Politik

Landtagswahl Saarland: SPD löst nach mehr als zwei Jahrzehnten CDU ab

Die SPD holt sich nach dem Erfolg vor einem halben Jahr im Bund auch im Saarland den Wahlsieg. Neue Ministerpräsidentin wird die bisherige Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger. Die CDU stürzt auf ein historisch schlechtes Ergebnis ab.
27.03.2022 19:48
Aktualisiert: 27.03.2022 19:48
Lesezeit: 2 min
Landtagswahl Saarland: SPD löst nach mehr als zwei Jahrzehnten CDU ab
Anke Rehlinger, SPD-Spitzenkandidatin, stellvertretende Ministerpräsidentin des Saarlandes und stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende. (Foto: dpa) Foto: Harald Tittel

Im Saarland gibt es nach mehr als zwei Jahrzehnten einen Machtwechsel. Bei der Landtagswahl wurde die SPD am Sonntag mit einem haushohen Sieg stärkste Partei vor der CDU. Neue Ministerpräsidentin wird ihre Spitzenkandidatin, die bisherige Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger. Die 45-Jährige löst den bisherigen CDU-Regierungschef Tobias Hans (44) ab. Die erste Landtagswahl seit der Bundestagswahl vor einem halben Jahr galt auch als Stimmungstest für die neue Bundesregierung.

Nach den ersten Hochrechnungen von ARD und ZDF können die Sozialdemokraten mit mehr als 43 Prozent der Stimmen rechnen. Im Vergleich zur Wahl 2017 (29,6 Prozent) bedeutet dies ein Plus von mehr als 13 Punkten. Die CDU stürzt hingegen auf nur noch etwa 27,5 Prozent ab (2017: 40,7 Prozent) - ihr schlechtestes Ergebnis an der Saar seit mehr als sechs Jahrzehnten.

Rechnerisch wäre damit in Saarbrücken wie schon seit zehn Jahren wieder eine große Koalition möglich - nun allerdings unter Führung der SPD. Die ersten Zahlen ließen aber auch die Möglichkeit offen, dass die Sozialdemokraten in Deutschlands kleinstem Landtag auf eine absolute Mehrheit kommen. Rehlinger könnte dann allein regieren - ohne Koalitionspartner. Abhängig war dies vom Ergebnis der kleineren Parteien. Grünen-Chef Omid Nouripour zeigte sich offen für eine Koalition seiner Partei mit der Wahlsiegerin SPD. „Der Ball liegt natürlich bei der SPD, und natürlich sind wir auch gesprächsbereit“, sagte Nouripour im ZDF.

Für die kleineren Parteien ergab sich in den Hochrechnungen folgendes Bild: Die AfD wäre mit 5,5 Prozent (6,2) knapp wieder im Landtag, die Grünen wären mit etwa 5,6 Prozent (4,0) nach fünf Jahren Pause ebenfalls wieder im Parlament. Die FDP (2017: 3,3 Prozent) lag knapp unter oder auf genau fünf Prozent und musste zittern. Nicht mehr dabei ist die Linke, die mit nur noch etwa 2,6 Prozent (12,8) aus dem Landesparlament flog. Die Partei hatte sich an der Saar schwere Querelen geleistet - bis hin zum Austritt ihres Ex-Bundesvorsitzenden Oskar Lafontaine.

Damit gelang der stellvertretenden SPD-Bundesvize Rehlinger in ihrer Heimat im zweiten Anlauf der Sprung nach ganz oben. Die Juristin wird nun die erste SPD-Regierungschefin in der Geschichte ihres Landes. Bundesweit stehen dann vier sozialdemokratische Frauen an der Spitze einer Landesregierung - so viele wie noch nie. Die anderen Parteien von Union über Grünen bis Linke haben nur männliche Regierungschefs. Für die SPD ist dies an der Saar das beste Ergebnis seit der Jahrtausendwende.

Das Saarland mit lediglich einer Million Einwohnern ist auch das kleinste Flächenland unter den Bundesländern. Trotzdem galt die Wahl auch als erster Stimmungstest für die Ampel-Koalition unter SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz und die Union unter dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. In diesem Jahr folgen noch Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Die Bundes-SPD bejubelte den Erfolg an der Saar als „Erdrutschsieg“. Generalsekretär Kevin Kühnert sagte mit Blick auf die nächsten Wahlen: „Das gibt uns wahnsinnigen Rückenwind.“ Die Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang wies in der ARD darauf hin, dass ihre Partei nun wieder in allen 16 Landtagen vertreten sei.

Die CDU hatte in Saarbrücken seit fast 23 Jahren ohne Unterbrechung die Regierungschefin oder den Regierungschef gestellt. Hans war allerdings zum ersten Mal Spitzenkandidat seiner Partei. Er hatte den Posten des Ministerpräsidenten 2018 von Annegret Kramp-Karrenbauer übernommen, die damals aus dem Saarland in die Bundespolitik wechselte. Hans ließ bislang offen, ob er auch als Vize unter Rehlinger ins Kabinett gehen würde. Die Wahlbeteiligung ging etwas zurück. Das ZDF gab sie in der Prognose mit 63,0 an. 2017 lag sie bei 69,7 Prozent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen NATO-Ostflanke: Drohnenhersteller Quantum Systems unterstützt die Bundeswehr-Brigade in Litauen
22.11.2025

Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems expandiert nach Litauen und baut dort ein umfassendes Wartungs- und Logistikzentrum für...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität: Wie Deutschland bei Breitband, 5G und Cloud die Abhängigkeit verringern kann
22.11.2025

Verpasst Deutschland die digitale Zeitenwende? Der Wohlstand von morgen entsteht nicht mehr in Produktionshallen, sondern in...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz-Erfinder warnt: „Meine Schöpfung kann uns vernichten“
22.11.2025

Er gilt als einer der „Väter der Künstlichen Intelligenz“ – jetzt warnt Yoshua Bengio vor ihrer zerstörerischen Kraft. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zwischen Škoda-Erfolg und Chinas Einfluss: Was die Abhängigkeit für deutsche Autobauer bedeutet
22.11.2025

Elektromobilität ist längst kein Nischenphänomen mehr, sondern prägt zunehmend den europäischen Massenmarkt. Doch wie gelingt es...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachtsmarkt-Sicherheit: Was bringen Beton, Kameras und Co. auf Weihnachtsmärkten wirklich?
22.11.2025

Deutsche Weihnachtsmärkte stehen für Atmosphäre, Tradition und Millionen Besucher. Gleichzeitig wächst die Debatte über Schutz,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ticketsteuer sinkt: Flugbranche verspricht mehr Verbindungen – Passagiere bleiben skeptisch
22.11.2025

Die Bundesregierung will den Luftverkehr mit einer Absenkung der Ticketsteuer ab Mitte nächsten Jahres entlasten. Die Flug- und...

DWN
Politik
Politik New York-Wahl: Was Mamdanis Sieg für Europa bedeutet
22.11.2025

Der Sieg eines radikalen Sozialisten in New York, Deutschlands Stillstand und Polens Aufstieg: Ein Kommentar darüber, wie politische und...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash: Wie Zinsen und KI die Kryptomärkte unter Druck setzen
21.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen an den Kryptomärkten stellen Anleger, Unternehmen und Regulierer gleichermaßen auf die Probe. Welche Kräfte...