Bemerkenswert ist mit Blick auf die Medienberichte zum Ausbau der regenerativen Energiequellen, dass die zunehmend gefährdete Stabilität der deutschen Stromversorgung offenbar überhaupt keine Rolle spielt – zumindest wird dieses Thema nicht öffentlich angesprochen. Dabei warnen seit Langem zahlreiche Experten und Praktiker aus der Energiebranche vor einer deutlichen „Stromlücke“, welche spätestens ab dem aktuellen Jahr in Deutschland klafft und die im Notfall durch den Import von Strom aus dem europäischen Ausland geschlossen werden muss.
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Diese Lücke entsteht, weil die Kapazitäten der planbaren Stromerzeugungsquellen im Zuge des Ausstiegs aus der Atom- und Kohlekraft seit Jahren zurückgefahren werden. Ab 2022 wird es in Deutschland gar keinen Atomstrom mehr geben, ab 2038 soll dann auch überhaupt kein Kohlestrom mehr vorhanden sein. Stattdessen sollen die nicht planbaren und von Witterungsbedingungen abhängigen, also volatilen, Energiequellen – allen voran Windkraft und Fotovoltaik – dann den Großteil der deutschen Stromnachfrage befriedigen.
Dass die Absenkung der konventionellen Stromerzeugung und die Ausweitung der volatilen Energiequellen bereits heute zu einer ernsten Gefahr für die Stabilität des gesamten Stromnetzes geworden ist, zeigt beispielsweise der Umstand, dass in Deutschland bereits seit Jahren Unternehmen ohne Vorwarnung der Strom abgestellt wird, weil die erneuerbaren Erzeuger die Stromnachfrage zeitweise nicht decken können. In solchen Fällen muss also sehr schnell die Nachfrage durch Abwerfen großer Verbraucher wie etwa Industrie-Unternehmen gesenkt werden, um ein deutliches Absacken der Netzfrequenz unter 50 Hertz zu verhindern.
Die Realität sieht folgendermaßen aus: Die Welt berichtete im vergangenen Jahr unter Verweis auf die vier in Deutschland tätigen Netzbetreiber, dass es bereits 2020 zu einem jeweils festgelegten Stichtag im Januar im Falle ungünstiger Bedingungen keine Leistungsreserven mehr im deutschen Netz gegeben habe, sondern dass rein rechnerisch rund 0,5 Gigawatt an Stromleistung an diesem Tag aus dem Ausland importiert hätten werden müssen. Im Januar 2021 weitete sich dieses Defizit zum Stichtag auf 5,5 Gigawatt Leistung aus – was in etwa der Leistung von sechs Großkraftwerken entspricht.
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In einem Interview mit der Welt bezifferte der Chef des Stromanbieters Uniper, Andreas Schierenbeck, die Stromlücke sogar auf etwa 7 Gigawatt. „Wenn der Anteil von Solar und Wind aber deutlich über 40, 50 oder 60 Prozent steigt, wird es ohne eine solide Rückendeckung durch fossile Reservekraftwerke nicht mehr gehen. (…) Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten drei Jahren eine Lücke von mehr als sieben Gigawatt an sicherer Erzeugungskapazität in Deutschland haben können, um die Spitzenlast zu decken. Es wird also die Kapazität von mindestens sieben Großkraftwerken fehlen. Ich halte das für bedenklich.“
Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten zitierten in der jüngsten Vergangenheit mehrfach Untersuchungen der Akademie Bergstraße für Ressourcen-, Demokratie- und Friedensforschung aus denen unter anderem hervorgeht, dass es mittlerweile eigentlich dutzende neue Gaskraftwerke geben müsste, um den Anstieg des Anteils volatiler Stromerzeuger an der gesamten Erzeugungskapazität auszugleichen – bis heute wurde auf diesem Feld aber so gut wie nichts erreicht.
In einem Interview mit dem Portal Telepolis sagte Henrik Paulitz von der Akademie Bergstraße mit Blick auf die möglichen Folgen der Stromlücke in Form von Stromausfällen:
„Wenn die aktuellen energiepolitischen Beschlusslagen zum Abschmelzen von Kraftwerkskapazitäten umgesetzt werden, wird es in Deutschland schon in Kürze keine zuverlässige Stromversorgung mehr geben. Die Bevölkerung ist sich weithin völlig im Unklaren darüber, dass nicht nur "ungeplante Blackouts" drohen, bei denen es laut eines Berichts von 2011 des "Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag" zu zahllosen Todesopfern kommen kann.
Etwa wenn Menschen in Bahnen und Fahrstühlen dehydrieren, es zu einer deutlich erhöhten Zahl von schweren Verkehrsunfällen kommt, die Wasserinfrastruktur nicht mehr funktioniert, das Risiko von Bränden in Wohn- und Gewerbegebäuden steigt, die Kühlung von lebenswichtigen Medikamenten und Lebensmitteln nicht mehr funktionieren, die Versorgung in Krankenhäusern und Pflegeheimen zusammenbricht, Gewaltkriminalität zunimmt und so weiter und so fort.
Strukturell sehr viel zerstörerischer dürften "geplante Brownouts" wirken, wenn also die Netzbetreiber Industriebetrieben und Privathaushalten regelmäßig den Strom abschalten müssen, weil die Solar- und Windenergieanlagen nachts und bei Windflaute nur wenig Strom erzeugen. Einen Gesetzentwurf für eine solche Strom-Mangelverwaltung hat das Bundeswirtschaftsministerium unlängst vorgelegt, dann aber wieder zurückgezogen, um ihn zu überarbeiten.