Politik

Pädophilie und High Society: Komplizin des „Zuhälters der Eliten“ steht vor Gericht

Ghislaine Maxwell, die als Komplizin des pädophilen Schwerverbrechers Jeff Epstein fungierte, steht vor Gericht. Maxwell und Epstein haben gemeinsam minderjährige Mädchen an die Eliten der USA verschachert. Maxwell behauptet tatsächlich immer noch, dass sie „keinerlei Verbrechen begangen“ habe. Doch die Beweislast ist erdrückend.
27.11.2021 17:30
Lesezeit: 4 min

Besonders zuversichtlich dürfte Ghislaine Maxwell ihrem ersten Prozesstag kaum entgegenschauen. Vier Mal hatten die Anwälte der Ex-Partnerin des verstorbenen US-Multimillionärs Jeffrey Epstein, der auch als „Zuhälter der Eliten“ bekannt gewesen ist, beantragt, sie aus der U-Haft zu entlassen. Vier Mal lehnte die New Yorker Richterin Alison Nathan wegen Fluchtgefahr ab - was bereits als Indiz für das Klima vor Gericht gewertet wird. Am Montag nun soll der lang erwartete Prozess gegen die 59-Jährige wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen starten. Epsteins Opfer dürften ihn als letzte Chance auf Gerechtigkeit sehen, so die dpa.

Die Geschichte der Sexualverbrechen Epsteins hat in den USA längst monumentale Ausmaße angenommen: Im Zuge der vorgeworfenen Verbrechen fallen auch immer wieder die Namen von Prominenten der internationalen High Society - ja, sogar von Ex-Präsidenten und Prinzen. Und um Epsteins als Suizid eingestuften Tod 2019 in einer Gefängniszelle ranken sich teils krude Verschwörungstheorien.

Laut Staatsanwaltschaft soll der Ex-Investmentbanker über Jahrzehnte hinweg Dutzende minderjährige Mädchen missbraucht und einen verbrecherischen Prostitutionsring auf seinen diversen Anwesen in den USA aufgebaut haben - gleichzeitig hofierte er weiter die Mächtigen und Reichen. Seine Neigungen sollen in gewissen Kreisen ein geradezu offenes Geheimnis gewesen sein.

Trump - damals noch nicht politisch aktiv - über Epstein 2002 im „New York Magazine“: „Es wird sogar erzählt, dass er schöne Frauen genauso mag wie ich. Und viele von denen sind eher von der jüngeren Sorte.“ Andere Bekannte Epsteins waren der frühere US-Präsident Bill Clinton, Microsoft-Gründer Bill Gates sowie der britische Prinz Andrew, gegen den eine Zivilklage von einem Opfer läuft.

Die schwerwiegenden Vorwürfe gegen den einflussreichen Geschäftsmann führten auch zu Ermittlungen der Staatsanwalt in Florida, wo Epstein 2008 auch vor Gericht stand. Damals ging es um die Anschuldigungen von 24 Minderjährigen. Es folgte ein dubioser Deal, den viele für einen Skandal hielten und den pädophilen Verbrecher Epstein zum Symbol einer wohlhabenden Elite machte, die mit allem durchkommt: Nach 13 Monaten, in denen er tagsüber ins Büro durfte, war er wieder frei.

Doch Ermittler in New York rollten den Fall wieder auf und klagten Epstein 2019 erneut an. Dann wurde der Verbrecher eines Morgens tot in seiner Gefängniszelle gefunden - und seine Opfer bleiben ohne Prozess. In der Folge geriet Ghislaine Maxwell angesichts der Schwere der Verbrechen in den Fokus von Ermittlern und Öffentlichkeit, vergangenes Jahr schließlich wurde auch sie verhaftet. Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau mit britischem, französischem und amerikanischem Pass vor, die wichtigste Komplizin in Epsteins Missbrauchsring gewesen sein.

In der Anklageschrift heißt es, die heute 59-Jährige habe den Missbrauch durch Epstein erleichtert, „indem sie mit Opfern über sexuelle Themen sprach, sie ermutigte, Epstein zu massieren und sich vor einem Opfer auszog“. Sie sei zudem bei „bestimmten sexuellen Begegnungen zwischen minderjährigen Opfern und Epstein anwesend“ gewesen. Maxwell bestreitet ihre illegalen Tätigkeiten.

Sie selbst hat einen prominenten Hintergrund: Sie ist die Tochter des superreichen und umstrittenen Verlegers Robert Maxwell und kam Anfang der 90er-Jahre nach New York. Sie traf Jeffrey Epstein auf einer der zahlreichen Promi-Partys und soll damals zeitweise seine Freundin gewesen sein. Das Umfeld Epsteins beschrieb ihre Rolle in seinem Leben als eine Mischung aus Angestellter, bester Freundin und rechter Hand.

Maxwell als Zentrum des Prostitutionsrings ihres Vertrauten, die bereitwillig Opfer für ihn rekrutiert hat - so wollen die Ankläger sie ab Montag in dem Prozess mit einer Reihe von Beweisen darstellen. Für ihre sechs Anklagepunkte haben sie sogar vier Schlüssel-Zeuginnen. Die Verbrechen an den damaligen Teenagern ab 14 Jahren fanden demnach in den Jahren von 1994 und 2004 in Epsteins Anwesen in New York, Palm Beach, Santa Fe und London statt. Schätzungen zufolge könnte des Verfahren bis in den Januar reichen.

Besonders interessant ist, dass in den veröffentlichten Dokumenten zahlreiche Namen von Personen, die die Dienste des Pädophilen-Netzwerks um Epstein und Maxwell in Anspruch genommen hatten, geschwärzt wurden. Die Dokumente können HIER abgerufen werden.

Maxwells Verteidigung dagegen dürfte versuchen, ihre Mandantin von Epstein zu distanzieren, die Beziehung als weniger eng, ihn als missbräuchlich auch ihr gegenüber darzustellen. Wenn die in den vergangenen Wochen sorgfältig ausgewählten zwölf Juroren dieser Darstellung jedoch nicht folgen, drohen Maxwell viele Jahre im Gefängnis.

Unter den Umständen in der Haft hatte sie bereits in den vergangenen mehr als 16 Monaten laut Darstellung ihrer Anwälte gelitten. Sie beschrieben, wie ihre Klientin schon um 3.45 morgens aufgeweckt wurde, um zu Anhörungen am Gericht in Manhattan gebracht zu werden, wie sie dort nicht genug zu essen bekommen habe und wegen ihrer Fußfesseln ins Auto habe krabbeln müssen. Diese Vorwürfe, die die US-Justiz entschieden zurückweist, sollen sie nicht als Täterin, sondern als Opfer der Justiz darstellen.

Vor Richterin Nathan sagte Maxwell bislang nicht viel. Doch das, was sie sagte, war verstörend: „Ich habe keinerlei Verbrechen begangen!“.

Mehr Analysen und Meldungen zum Thema:

Pädophilie-Skandal: US-Bezirksrichterin lässt Namen von Bill Clinton und anderen Prominenten schwärzen

Kinderpornografie: Erreicht der gruselige Skandal bald die Eliten in Deutschland?

Epstein-Affäre zeigt: Es ist an der Zeit, die Super-Eliten abzuschaffen

Nächster Coup beim Epstein-Skandal: Französische Polizei nimmt Model-Agent fest

Neue Festnahme im Epstein-Skandal: Für Prinz Andrew wird die Lage zunehmend brenzlig

DWN stellt die Fakten richtig: Darum wurde die Deutsche Bank im Fall Jeffrey Epstein verurteilt

Sexual-Verbrechen: Beweislast gegen Prinz Andrew wird immer erdrückender

Epstein-Skandal: Fernseh-Interview wird für Prinz Andrew zum Fiasko

Epstein-Komplizin engagiert Anwalt von Top-al-Qaida-Terroristen

Jeff Epsteins Sexualopfer: Ich wurde an die mächtigsten Menschen der Welt verkauft

HIER geht es zu einer Dokumentation über den Fall.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...