Europa hat mit seinen Finanzhilfen für die Ukraine einer Studie zufolge erstmals seit Kriegsbeginn die USA überholt. Die EU-Länder kommen zusammen mit den EU-Institutionen auf knapp 52 Milliarden Euro an militärischer, finanzieller und humanitärer Hilfe, wie aus der am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hervorgeht. Die von den USA gemachten Zusagen summieren sich demnach auf knapp 48 Milliarden Euro.
Wesentlicher Grund für die Veränderungen sei ein von der EU für 2023 beschlossenes und 18 Milliarden Euro schweres Paket an finanzieller Unterstützung für die Ukraine. Die USA haben ihre insgesamt großen Hilfszusagen nicht noch einmal ausgeweitet. Einige vom Kongress freigegebene Mittel sind den Angaben nach zwischenzeitlich ungenutzt verfallen, da das Haushaltsjahr 2022 abgelaufen ist.
"Bisher hinkte die seit Kriegsbeginn zugesagte Unterstützung der EU an die Ukraine immer den Amerikanern hinterher", sagte IfW-Forschungszentrumsdirektor Christoph Trebesch, der auch das Team leitet, das den Ukraine Support Tracker erstellt, und am IfW Kiel. Nun überträfen die europäischen Zusagen das Volumen der von den USA angekündigten Hilfen.
"Das sollte auch so sein angesichts der Bedeutung, die der Kriegsverlauf für die europäische Sicherheit hat", sagte Trebesch. Jetzt sollten die EU-Regierungen allerdings auch dafür sorgen, dass die zugesagte Unterstützung schnell in der Ukraine ankomme - "ohne monatelange Verzögerungen wie bei den letzten Hilfspaketen".
Die EU-Beschlüsse und Deutschlands neue Zusagen machen das Land den Angaben nach inzwischen absolut gesehen zum größten Geber in Europa: Deutschland überholt nun erstmals Großbritannien und steht für Unterstützung im Wert von insgesamt 12,6 Milliarden Euro für die Ukraine (bilaterale und anteilige EU-Zusagen). In den vergangenen Wochen wurden von der Bundesregierung umfangreiche neue Waffen zugesagt und geliefert, hinzu kommen Winterausrüstung sowie Unterstützungsleistungen für die Cybersicherheit und die Aufklärung von Kriegsverbrechen.
"Auch hier wäre allerdings mehr Tempo wünschenswert", sagte Trebesch. Angesichts der massiven russischen Luftangriffe auf die zivile Infrastruktur benötige die Ukraine dringend Notstromaggregate, Transformatoren, aber auch neue Abwehrkapazitäten, um die Bevölkerung vor Kälte und langen Stromausfällen zu schützen. "Doch wurde aus Deutschland von fünf zugesagten IRIS-T-Systemen zur Luftabwehr bisher erst eines geliefert", sagte der IfW-Experte. (Reuters)