Politik

Hausbesitzer aufgepasst: Regierung erhöht still und heimlich Erbschaftssteuern

Zum Jahresende werden Erbschafts- und Schenkungssteuern drastisch erhöht. Das trifft all jene, die Wohneigentum haben und es vererben möchten. Auf die Erben kommen immense Mehrkosten zu. Im schlimmsten Fall droht der Notverkauf der Immobilie.
Autor
24.11.2022 08:00
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 enthält eine drastische Erhöhung der Erbschafts- und Schenkungssteuer bei Immobilien. Die Neuregelung soll zum Jahresende in Kraft treten. Die Verschärfungen sind in einem Maßnahmenpaket begraben und wurden daher bisher kaum beachtet.

Im Gesetzesentwurf heißt es lediglich, dass eine „Anpassung der Vorschriften der Grundbesitzbewertung […] des Bewertungsgesetzes an die Immobilienwertermittlungsverordnung“ vorgesehen ist. Doch hinter dieser sperrigen Formulierung verbirgt sich für Immobilienbesitzer eine weitreichende Gesetzesänderung. Erst in den letzten Tagen hat die Erhöhung der Erbschafts- und Schenkungssteuer die überfällige Debatte ausgelöst. Doch nun könnte es für viele Haus- und Wohnungsbesitzer schon zu spät sein, um darauf noch zu reagieren.

Drastische Steuererhöhung droht für Immobilienbesitzer

Der Eigentümerverband Haus & Grund teilte der WirtschaftsWoche mit, dass der Anstieg der Erbschafts- und Schenkungssteuer bei Wohnhäusern und Eigentumswohnungen leicht 20 bis 30 Prozent erreichen könne. Bei (teil-)gewerblich genutzten Immobilien kommt auf die Erben sogar eine Verdoppelung der Besteuerung zu. Sibylle Barent, Leiterin Steuer- und Finanzpolitik bei Haus & Grund, spricht gegenüber der WiWo von „einigen unauffällig wirkenden Stellschrauben, die die Werte, die das Finanzamt ansetzt, gehörig nach oben treiben können“.

Hintergrund ist die Änderung der Wertermittlung der Immobilien. Demnach ändern sich die Berechnungsgrundlagen für die Alterswertminderung der Immobilie ebenso wie Sachwertfaktor und Regionalfaktor, mit denen Gebäudewert multipliziert wird, um die am Ende zu versteuernde Summe zu ermitteln. Darüber hinaus wird auch der Steuersatz von 11 auf 15 Prozent erhöht.

Allein die Änderung der Ansätze bei den Bewirtschaftungskosten bei Mietobjekten könne schon 10 bis 12 Prozent ausmachen, so Barent. „Nimmt man alle Stellschrauben zusammen, kommen da leicht 20 bis 30 Prozent Steigerung der steuerlichen Werte zusammen. Bei bestimmten Immobilien kann es sogar zu einer Verdoppelung kommen“.

So stark steigt die Steuerlast auf Immobilien ab 2023

DWN-Gastautor Marc Friedrich macht die Folgen der Steuererhöhung anhand eines Rechenbeispiels deutlich. Wer beispielsweise eine Immobilie mit Grund und Boden im Wert von rund 540.000 Euro besitzt, kommt bis Ende 2022 auf eine Steuerlast aus Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer von rund 9.600 Euro.

Durch die Erhöhung der Multiplikatoren und des Steuersatzes schießt dieser Betrag ab Jahresende in die Höhe. Die Immobilie würde dadurch auf dem Papier eine Wertsteigerung von rund 60 Prozent erfahren. Die Steuerlast steigt dementsprechend auf mehr als 57.000 Euro. Für viele Erben dürfte dieser Betrag kaum mehr zu stemmen sein und ihnen droht im schlimmsten Fall, dass sie die Immobilie veräußern müssen, um ihre Steuerschulden zu begleichen.

Möglich ist auch, dass die Regierungskoalition in letzter Minute noch die Freibeträge erhöht, um zumindest gewöhnliche Haus- und Immobilienbesitzer zu entlasten. Ausgerechnet die FDP hat diesen Vorschlag kürzlich in die Debatte eingebracht, obwohl der Gesetzesentwurf aus dem Bundesfinanzministerium unter Leitung des FPD-Vorsitzenden Christian Lindner stammt.

Derzeit liegen die Erbschaftssteuer-Freibeträge bei 500.000 Euro für Ehepartner, bei 400.000 Euro für Kinder der Verstorbenen und bei 200.000 Euro für Enkel. Erst oberhalb dieser Grenze fällt Erbschaftssteuer an. FDP-Fraktionschef Dürr sagte der Tagesschau, dass die Koalition sich vorgenommen habe, die Bürgerinnen und Bürger nicht zusätzlich zu belasten. Dies müsse auch für die Erbschaftssteuer gelten. Eine Erhöhung der Freibeträge wäre „unbürokratisch möglich“.

Was Immobilienbesitzer jetzt noch tun können

Bleibt der Erhöhung der Freibeträge aus, ist entschiedenes Handeln von Immobilienbesitzern gefragt. Zunächst einmal treffen die Neuregelungen nicht jeden Besitzer gleich hart. Einiges hängt auch mit Lage der Immobilie sowie der Art der Nutzung zusammen. Haus- und Wohnungsbesitzer sollten sich am besten erstmal mit einem Steuerberater und Rechtsanwalt beraten, um zu klären, wie stark sie von der Steuererhöhung betroffen sind.

Die neuen Regeln zur steuerlichen Bewertung betreffen vor allem Immobilien, die im Ertrags- und Sachwertverfahren bewertet werden. Sollten Immobilienbesitzer zu dem Schluss kommen, dass sie von der Steuererhöhung betroffen sind, ist schnelles Handeln gefragt.

Die Immobilie müsste noch vor Jahresende übertragen oder verschenkt werden, um der Steuererhöhung zu entgehen. Der dazu nötige Vertrag kann von einem Rechtsanwalt schnell aufgesetzt werden. Allerdings dürfte es in vielen Fällen am Ende an der Beurkundung scheitern. Denn Notartermine sind derzeit schwer zu bekommen und oftmals nur mit vier bis sechs Wochen Wartezeit verfügbar.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Siton Mining: Mining mit BTC, XRP und DOGE.Verdienen Sie 8.600 $ pro Tag an passivem Einkommen

Auf dem volatilen Kryptowährungsmarkt ist die Frage, wie sich die täglichen Renditen digitaler Währungen maximieren lassen, anstatt sie...

DWN
Finanzen
Finanzen Topmanager erwarten Trendwende bei Börsengängen
17.09.2025

Nach Jahren der Flaute sehen Topmanager eine Trendwende am Markt für Börsengänge. Warum Klarna den Wendepunkt markieren könnte und was...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Solar-Krise: Solarfirma Meyer Burger schließt Standorte - 600 Beschäftigten gekündigt
17.09.2025

Rettung geplatzt: Warum auch Investoren keinen Ausweg für den insolventen Solarmodul-Hersteller Meyer Burger sehen und was jetzt mit den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinesische Waren: Europas Industrie gerät zunehmend unter Druck
17.09.2025

Chinesische Waren fluten Europa. Subventionen aus Peking drücken Preise, während Europas Industrie ins Hintertreffen gerät. Deutschland...

DWN
Politik
Politik AfD stärkste Kraft: AfD zieht in YouGov-Umfrage erstmals an der Union vorbei
17.09.2025

Die AfD zieht in der Sonntagsfrage an der Union vorbei – für die SPD geht es minimal aufwärts. Eine Partei, die bislang nicht im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft TOP10 Biotech-Unternehmen: Was Anleger jetzt wissen müssen
17.09.2025

Biotech-Unternehmen dominieren mit GLP-1 und Onkologie – doch Zölle, Patente und Studienerfolge entscheiden über Renditen. Wer jetzt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Halbleiterstandort Sachsen: Ansiedlung von TSMC - Silicon Saxony rechnet mit 100.000 neuen Jobs
17.09.2025

Sachsen ist Europas größter Mikroelektronik-Standort mit rund 3.600 Unternehmen und rund 83.000 Mitarbeitern. Auf der Halbleitermesse...

DWN
Politik
Politik Haushaltsdebatte im Bundestag: Erst Schlagabtausch, dann Bratwürste für den Koalitionsfrieden
17.09.2025

Merz gegen Weidel: Zum zweiten Mal treten die beiden in einer Generaldebatte gegeneinander an. Weidel wirft Merz „Symbolpolitik“ und...

DWN
Finanzen
Finanzen Berliner Testament: Ungünstige Nebenwirkungen bei größeren Vermögen – und was sonst zu beachten ist
17.09.2025

Das Berliner Testament ist in Deutschland sehr beliebt, denn es sichert den überlebenden Ehepartner ab. Allerdings hat es auch eine Reihe...