Wirtschaft

Wladimir Putin: Das Spiel mit dem Tod

Während die Kriegsdynamik in der Ukraine keine verlässlichen Schlüsse zulässt, spitzt sich die Situation auf dem Getreidemarkt zu.
09.06.2022 13:28
Aktualisiert: 09.06.2022 13:28
Lesezeit: 2 min
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Die Welt scheint im Netz der Lügen Putins gefangen: Während die Kriegsdynamik in der Ukraine keine verlässlichen Schlüsse zulässt, scheint die einzige Konstante eine die Welt bedrohende Hungersnot zu sein. Mit dem fahlen Beigeschmack, dass die westlichen Länder zwischen Hoffen und Bangen keinen Ausweg finden, der eine künftige Getreideknappheit und eine sich anbahnende Hungerkrise in afrikanischen Ländern und auf dem indischen Subkontinent verhindern kann.

Am Freitag vergangener Woche hat sich Russlands Präsident Wladimir Putin noch bereit erklärt, den Export von Getreide aus der Ukraine nach Afrika zu ermöglichen. Nach einem Treffen mit Putin, twitterte zumindest Macky Sall, Präsident der Afrikanischen Union, dass der Kremlchef den Export von Weizen und Düngemittel auf den afrikanischen Kontinent gewährleiste.

Fast gleichzeitig zerstörten aber russische Streitkräfte am Pfingstwochenende ein großes Terminal zur Verladung von Getreide und anderen Agrarrohstoffen in der ukrainischen Stadt Mykolajiw.

Gestern eine weitere Kehrtwende. Russlands Außenminister verwies bei Verhandlungen mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu darauf, dass es keine Aufhebung der Hafenblockade für den Getreideexport aus der Ukraine geben wird. Ursprünglich sollten türkische Militärs in den Hoheitsgewässern des Nachbarlandes die Minenräumung übernehmen und die Schiffe bis in neutrale Gewässer begleiten.

Stattdessen spielt Lawrow die weltweite Sorge vor Hungerkrisen herunter, indem er entgegen den Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO den weltweiten Anteil der ukrainischen Weizenproduktion mit weniger als einem Prozent beziffert. Allerdings errechnet die FAO zumindest für das Jahr 2020 einen ukrainischen Produktionsanteil von drei Prozent und einen weltweiten Export von neun Prozent.

Nicht nur die Kommissionsmitglieder der EU, allen voran Präsidentin Ursula von der Leyen, reagieren heftig auf die widersprüchlichen Aussagen aus Moskau und machen Russlands Staatschef Wladimir Putin für drohende Hungersnöte auf der Welt verantwortlich. Auch die Agrarbörsen reagieren weltweit äußerst nervös auf die widersprüchlichen Aussagen aus Moskau.

So führte die Ankündigung Russlands, den Export von Getreide über die Seehäfen am Schwarzen Meer zu erlauben, zu einem Rückgang der internationalen Getreidepreise. Um nach der Zerstörung des Terminals zu Beginn der Woche vorübergehend wieder kräftig anzuziehen.

Dabei sind es nicht nur ausschließlich die Getreidepreise von Weizen, Mais oder Raps, die sich nach den Wasserstandsmeldungen des Ukraine-Krieges aus dem Kreml richten. Auch die Reispreise stiegen an den wichtigsten asiatischen Handelsplätzen in der jüngsten Vergangenheit erheblich an.

Die Gründe dafür waren zweierlei: Einerseits befeuerten befürchtete Produktionsausfälle bei Weizen aufgrund der von März bis Mai andauernden Hitzewelle in Indien, die Sorge, die Ausfälle mit der kommenden Reisernte stopfen zu müssen. Andererseits war eine stark anziehende Nachfrage, nachdem die Nahrungsmittelpreise in vielen Ländern der Welt stark angestiegen sind, dafür verantwortlich.

Noch sind die Preise in Indien, dem weltweit größten Reisexporteur, am günstigsten. Die Regierung plant auch nicht, die Reisexporte einzuschränken. Bekanntlich hat das Land am 14. Mai dieses Jahres die Ausfuhr von Weizen mit der Begründung verboten, dass der plötzliche Anstieg der weltweiten Weizenpreise die Lebensmittelsicherheit Indiens gefährde. Allerdings zogen die Reis-Preise in Thailand, Vietnam und Pakistan bereits kräftig an.

Gleichzeitig haben Reishändler in Bangladesch, einem großen Reisimporteur, angefangen, Reis zu horten und damit den Preis innerhalb von einer Woche um fünf Prozent nach oben getrieben.

Vor diesem Hintergrund gestiegener Nahrungsmittelpreise und Getreideknappheit dürften nach Schätzungen der EU-Kommission etwa 275 Millionen Menschen zumindest einem hohen Risiko an Ernährungsunsicherheit ausgesetzt sein. Dabei entpuppt sich die Knappheit von Getreide als eine Kriegswaffe, die sich nicht nur gegen die Ukraine richtet, sondern über den gesamten Globus ihre verheerenden Kreise zieht.

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