Deutschland

Immobilien: Droht 2023 ein Einbruch bei den Preisen?

Die Lage im deutschen Immobilen-Markt ist ernst. Der Boom ist zu Ende und mehrere Faktoren zeichnen ein negatives Bild.    
15.01.2023 10:00
Lesezeit: 2 min

Nach mehr als zehn Jahren Immobilienboom in Deutschland und enorm steigenden Preisen machen sich Experten Sorgen, wie es in diesem Jahr im Wohnungsmarkt weiter geht. Nach einer klaren Trendwende gegen Ende letzten Jahres verheißen hohe Inflation, steigende Bauzinsen, eine Baukostenexplosion, Lieferengpässe und eine drohende Rezession nichts Gutes.

Bereits in der zweiten Hälfte letzten Jahres hat sich die Nachfrage nach Immobilien deutlich abgekühlt, nicht nur beim Kauf, sondern auch beim Bau. Viele Baufirmen-Aufträge wurden storniert und Normalverdiener konnten sich wegen den hohen Bauzinsen und Kosten kaum noch einen Haus-Kauf leisten.

Trendwende schon letztes Jahr

Gegen Ende letzten Jahres kündigte der Finanzierungsvermittlers Interhyp dann eine Wende am Immobilienmarkt an: Gegen den allgemeinen Trend der hohen Inflation fielen die Preise für Häuser und Eigentumswohnungen nach Interhyp-Daten im dritten Quartal. Der Durchschnittspreis für eine finanzierte Immobilie inklusive Nebenkosten lag bei 512.000 Euro, 23.000 Euro oder 4,3 Prozent weniger als im zweiten Quartal. Die Anzahl der im Markt befindlichen Immobilien war deutlich gestiegen und Immobilien in Städten wie Stuttgart waren deutlich billiger geworden. Auch in München gab es Preisnachlässe.

Zu dem Zeitpunkt sagte der Verband deutscher Pfandbriefbanken, dass die Trendwende im Markt gekommen sei. Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt verwies auf gestiegene Zinsen, hohe Inflation, reale Einkommenseinbußen bei potenziellen Käufern und anhaltende politische und wirtschaftliche Unsicherheiten. „Nachdem die Preise für Wohnimmobilien mehrere Jahre lang gestiegen sind, sind sie nun erstmals wieder leicht gefallen – der jahrelange Aufwärtstrend bei Wohnimmobilienpreisen ist somit zu Ende“, so Tolckmitt.

Landesbank Baden-Württemberg-Analyst Martin Güth sagte, Immobilien-Preise tendierten auf breiter Front abwärts, was angesichts des massiven Zinsanstiegs zu erwarten gewesen sei. Das Tempo des Preisrückgangs von Wohnimmobilien und Büros sei „noch nicht besorgniserregend,“ fügte Güth hinzu.

2023: perfekter Immobilien-Sturm wegen drei Faktoren?

Doch nun machen sich Experten Sorgen. Laut Business Insider zeigen aktuelle Umfragen und Daten, dass eine länger anhaltende Baukrise bevorstehen könnte. Drei Faktoren deuten auf den perfekten Immobilien-Sturm hin: hohe Zinsen machen den Kauf bestehender Immobilien-Objekte immer unattraktiver, der Neubau lässt deutlich nach, und die Stimmung unter deutschen Immobilienunternehmen ist einfach zu schlecht.

Business Insider zufolge warnt die Analyseabteilung der Deutschen Bank, DB-Research, vor einer tiefen Baurezession für das laufende Jahr. 2022 seien die Bauinvestitionen um 1,7 Prozent zurückgegangen, im laufenden Jahr dürfte das Minus auf 4,3 Prozent steigen. Vor allem der Wohnungsbau werde zurückgehen, erwarten die Bank-Ökonomen.

Und auch die Winter-Ausgabe des Immobilienstimmungindex des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln sieht schlecht aus: Erstmals seit Beginn der quartalsweisen Befragung im Jahr 2014 rutschte der gesamte Index in den negativen Bereich, auf minus 9,1 Punkte. Unternehmen erwarten demnach in der Mehrheit sinkende Preise und weniger Geschäft.

Lösungen für die Zukunft

Andreas Mattner, dem Präsidenten des Spitzenverbands der Immobilienwirtschaft Zentrale Immobilien Ausschuss zufolge müssten Regierungen von Bund und Ländern jetzt zusammen handeln. „Die ernste Lage muss als gemeinsame Aufgabe von Branche und Politik erkannt werden und einen neuen Gründergeist erzeugen. Andernfalls werden wir nicht nur ein Wohnungsversorgungschaos in nie da gewesener Dimension, sondern auch bei Wirtschaftsimmobilien einen erheblichen Verlust von Arbeitsplätzen sehen,“ so Mattner.

Auch auf den internationalen Immobilen-Märkten sieht es düster aus. Während die Aussichten für den globalen Sektor Ende 2021 noch sehr positiv waren, hat sich nicht einmal ein Jahr später alles verändert: Hausbesitzer kämpfen mit zunehmend unbezahlbaren Hypothekenzinsen und Erstkäufer halten sich angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheit zurück.

Kommentare von Cristina Arbelaez, globale Wirtschaftsexpertin bei Morgan Stanley, geben jedoch etwas Anlass zur Hoffnung. „Wir sehen einen Umschwung des 2021-Immobilienbooms der letzten Jahre,“ sagt sie. „Aber um es klar zu sagen: Wir erwarten keine Wiederholung des 2006-2008 Zusammenbruchs des (weltweiten) Immobilienmarkts.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Vera von Lieres

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 100 Tage Trump-Deal – Zollfrieden oder Wirtschaftsbremse? Europas Firmen zahlen den Preis
03.11.2025

Hundert Tage nach dem vielbeschworenen Handelsdeal zwischen Brüssel und Washington zeigt sich: Der vermeintliche Durchbruch hat seinen...

DWN
Politik
Politik Anders Fogh hat viele Male mit Putin die Kräfte gemessen. Jetzt schlägt er Alarm
03.11.2025

Ein Ex-NATO-Generalsekretär warnt: Europa ist zu langsam, zu zögerlich und falsch geführt. Anders Fogh Rasmussen fordert eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Chef fordert spätere Rente: Längeres Arbeiten für den Wohlstand
03.11.2025

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel spricht sich angesichts der schwachen deutschen Wirtschaft für ein längeres Arbeitsleben aus. „Wir...

DWN
Technologie
Technologie Gesetz gegen digitalen Voyeurismus? Justizministerium will Lücke schließen
03.11.2025

Ein Vorfall in Köln sorgte für Entsetzen: Ein Mann filmte im Frühjahr den Po einer joggenden Frau – anzeigen konnte sie ihn nicht,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nur jede dritte Führungskraft ist weiblich – Deutschland hinkt hinterher
03.11.2025

Trotz fast gleicher Erwerbstätigenzahlen von Frauen und Männern bleiben Frauen in Deutschlands Führungsetagen weiterhin die Ausnahme. Im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maschinenbau im freien Fall – Aufträge brechen im September dramatisch ein
03.11.2025

Alarmstufe Rot für Deutschlands Maschinenbauer: Nach einem äußerst schwachen September steuert die Branche auf ein Produktionsminus von...

DWN
Politik
Politik General Breuer will alle jungen Männer mustern – Bundeswehr rüstet sich für den Ernstfall
03.11.2025

Ein Satz, der aufhorchen lässt: Alle jungen Männer sollen wieder gemustert werden. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Führung als Schlüsselfaktor: Wie Chefs Mitarbeiter halten oder vertreiben
03.11.2025

Mitarbeiter kündigen selten wegen Gehalt oder Karrierechancen – entscheidend ist meist der Vorgesetzte. Eine Studie zeigt: Jeder zweite...