Finanzen

EZB reduziert ihre Bilanz um massive 800 Milliarden Euro

Im Eiltempo zahlen die Banken der Eurozone Kredite im Umfang von knapp 800 Milliarden Euro an die EZB zurück. Denn die EZB muss dringend ihre Bilanz reduzieren.
Autor
10.12.2022 19:42
Aktualisiert: 10.12.2022 19:42
Lesezeit: 2 min

Bereits im November hatten die Banken der Eurozone zielgerichtete langfristige Kredite im Umfang von 296,29 Milliarden Euro vorzeitig an die Europäische Zentralbank zurückgegeben. Diese Kredite, die in der Fachwelt "TLTRO III" genannt werden, waren für die Banken sehr lukrativ. Die EZB verfolgte damit während der Corona-Krise das erklärte Ziel, die Banken mit ausreichend Liquidität auszustatten. Dies sollte erklärtermaßen die Kreditvergabe an die Realwirtschaft ankurbeln.

Nie zuvor hatte die EZB auf einen Schlag so viel Geld aus dem Bankensystem gezogen. Doch wie die Notenbank am Freitag mitteilte, werden die Banken der Eurozone nun weitere 447,5 Milliarden Euro an TLTRO-III-Krediten vorzeitig an die EZB zurückzahlen. Im Dezember werden weitere 52 Milliarden Euro fällig. Damit verringert sich die Gesamtsumme der ausstehenden Refinanzierungsgeschäfte innerhalb nur weniger Wochen um fast 800 Milliarden Euro.

Bis vor kurzem saßen die Banken der Eurozone auf TLRTO-Barmitteln im Umfang von 2,113 Billionen Euro. Und die ausstehenden TLTRO-Mittel werden sich nach der Rückzahlung im Dezember immer noch auf 1,32 Billionen belaufen, wovon ein Großteil davon im Juni nächsten Jahres fällig wird, wie Reuters berichtet. Doch der Rückgang innerhalb weniger Wochen um knapp 800 Milliarden Euro ist durchaus enorm.

Hintergrund ist, dass ist die Inflation im Oktober einen Rekordwert von 10,6 Prozent erreichte. Daher hat die EZB die Kreditkosten für TLTRO-Darlehen im November deutlich erhöht. Damit will sie bewirken, dass die Banken die Mittel lieber zurückgeben, als die höheren Zinsen zu zahlen. Es wird erwartet, dass die vorzeitigen Rückzahlungen die Finanzierungskosten der Banken erhöhen und die Kreditnachfrage dämpfen, was wiederum die Inflation dämpfen soll.

Mit 8,5 Billionen Euro ist die Bilanz der EZB im historischen Vergleich immer noch außergewöhnlich groß, und es wird erwartet, dass die Bank in der nächsten Woche Pläne für eine weitere Verringerung dieser Bilanz vorlegen wird. Als nächsten Schritt könnte sie einen Teil der von ihr gehaltenen Schulden in Höhe von 5 Billionen Euro auslaufen lassen. Aber dieser Prozess wird wahrscheinlich schrittweise erfolgen, und die Reduzierung dürfte zunächst nur gering ausfallen.

Von Reuters befragte Analysten gehen davon aus, dass die Anleihebestände im nächsten Jahr nur um 175 Milliarden Euro schrumpfen werden. Die Notenbanker stehen vor dem Problem, dass sie die Geldpolitik genau zu einem Zeitpunkt straffen, während die Eurozone auf eine Rezession zusteuert. Die befragten Analysten gaben in der Umfrage eine durchschnittliche Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent für eine Rezession innerhalb eines Jahres an.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Ukraine Krieg: Neues NATO-Hauptquartier in Wiesbaden in Militäreinsätze verwickelt?
12.04.2025

Der ehemalige ukrainische Oberbefehlshaber und heutige Botschafter in Großbritannien, Walerij Saluschnyj, hat bestätigt, dass die Ukraine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Sekthersteller Rotkäppchen-Mumm: Vom ostdeutschen Sanierungsfall zum Marktführer
11.04.2025

Rotkäppchen-Mumm entwickelt sich wertmäßig bei Schaumwein und Wein deutlich über dem Marktniveau. Der Marktanteil ist mit 38 Prozent so...

DWN
Politik
Politik Trump Zölle gegen EU-Handelsbarrieren richtig: EU drohe sonst Öko-Sozialismus
11.04.2025

Mit provokanten Aussagen zu Trumps Zöllen überrascht Václav Klaus (83), Ex-Präsident der Tschechischen Republik und prominenter...

DWN
Politik
Politik Treffen mit Putin dauert noch an - Gespräch mit US-Sondergesandten Witkoff noch ohne offizielle Ergebnisse
11.04.2025

Der US-Sondergesandte Steve Witkoff ist nach Russland gereist und in St. Petersburg gelandet. Treffen zwischen Russlands Präsident...

DWN
Politik
Politik Wehrpflicht kommt zurück nach Deutschland: Verteidigungsminister Pistorius sieht Einführung noch 2025
11.04.2025

Nach Bildung der neuen Regierung: Der geschäftsführende Verteidigungsminister Boris Pistorius will die Einführung des neuen...

DWN
Politik
Politik Russischer Angriff auf Nato-Staaten? Deutsche Sicherheitsexperten warnen vor Panikmache
11.04.2025

Ukraine-Krieg: Zahlreiche Sicherheitsexperten kritisieren Alarmismus und Aufrüstung wegen eines möglichen russischen Angriffskrieges auf...

DWN
Politik
Politik Sondertribunal Den Haag wegen Ukraine Krieg: Putin nicht vor Gericht - Keine Aburteilung in Abwesenheit
11.04.2025

Ein geplantes Sondertribunal zur Untersuchung mutmaßlicher Aggressionsverbrechen Russlands gegen die Ukraine wird den russischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der Rückgang des Dollars setzt sich fort – ein Grund zur Sorge
11.04.2025

Der US-Dollar, jahrzehntelang Symbol wirtschaftlicher Stabilität und globaler Dominanz, verliert zunehmend an Strahlkraft – und das...