Seit Anfang der Woche haben sich Politiker, Konzernchef und Journalisten aus aller Welt wieder im schweizerischen Kurort Davos versammelt, um über die Krisen der Welt zu beraten. Abgeschottet von der Öffentlichkeit und unter dem Schutz von Soldaten treffen sich dort jährlich die Mitglieder sowie geladenen Gäste des Weltwirtschaftsforums (WEFs). In diesem Jahr findet das 53. WEF-Treffen wieder im Januar (16. – 20.) statt, nach dem es in den vergangenen Jahren aufgrund der Pandemie zu Unregelmäßigkeiten im normalen Ablaufplan gekommen war.
WEF-Gäste: Politiker, Konzernbosse und Journalisten
Die Teilnehmer reisen in diesem Jahr aus 130 Ländern an. Darunter befinden sich 52 Staats- und Regierungschefs, 56 Finanzminister, 45 Außenminister sowie 1.500 Unternehmensvertreter von 700 Konzernen aus aller Welt. Auf der Teilnehmerliste stehen neben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auch acht EU-Kommissare sowie EZB-Präsidentin Christine Lagarde und UN-Generalsekretär Antonio Guterres. In letzter Minute sagten dagegen Bill Gates und George Soros ihre Teilnahme ab.
Aus Deutschland reisen unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (B90/Grüne), Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Finanzminister Christian Lindner sowie Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an. Dazu kommen noch SPD-Co-Vorsitzender Lars Klingbeil, Grünen-Vorsitzender Omid Nouripour, Jens Spahn (Ex-Gesundheitsminister), die Staatssekretäre Jennifer Morgan und Jörg Kukies, Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt sowie Bundesbank-Chef Joachim Nagel.
„Ein Thema ist die bessere Vorbeugung von Pandemien. Ein weltweites System der Pandemie Früherkennung ist im Aufbau, ärmere Länder werden unterstützt. Wir haben diesen ‚Pandemic Fund‘ mit entwickelt“, wie Lauterbach auf Twitter mitteilte. Auf dem dazugehörigen Bild ist ein Jet der Bundesregierung zu sehen, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die Minister auf Steuerzahlerkosten in die Schweiz fliegen, obwohl es sich beim WEF um eine Privatveranstaltung handelt.
Elitärer Club: Ticketpreise von bis zu 250.000 Dollar
Journalisten sind auf dem diesjährigen WEF ebenfalls wieder in Scharen vertreten, darunter etwa Journalisten des Axel-Springer-Verlags aus Deutschland, Vertreter der führenden Nachrichtenagenturen dpa und Reuters sowie Journalisten der britischen Financial Times, um nur einige zu nennen. Kritische Distanz zum Objekt der Berichterstattung? Fehlanzeige. Zu groß scheint die Versuchung, den Mächtigen der Welt zu lauschen.
Die Teilnahme am WEF muss man sich leisten können. Ein Ticket kostet bis zu 250.000 Dollar, was einer Verdreifachung im Vergleich zu vergangenen Jahren entspricht. Das schien sogar dem einen oder anderen Millionär zu teuer, wie etwa dem britischen Multi-Millionär Bill Browder. „Obwohl es schon immer teuer war – es kostete rund 70.000 Dollar – bezahlte ich es jeweils. Nur damit ich die Russen herausfordern konnte“.
Browder, der als ausgemachter Putin-Gegner gilt, wollte die Veranstaltung dazu nutzen, für Waffenlieferungen an die Ukraine zu werben. Ginge es nach Browder, würden die eingefrorenen russischen Vermögen in Höhe von 350 Milliarden Dollar in die Landesverteidigung der Ukraine investiert werden. In diesem Jahr wird er nicht an der Veranstaltung selbst teilnehmen, allerdings im Kurort Davos sein, um für seine politischen Ziele bei den Mächtigen zu werben.
Weltwirtschaftsforum: Die wichtigsten Themen 2023
In diesem Jahr dreht sich die Konferenz im Kern um die Themen Klimawandel, Energiekrise und Inflation sowie Geopolitik gehen, wie die NZZ berichtet. Ziel der Konferenz sei es, eine „Polykrise“ zu vermeiden, wie es auf dem WEF genannt wird. Gemeint ist damit das Zusammenwirken mehrerer Krisen, die sich gegenseitig verstärken, also beispielsweise Klimakrise, Wirtschaftskrise und Energiekrise.
Auf zahlreichen Veranstaltungen werden Vorträge zu den Themengebieten Energie- und Lebensmittelversorgung, Wasserversorgung, Düngemittel, Ernährungssicherheit, Energiewirtschaft und Kernfusion gehalten. Außerdem wird es um die weltweit steigende Inflation und Verschuldung gehen, etwa auf Podiumsdiskussion mit den vielsagenden Titeln „Ist die Welt in der Schuldenspirale?“, „Die Zukunft der Geldpolitik“ (mit dem Chef der Schweizer Notenbank Thomas Jordan), „Finanzinstitute unter Druck“ und „Handel, Wachstum und Investment“ (unter Beteiligung von Wirtschaftsminister Habeck).
Viele Vorträge werden sich um den technologischen Wandel drehen, darunter Podiumsdiskussionen zu den Themen Kryptowährungen, Quantencomputer, Künstliche Intelligenz und Cybersecurity. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe geopolitischer Vorträge mit düster klingenden Namen, etwa „Die Verteidigung Europas“, „Das Risiko eines Atomkriegs“ und „Historische Perspektiven auf den Krieg“ (mit Henry Kissinger, der zuletzt vor einem Flächenbrand in der Ukraine warnte).
Die anhaltende Krise der Weltwirtschaft wird ebenfalls ein heißes Diskussionsthema sein, etwa in einer Podiumsdiskussion mit dem Titel „Der Rezession zuvorkommen“. Für ein Drittel der Weltwirtschaft wird in diesem Jahr eine Rezession prognostiziert, wie die Financial Times berichtet. Einige der größten Unternehmen der Welt sehen sich mit milliardenschweren Abschreibungen auf kürzlich getätigte Übernahmen konfrontiert, darunter viele US-Medien- und Pharmaunternehmen.
Die Konzerne hätten Übernahmen getätigt und nun sei die erwartete Rendite aufgrund anhaltender Probleme der Weltwirtschaft ausgeblieben, was sie zu Milliardenabschreibungen zwingt. Die 10 größten Abschreibungen bei den S&P 500-Unternehmen im Jahr 2022 beliefen sich nach Angaben des Beratungsunternehmens Kroll auf insgesamt 35,4 Milliarden Dollar, verglichen mit 6,1 Milliarden Dollar im Jahr 2021.
Weltelite unter dem Schutz der Schweizer Armee
Das Weltwirtschaftsforum wird wie jedes Jahr von der Schweizer Armee geschützt. Eine offiziellen Mitteilung zufolge ist die Armee seit dem 10. Januar und bis einschließlich 26. Januar im Kanton Graubünden im Einsatz. Der „Assistenzdienst“ umfasst insgesamt 5.000 Armeeangehörige. Ein Teil davon komme direkt in Davos zum Einsatz, ein anderer Teil „schützt Infrastruktureinrichtungen und erbringt in der ganzen Schweiz Leistungen in den Aufgabenbereichen der Luftwaffe, der Logistik sowie der Führungsunterstützung“.
Ein Großaufgebot der Schweizer Luftwaffe wird im Einsatz sein – darunter permanent patrouillierende Kampfjets, bodengestützte Luftabwehr und zusätzlichen Radargeräten – um den Luftraum über der gesamten Schweiz anlässlich des Weltwirtschaftsforums und in Abstimmung mit Österreich und Italien zu schützen. Neben Überwachungsflügen wird die Luftwaffe auch „Lufttransporte völkerrechtlich geschützter Personen“ durchführen. Über die zusätzlichen Kosten dieses gigantischen Militäreinsatzes für den Schweizer Steuerzahler ist nichts bekannt. Sie dürften aber leicht in die Millionen gehen.
Die ersten Proteste gegen das diesjährige WEF gab es bereits. Klimaaktivisten protestierten an einem Privatflughafen im Oster der Schweiz, um gegen die Teilnahme großer Ölunternehmen zu demonstrieren. Vertreter der Ölfirmen BP, Chevron und Saudi Aramco werden am diesjährigen WEF teilnehmen. Die Aktivisten warfen den Ölfirmen vor, die „Klimadebatte zu kapern“.
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Klimaaktivistin Greta Thunberg machte sich nach ihrer Beteilung an den Protesten in Lützerath ebenfalls auf den Weg nach Davos, wie Euronews berichtet. Wie glaubwürdig der Protest Thunbergs gegen das Weltwirtschaftsforum ist, darf jeder selbst beurteilen. Immerhin wird sie auf der WEF-Seite als „Agenda Contributor“ geführt und verdankt ihre weltweite Popularität in Teilen einer Rede auf ebenjener Veranstaltung im Jahr 2019 („Unser Haus brennt!“).