Politik

Ukraine-Politik: Demokraten ziehen offenen Brief an Biden zurück

Einen Tag, nachdem sie Präsident Joe Biden zu einer Kursänderung in der Ukraine-Politik aufriefen, ziehen die Abgeordneten ihren offenen Brief plötzlich zurück.
26.10.2022 09:51
Aktualisiert: 26.10.2022 09:51
Lesezeit: 2 min

30 Abgeordnete aus der demokratischen Partei von US-Präsident Joe Biden haben ihren Brief zurückgezogen, in dem sie direkte Verhandlungen der USA mit Russland für ein rascheres Ende des Krieges anregten. Das Schreiben sei bereits vor Monaten verfasst und von Mitarbeitern ohne Freigabe verschickt worden, behauptete die Abgeordnete Pramila Jayapal am Dienstag.

Der Zeitpunkt sei ungünstig, da erst kürzlich die Republikaner im Repräsentantenhaus signalisiert hatten, im Falle ihres Wahlsiegs im November auf die Bremse bei den Ukraine-Hilfen treten zu wollen, schrieb sie. Das sei nicht die Position der Demokraten - habe aber unglücklicherweise danach ausgesehen. Deshalb ziehe man das Schreiben zurück.

Der am Montag veröffentlichte Brief war in den USA scharf kritisiert worden. Das Weiße Haus bekräftigte, man werde keine Verhandlungen mit Russland ohne Beteiligung der Ukraine führen.

Die demokratischen Abgeordneten hatten in ihrem Brief zwar den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt und die bisherige US-Hilfe für das Land gelobt, legten Biden aber zugleich eine Kursänderung nahe. Es sei nötig, Unterstützung für die Ukraine mit proaktiven diplomatischen Vorstößen zu verbinden, um „einen realistischen Rahmen für eine Waffenruhe zu finden“. Zu einem solchen Rahmen könne eine Lockerung der Sanktionen und Sicherheitsgarantien für eine freie und unabhängige Ukraine gehören, „die für alle Parteien akzeptabel sind, insbesondere die Ukrainer.“

Jetzt schlug Jayapal einen anderen Ton an: „Jeder Krieg endet mit Diplomatie - und so auch dieser, nach einem ukrainischen Sieg.“

Unter den Unterzeichnern des Briefes fanden sich einige bekannte Abgeordnete wie Alexandria Ocasio-Cortez, Ilhan Omar und Jamie Raskin. Es war das erste Mal, dass eine größere Gruppe demokratischer Kongressmitglieder Änderungen an der Ukraine-Politik anregte. Den Republikanern werden gute Chancen beigemessen, im November die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu erringen. Sie prangern im Wahlkampf unter anderem die hohe Inflation an, für die sie die Demokraten verantwortlich machen, während sie auch eine Folge des russischen Angriffskrieges ist.

Schäden für die Ukraine und Europa

Der Hellmeyer Report kommentiert die Rücknahme des offenen Briefes:

Der „Congressional Progressive Caucus“ zieht den Brief an den US-Präsidenten, in dem verstärkte Diplomatie im Ukraine Konflikt eingefordert wurde, zurück. Der Brief wäre vor Monaten verfasst worden und nun irrtümlich ohne Abstimmung veröffentlicht worden, heißt es als Begründung. Kommentar: Rein theoretisch ist es möglich, dass vor Monaten ein derartiger Brief verfasst wurde und nun irrtümlich versandt wurde, rein theoretisch.

Praktisch ist es wohl wahrscheinlicher, dass es massiven politischen Druck seitens der bestimmenden Eliten gegeben hat, die an Diplomatie derzeit wenig Interesse hegen. Als Fazit lässt sich ziehen, dass sich die Kollateralschäden der Ukrainekrise ohne Diplomatie uneingeschränkt fortsetzen werden. Die Kosten an Menschenleben im direkten Konflikt, bei wirtschaftlichen Strukturen primär in der Ukraine, aber auch sekundär als Funktion in europäischen Ländern und in der westlichen Finanzsubstanz (allen voran in Europa) werden weiter steigen.

Dazu passt die Einlassung des IWF, dass die Ukraine pro Monat einen Finanzierungsbedarf von 5 Mrd. USD hat. Europa wird dazu substanziell beitragen. Entspannung ist in dem Konflikt nicht erkennbar, die Schäden auf allen europäischen Seiten aber sehr wohl.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Wall Street schließt dritten Tag in Folge im Minus
31.12.2025

Die wichtigsten US-Aktienindizes beendeten den Handelstag am Dienstag bereits den dritten Tag in Folge mit Verlusten.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI im Bewerbungsprozess: Was Unternehmen und Kandidaten beachten sollten
30.12.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Bewerbungen – schneller, objektiver, aber nicht immer transparent. Während manche...

DWN
Politik
Politik USA greifen Hafen in Venezuela an: CIA soll angeblichen Drogenumschlagplatz attackiert haben
30.12.2025

Eine Explosion im Hafen, ein Präsident, der offen von einem Schlag spricht, und viele offene Fragen. Donald Trump bestätigt einen...

DWN
Panorama
Panorama Tresor-Coup in Gelsenkirchen: 3.200 Schließfächer aufgebrochen, Beute von 30 Millionen Euro
30.12.2025

"Wir wollen rein", skandiert eine aufgebrachte Menge vor der Sparkassenfiliale in Gelsenkirchen. Doch die Polizei riegelt ab. Was zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neun von zehn Haushaltshilfen werden schwarz beschäftigt
30.12.2025

Fast vier Millionen Haushalte setzen auf Schwarzarbeit – warum viele die Anmeldung umgehen und wie viel Geld dabei wirklich fließt.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Generation Z: Warum Sinnhaftigkeit zur neuen Währung im Job wird
30.12.2025

Führungskraft? Nein danke. Für die Generation Z zählt im Beruf längst nicht mehr die steile Karriere, sondern Sinn, Freiheit und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lebensmittelpreise 2025: Butter billiger, Schokolade teurer
30.12.2025

2025 wurden Verbraucher bei Lebensmitteln kräftig durchgeschüttelt. Butter fiel im Preis deutlich, während Schokolade, Rinderhack und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Alarm: Deutschland hat die höchsten Unternehmenssteuern der G7
30.12.2025

Deutschland gilt als Hochsteuerland – nun belegen es die Zahlen. Eine große Mehrheit der Unternehmen empfindet Steuern und Abgaben als...