Finanzen

Zinswende: Mit Vorsatz in den nächsten Crash

Lesezeit: 5 min
21.05.2022 09:26  Aktualisiert: 21.05.2022 09:26
Die Fed befindet sich in einem Teufelskreis: Lässt sie die Zinsen unangetastet, steigt die Inflation. Erhöht sie die Zinsen, brechen die Märkte zusammen. Wobei sich die Frage stellt: Wollen die Verantwortlichen den Crash überhaupt verhindern?
Zinswende: Mit Vorsatz in den nächsten Crash
Die Zinswende mag die Inflation eindämmen - aber sie bereitet den Nährboden für den Untergang der Weltwirtschaft, so wie wir sie kennen. (Foto: dpa)

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Monatelang hat Jerome Powell, Chef der US-Zentralbank „Federal Reserve“ (FED), die Inflation in seinem Lande heruntergespielt. Immer wieder hat er betont, es handle sich um ein „vorübergehendes Phänomen“, das man gut im Griff habe und das keine besonderen Maßnahmen erfordere.

Inzwischen hat ihm die Wirklichkeit jedoch einen kräftigen Strich durch die Rechnung gemacht. Seit Monaten eilen die Preise in den USA von Rekord zu Rekord. Im März sind sie gegenüber dem Vorjahresmonat offiziell um sage und schreibe 8,5 Prozent und damit um den höchsten Satz seit mehr als vierzig Jahren gestiegen.

Um seine Glaubwürdigkeit nicht vollends zu verlieren, blieb Powell schließlich nichts anderes übrig als zu handeln. Anfang Mai hob die Fed den Leitzins um 0,5 Prozent an, den höchsten Wert seit einundzwanzig Jahren. Außerdem stellte sie weitere Zinserhöhungen für den Fall in Aussicht, dass die Inflation trotz der eingeleiteten Gegenmaßnahmen weiter anziehen sollte.

Powell fürchtet den Bürgerkrieg

Die Frage, die sich angesichts dieser strategischen Kehrtwende aufdrängt, lautet: Wieso hat die Fed so lange gewartet? Wieso hat sie nicht schon im vergangenen Jahr begonnen, den Leitzins behutsam anzuheben, um so eine harte Landung zu vermeiden?

Die Antwort lautet: Weil Zinserhöhungen im gegenwärtigen Finanzumfeld ähnlich wirken wie das Löschen eines Feuers mit einem Brandbeschleuniger. Wie der Rest der Welt, sitzen die USA auf einem historischen Schuldenberg, der inzwischen alle Rekorde sprengt. Diese Schulden müssen unablässig bedient werden, und da wirkt jedes Zehntelprozent wie ein Mühlstein um den Hals der Schuldner.

Außerdem steht außer Zweifel, dass die USA sich zurzeit auf dem Weg in eine Rezession befinden, die durch die Zinserhöhung mit Sicherheit angefacht und nicht etwa abgemildert wird. Das wiederum bedeutet nichts anderes, als dass Powells Entscheidung die US-Wirtschaft mit Sicherheit in die nächste große Krise treiben wird.

Warum aber hat die Fed dann überhaupt gehandelt und das Problem nicht einfach weiter ausgesessen? Das dürfte vor allem einen Grund haben: Eine fast zehnprozentige Inflation (der inoffizielle – und wesentlich glaubwürdigere - Wert liegt zurzeit bei 18 bis 22 Prozent) hat insbesondere auf untere Einkommensschichten verheerende Auswirkungen und kann sich schnell in sozialen Unruhen entladen. Anders ausgedrückt: Die Fed fürchtet den Bürgerkrieg.

Der Fed blieb in der vergangenen Woche im Grunde also gar nichts anderes übrig, als sich wider besseres Wissen für eine Zinserhöhung zu entscheiden. Wie aber wird sich diese auswirken?

Die Folgen werden dramatisch sein

Bereits in den ersten Tagen zeigten sich an den Finanzmärkten heftige Turbulenzen. Dass die zu erwarten waren, zeigt ein Blick zurück in die jüngere Vergangenheit: Als die Weltfinanzkrise und die Eurokrise das globale Finanzsystem kräftig durchgeschüttelt hatten, unternahm die Federal Reserve unter Powells Vorgängerin Janet Yellen zwischen 2016 und 2018 schon einmal den Versuch, ihre ultra-lockere Geldpolitik zu straffen und zu einer „normalen“ Zinspolitik zurückzukehren.

Nachdem sie 2016 und 2017 nur zaghafte 0,25-Prozent-Erhöhungen vorgenommen hatte, verschärfte Yellen das Tempo 2018 und hob den Leitzins in vier Schritten um insgesamt ein Prozent an. Die Folgen waren verheerend: Zu Weihnachten 2018 kam es an den internationalen Aktienmärkten zu den größten Kurseinbrüchen seit achtzig Jahren. Die FED versprach den Investoren daraufhin umgehend, keine weiteren Zinserhöhungen vorzunehmen und schaffte es so, die Märkte zumindest vorübergehend zu beruhigen.

Erwartet uns jetzt ein ähnlicher Crash wie zu Weihnachten 2018? Sind die Korrekturen der zurückliegenden Tage Frühindikatoren eines bevorstehenden gewaltigen Einbruchs? Eigentlich müsste man davon ausgehen, denn die Gemengelage, mit der wir es aktuell zu tun haben, ist wesentlich brisanter als die von 2018.

Doch es gibt auch Faktoren, die die Entwicklung vorübergehend ausbremsen und zu einer zeitlichen Verzögerung des finalen Kollapses führen können. So treibt die US-Zinserhöhung den Kurs des Dollar gegenüber anderen Währungen wie dem Euro in die Höhe und verhilft der US-Währung im Verhältnis zu ihren Konkurrenten zu einer kurzen Verschnaufpause. Darüber hinaus sorgen die 0,5 Prozent Zinsen dafür, dass die seit einiger Zeit anhaltende Kapitalflucht aus China weiter verstärkt und damit der größte internationale Wettbewerber der USA zusätzlich unter Druck gesetzt wird.

Ziel ist die Überbrückung bis zum finalen Crash

Das alles sind aber nur vorübergehende Entwicklungen, die den endgültigen Zusammenbruch des Systems nicht aufhalten werden. Dennoch scheint sich hinter Powells Entscheidung, das System gerade jetzt unter Druck zu setzen, noch ein weiterer wichtiger Faktor zu verbergen. Das politische und wirtschaftliche Umfeld war nämlich seit langem nicht so günstig, um die internationale Öffentlichkeit über die wahren Gründe für die Inflation hinwegzutäuschen und ihr gewissermaßen auf einem goldenen Tablett einen Sündenbock für die anhaltende Geldentwertung zu präsentieren.

Seit Wochen blickt fast die gesamte Welt wie gebannt auf den Ukrainekrieg. Politik und Medien arbeiten rund um die Uhr daran, diesen Konflikt zum Hauptübel unserer Zeit zu erklären und so gut wie alle negativen Erscheinungen auf das Kriegsgeschehen zurückzuführen.

Ob Energiekrise, Lieferkettenprobleme, Nahrungsmittelengpässe oder Inflation – sämtliche dieser Entwicklungen werden derzeit ursächlich mit dem Ukrainekrieg verknüpft, die Schuld dafür dem russischen Präsidenten Putin und seinen vermeintlichen Allmachtsphantasien in die Schuhe geschoben.

Hinzu kommt noch ein zweites Phänomen, das den Machthabern derzeit hervorragend in die Hände spielt: der Lockdown, den die chinesische Regierung im Zuge ihrer Zero-Covid-Politik über Shanghai, einige andere Großstädte und mittlerweile auch über Teile der Hauptstadt Beijing verhängt hat. Er hat dazu geführt, dass sich vor den chinesischen Häfen hunderte von Containerschiffen stauen, die nicht abgefertigt werden können.

Die Auswirkungen werden die gesamte Welt mit aller Härte treffen, denn China ist mittlerweile globale Handelsnation Nr. 1. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Prognose für das weltweite Wirtschaftswachstum für dieses Jahr bereits wegen der Lage in China nach unten korrigiert.

Für die US-Politik und Jerome Powells FED kommen diese Hiobsbotschaften wie gerufen. Sie können gemeinsam mit den Medien mit dem Finger auf China und Russland zeigen, während sie – weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit - im Hintergrund eine Agenda verfolgen, die unser aller Zukunft stärker als jeder Krieg beeinflussen wird.

Die Agenda im Hintergrund

Ziel ist die Einführung digitaler Zentralbankwährungen. Das aktuelle Geldsystem hat abgewirtschaftet, die rasante Geldentwertung kann mit den herkömmlichen Mitteln nicht mehr aufgehalten werden, und deshalb arbeiten sämtliche große Zentralbanken der Welt unter Hochdruck an der Vorbereitung von CBDC’S (central bank digital currencies).

Die aber liefern uns alle der Willkür und der Kontrolle durch die Zentralbanken und damit den Staat aus und würden unter normalen Umständen von der Mehrheit der Bevölkerung nicht akzeptiert.

Aus diesem Grund hat man offensichtlich folgenden Plan gefasst: Man will das neue Geld in Form des universellen Grundeinkommens einführen und es den Menschen als humanitären Akt, als eine Art staatliche Wohltat, präsentieren. Dazu bedarf es allerdings einer besonderen Voraussetzung, nämlich extrem schwieriger wirtschaftlicher und sozialer Verhältnisse, wie zum Beispiel einem Mix aus Massenarbeitslosigkeit, Inflation, Energiekrise und Lieferkettenproblemen.

Genau diese Situation wird zurzeit von allen wichtigen Regierungen vorsätzlich herbeigeführt. Niemand sollte glauben, wir hätten es mit ahnungslosen Politikern zu tun, die blind in eine Katastrophe hineintappen. Die Katastrophe ist gewollt, sie folgt sogar einem Skript mit dem Namen „The Great Reset“ und treibt uns aktuell in dessen wichtigste Phase, nämlich die der sogenannten „kreativen Zerstörung“.

                                                                            ***

Ernst Wolff, 69, befasst sich mit der Wechselbeziehung zwischen internationaler Politik und globaler Finanzwirtschaft.


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