Finanzen

„Direkte Rohstoffinvestments bieten keinen echten Mehrwert“

Lesezeit: 3 min
31.07.2022 10:00
Auf der Suche nach Rendite und aus Schutz vor Inflation überlegen viele, ob Investionen in Rohstoffe eine attraktive Geldanlage sind.
„Direkte Rohstoffinvestments bieten keinen echten Mehrwert“
Langfristig hatten Aktien seit 1975 eine höhere inflationsbereinigte Rendite und eine geringere Volatilität als Gold. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Klaus Porwoll, Honorarberater von der PecuniArs Gesellschaft für strategische Anlageberatung mit Sitz in Berlin spricht mit den DWN über verschiedene Anlagestrategien, Rohstoffinvestments und über die Möglichkeiten sich gegen die Inflation zu schützen.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Schützen direkte Rohstoffinvestments Ihrer Ansicht nach gegen Inflation?

Klaus Porwoll: Wenn man das genau analysiert, dann stellt man fest, dass die langfristige inflationsbereinigte Preissteigerung für alle Rohstoffgruppen zusammen, also Energie, Edelmetalle, Basismetalle, Mineralien und Agrarrohstoffe, sehr niedrig ist. Sie liegt im Zeitraum zwischen 1901 und 2015 bei 0,2 Prozent im Schnitt pro Jahr. Und auch seit 2015 entwickelten sich die Rohstoffkurse insgesamt seitwärts. Zwar stiegen sie 2021 etwas stärker an, das war aber auf die eher vorübergehenden Probleme auf der Nachfrageseite zurückzuführen. Denn dort standen einem erhöhten Bedarf durch den Aufschwung nach den Lockdowns erhebliche Lieferengpässe gegenüber. Energierohstoffe liefen übrigens etwas besser als die anderen Rohstoffgruppen. Sie verzeichneten in den vergangenen 150 Jahren eine etwas bessere preisadjustierte Rendite als die vier anderen Hauptgruppen.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Was ist mit dem Argument, dass Rohstoffe ein Portfolio besser diversifizieren?

Porwoll: Direkte Rohstoffinvestments als Depotbeimischung und zur Risikodiversifizierung bieten sich nur theoretisch an. Positiv ist sicher, dass die Rohstoffmärkte mit den traditionellen Anlageklassen kaum korrelieren. Wirklich hilfreich sind sie aber nur dann, wenn sie in schwierigen Krisen eine positive Rendite erzielen, um die Verluste in anderen Anlageklassen abzufedern. Wenn man sich aber die langfristigen Renditen und das eingegangene Risiko bei Rohstoffen in der Vergangenheit anschaut, sehen diese im Verhältnis zu Aktien eher schlecht aus.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Bestimmte Rohstoffe werden auch empfohlen, weil sie von der steigenden Nachfrage im Zusammenhang mit der Energiewende profitieren. Was ist davon zu halten?

Porwoll: Grundsätzlich sind Rohstoffe nicht endlich, wie gern behauptet wird. Übrigens wurden auch keine der angeblich begrenzten Energierohstoffe in den vergangenen Jahren verbraucht. Auch werden immer wieder neue Abbautechnologien wie Fracking entwickelt, die helfen, den Bedarf zu decken. Dazu kommt noch ein weiteres Problem bei direkten Rohstoffinvestments: Abgesehen von Edelmetallen ist die Lagerung von Rohstoffen auf Grund der hohen Kosten wirtschaftlich unrentabel oder in manchen Fällen auch gar nicht möglich. Direkte Rohstoffanlagen sind deshalb nur über Futures, also Warentermingeschäfte, umsetzbar. Aber auch hier sind die preisbereinigten Renditen mit zwei Prozent pro Jahr in den vergangenen rund 50 Jahren recht überschaubar.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Und wenn jemand trotzdem die Anlageklasse Rohstoffe beimischen möchte?

Porwoll: Derjenige muss zunächst einmal bedenken, dass Rohstoffe keine laufenden Erträge abwerfen. Bei Aktien gibt es Dividenden, bei Anleihen die laufenden Kuponzahlungen und bei einer Immobilie die Mieteinnahme. Bei Rohstoffen können Sie aber nur hoffen, dass Ihnen diese jemand zu einem späteren Zeitpunkt zu einem höheren Preis wieder abkauft. Wenn jemand zur Risikodiversifikation dennoch investieren möchte, der sollte dies über einen Exchange Traded Fund auf einen Rohstoffindex tun. Einen Anteil von fünf bis zehn Prozent am Gesamtportfolio sollte das aber nicht übersteigen.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Sind Rohstoffaktien eine Alternative?

Porwoll: Auch das ist wohl nicht der richtige Ansatz, denn Analysen belegen, dass die meisten Rohstoffaktien hinsichtlich der Wertentwicklung einer unmittelbaren Investition in Rohstoffen unterlegen waren und sie auch nur eine moderate Korrelation aufwiesen. Dazu kommt noch ein weiteres Problem: Wenn Sie nun wirklich gezielt in Rohstoffaktien investieren, kann es zu Unwuchten im Portfolio kommen. Sie gelten als sehr volatil, weshalb die Portfolioausrichtung dann vielleicht nicht mehr zur individuellen Risikoneigung des Anlegers und seinen Anlagezielen passt. Deshalb würde ich davon abraten.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Was empfehlen Sie Ihren Kunden dann im aktuell schwierigen Umfeld?

Porwoll: Wir haben es derzeit in der Tat mit einer Vielzahl an Krisen zu tun. Neben dem Krieg in der Ukraine haben wir rekordhohe Inflationsraten und die damit einhergehende, sehr aggressive Zinswende. Dazu kommen Befürchtungen über eine mögliche Rezession. Dennoch rate ich Anlegern Ruhe zu bewahren und die Situation gründlich zu analysieren, bevor jemand überstürzt handelt und seine Aktien und Anleihen verkauft und alles in Rohstoffe, Gold und Bargeld investiert. Stattdessen sollte man sich bewusst machen, dass Kursschwankungen – auch im aktuellen Ausmaß – immer wieder vorkommen.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Und was sind Ihre konkreten Anlageempfehlungen?

Prowoll: Ich empfehle meinen Kunden immer ein gut diversifiziertes Portfolio aus globalen Anleihen und Aktien. Das reduziert Risiken in Krisenzeiten und damit die Kursschwankungen auf Portfolioebene, wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen. Interessant ist auch, wie sich Aktien langfristig nach einer Inflation entwickeln. Nach meinen Berechnungen haben sie seit 1975 eine inflationsbereinigte Rendite von rund 7,4 Prozent gebracht. Zum Vergleich: bei Gold waren es nur 3,5 Prozent. Dazu weisen Aktien eine um ein Drittel geringere Volatilität auf als das Edelmetall. Und da Aktien und Anleihen einen laufenden Cashflow bringen, haben sie auch einen theoretisch bestimmbaren fundamentalen Wert. In Krisenzeiten, wie wir sie aktuell haben, bieten sich gerade bei Aktien, die zum Teil deutlich an Wert verloren haben, Chancen. Das heißt, ich empfehle in Aktien investiert zu bleiben und vielleicht sogar nachzukaufen. Denn mit Aktien lässt sich am besten ein gezielter langfristiger Vermögensaufbau betreiben.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik Israels Armee nähert sich dem Grenzübergang von Rafah
07.05.2024

Israels Regierung bleibt bei der geplanten umfangreichen Offensive gegen Rafah bestehen, während die Hamas einer Waffenruhe zustimmt -...

DWN
Immobilien
Immobilien Gesundheitsimmobilien: Investmentmarkt stolpert – wie sieht die Pipeline weiter aus?
07.05.2024

Nach robustem Transaktionsvolumen in den vergangenen Jahren herrschte auf dem Investmentmarkt für Pflegeheime, Seniorenimmobilien und...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Menge sichergestellten Kokains im Hamburger Hafen verdreifacht
06.05.2024

Im Hamburger Hafen werden alle nur erdenklichen Waren umgeschlagen - auch Drogen. Immer mehr Kokain findet durch das Tor zur Welt seinen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Der internationale Handel und Kriege im Fokus bei Xi-Besuch in Frankreich
06.05.2024

Auf gute Stimmung machen in Europa: Chinas Staatspräsident Xi besucht seit fünf Jahren mal wieder Frankreich und lächelt, als ihn...

DWN
Politik
Politik Neues Gesicht in der CDU: Helmut Kohl-Enkel will in Bundesvorstand gewählt werden
06.05.2024

Die Kinder von Helmut Kohl haben auf eine Karriere in der Politik verzichtet. Jetzt versucht der Enkel des früheren Bundeskanzlers,...

DWN
Politik
Politik Friedrich Merz bleibt Parteichef: CDU zur sofortigen Regierungsübernahme bereit
06.05.2024

Die CDU trifft sich zum dreitägigen Bundesparteitag in Berlin. Es geht um die Verabschiedung des neuen Parteiprogramms der Union und auch...

DWN
Politik
Politik Scholz zu Besuch in Litauen: „Jeden Zentimeter ihres Territoriums verteidigen"
06.05.2024

Mit der anlaufenden Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade an der Nato-Ostflanke geht Deutschland im Bündnis voran. Der...