamtes zur Stromerzeugung im ersten Quartal finden Sie hier.
Nackenschlag für Energiewende
Die Daten des Statistischen Bundesamtes zur Stromerzeugung im ersten Quartal sind ein Nackenschlag für das von Bundeskanzlerin Angela Merkel vorangetrieben Großprojekt einer weitgehenden Umstellung der Stromerzeugung auf regenerative Quellen. Es zeigt sich schlichtweg, dass volatile Energiequellen wie Wind- und Solarenergie nur begleitend eingesetzt werden können. Zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit in einem großen Industrieland wie Deutschland sind aber plan- und regelbare Energieformen wie Nuklearkraft, Kohlekraft und Erdgaskraftwerke zumindest zu einem bestimmten Minimalumfang zwingend notwendig, wenn in sogenannten Dunkelflauten der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Der Bundesrechnungshof hatte Ende März die Notbremse gezogen und in zwei Sonderberichten auf die immensen Risiken der Energiewende für die Versorgungssicherheit hingewiesen.
In dieser Situation bietet sich die Atomkraft als Ausweg an, weil sie im Gegensatz zur Kohle- und auch Erdgasverstromung keinerlei Emissionen des Naturgases CO2 oder anderer Gase verursacht. Erste Stimmen in Deutschland haben sich bereits dafür ausgesprochen, zumindest die theoretische Möglichkeit einer Reaktivierung bestimmter Kernkraftwerke in der Zukunft zu diskutieren. Die US-Regierung hat bereits damit begonnen, die Atomkraftwerke des Landes mit Blick auf ihre Umwelt- und Klimapolitik fortan steuerlich zu unterstützen.
Bereits im drittel Quartal 2020 war Kohle der wichtigste Stromlieferant in Deutschland und dies, obwohl die Bundesregierung nach der Atomkraft auch mit großem Nachdruck aus der Kohleverstromung aussteigt.
Was der Ausbau der Windkraft mit Drehfunkfeuern der Luftfahrt zu tun hat
Das Bundeswirtschaftsministerium will mehr Flächen für den Ausbau der Windkraft an Land schaffen. Dazu sollen der Deutschen Flugsicherung finanzielle Mittel für die Umrüstung von sogenannten Drehfunkfeuern zur Verfügung gestellt werden, wie das Ministerium erklärte.
Drehfunkfeuer sind Navigationsanlagen für den Luftverkehr, die durch Windenergieanlagen gestört werden können. Um diese Beeinträchtigungen zu vermeiden, werden Windenergieanlagen im Umfeld von Drehfunkfeuern häufig nicht zugelassen. Die Flugsicherung soll nun die Luftfahrtnavigation weitgehend auf satellitengestützte Verfahren umstellen. Die nicht mehr benötigten Drehfunkfeuer am Boden könnten dann zurückgebaut werden, das soll weitere Flächen für den Windenergieausbau schaffen.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erklärte, es würden zusätzliche Flächen für die Errichtung von Windenergieanlagen mit einer Leistung von rund 700 Megawatt frei. Zum Vergleich: 2020 kamen nach Branchenangaben in Deutschland Windenergieanlagen an Land mit einer Leistung von insgesamt 1431 Megawatt hinzu.
Der Bundesverband Windenergie sprach am Freitag von einem weiteren richtigen Baustein zur Mobilisierung bisher blockierter Flächen zur Nutzung der Windenergie. Es seien aber weitere Maßnahmen nötig. So hatte Annalena Baerbock vor einiger Zeit gefordert, mindestens 2 Prozent der Fläche Deutschlands mit Windkraftanlagen zu bestücken.
Die Deutsche Flugsicherung könne mit der Unterstützung schon in diesem Jahr mit der Umrüstung starten, so Altmaier. Die Deutsche Flugsicherung bezifferte die Fördersumme für die Modernisierung verbleibender Navigationsanlagen auf 14 Millionen Euro. Die DFS stellt nach eigenen Angaben bis zum Jahr 2030 alle An- und Abflugverfahren an den mehr als 60 deutschen Flughäfen auf satellitengestützte Flächennavigation um. Perspektivisch könne die DFS auf die Mehrzahl der heute genutzten 55 Drehfunkfeuer verzichten, sagte der DFS Geschäftsführer Technik, Friedrich-Wilhelm Menge. Mit Nutzung der Satellitennavigation werde nur noch ein Drittel der heutigen Drehfunkfeuer benötigt - als Ausfallinfrastruktur, falls die GPS-Daten nicht zur Verfügung stehen.
Der Ausbau der Windkraft an Land kommt auch aus Sicht der Windbranche und vieler Politiker nicht schnell genug voran. Als Gründe gelten lange Planungs- und Genehmigungsklagen, viele Klagen von bundesweit etwa 1000 Bürgerinitiativen und zu wenig ausgewiesene Flächen. Die zahlreichen Bürgerinitiativen wehren sich unter anderem gegen die Abholzung von Wäldern für den Bau von Windkraftanlagen und die mutmaßlich gesundheitsschädlichen Auswirkungen der Rotoren.