Deutschland

Verbot neuer Gas- und Ölheizungen deutlich entschärft

Nach massiven Widerständen hat die Ampel-Regierung das geplante Verbot neuer Gas- und Ölheizungen deutlich entschärft. Es gibt nun Übergangsfristen und Ausnahmen.
01.04.2023 17:00
Aktualisiert: 01.04.2023 17:00
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die schlimmsten Befürchtungen von Hausbesitzern für das künftige Heizen treten nun doch nicht ein. Die Ampel-Koalition hat ihre Pläne für ein Einbauverbot neuer Gas- und Ölheizungen modifiziert. Vor allem die Union läuft trotzdem Sturm.

Das Einbauverbot neuer Gas- und Ölheizungen ab Anfang 2024 stößt trotz der geplanten Ausnahme- und Übergangsregelungen bei der Opposition auf scharfe Kritik. CSU-Generalsekretär Martin Huber warf der Ampel-Koalition am Samstag vor, «Klimaschutz mit der Brechstange» zu betreiben. «Die Ampel-Pläne sind sozial ungerecht und eine nicht zu verantwortende Belastung, insbesondere für ältere Hausbesitzer», sagte er. Der Linken-Ostbeauftragte Sören Pellmann sprach von einem «Verarmungsprogramm». Im Osten stünden zigtausende Heizungswechsel an, da viele Anlagen in den 90er Jahren eingebaut worden seien. «Die Menschen verzweifeln angesichts der horrenden Sanierungskosten, die anfallen werden.»

Der klimaschutz- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Andreas Jung, sieht noch viele offene Fragen, über die die Bundesregierung kurzfristig umfassende Transparenz schaffen müsse. Zu klären sei etwa, ob es für Neubauten tatsächlich ein Verbot für Biomasseheizungen geben solle und ob das Heizen mit Pellets weiter möglich sei. Unklar sei auch die Förderung der Investitionen durch den Staat und die Unterstützung speziell für finanzschwache Haushalte, kritisierte der CDU-Abgeordnete.

Auch der Linken-Politiker Pellmann monierte, dass die soziale Flankierung des Heizungsprogramms noch immer unbestimmt sei. Das sei ein «weiterer Beleg für die soziale Kälte der Ampel».

Die Koalition hatte am Freitagabend einen Kompromiss beim umstrittenen Gebäudeenergiegesetz mit dem Verbot des Einbaus neuer Gas- und Ölheizungen bekannt gegeben. Laut Bundeswirtschafts- und Bundesbauministerium liegt nun ein fertiger und von allen drei Parteien getragener Gesetzentwurf vor. Demnach bleibt es im Kern dabei, dass ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Es soll aber Ausnahmen, Übergangsfristen und eine umfassende Förderung geben.

Verzichtet wird den Angaben zufolge auf die ursprünglich vorgesehene Austauschpflicht für funktionierende Öl- und Gasheizungen. Gehen alte Heizungen nach 2024 irreparabel kaputt, kann kurzfristig wieder ein Öl- oder Gaskessel eingebaut werden, der aber binnen drei Jahren um moderne Technik ergänzt werden muss, um die 65-Prozent-Vorgabe zu erfüllen. Von ihr gänzlich befreit sind Hauseigentümer, die über 80 Jahre alt sind, sie dürfen auch weiter Öl- und Gasheizungen einbauen. Eine Härtefallregelung soll es zudem für finanziell schwache Haushalte geben.

Ab Ende 2044 soll aber endgültig Schluss mit dem Heizen mit Öl und Gas sein, weil Deutschland ab 2045 klimaneutral sein will, also keine zusätzlichen Treibhausgase in die Atmosphäre abgeben will.

Die Grünen Co-Vorsitzende Ricarda Lang sprach von einem «Durchbruch bei der Wärmewende». «Nach dem Turbo bei den Erneuerbaren und dem Aus für den fossilen Verbrenner bahnt die Ampel in einem weiteren Sektor den Weg in die Klimaneutralität.» Es sei gut, dass das Gesetz nun schnell auf den Weg komme, damit Hersteller und Verbraucher sicher planen könnten. «Wichtig ist, dass wir soziale Härten abfedern und so die Menschen auf dem Weg wirklich unterstützen. Gemeinsam schaffen wir eine sichere, bezahlbare und zukunftsfähige Wärmeversorgung», sagte Lang.

Die FDP im Bundestag unterstrich die Technologieoffenheit beim Ersetzen bisheriger Öl- und Gasheizungen. «Die FDP hat immer betont, dass der Staat die Menschen bei der Auswahl ihrer Heizung nicht bevormunden darf», sagte der Vize-Fraktionsvorsitzende Lukas Köhler der Deutschen Presse-Agentur. Entgegen den ursprünglichen Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums bleibe es nun im Kompromiss zum Gebäudeenergiegesetz jedem selbst überlassen, wie er das Ziel von 65 Prozent Erneuerbaren Energien in einer neuen Heizung erreicht.

«So kann jeder für sich und das eigene Haus die passgenaue Lösung finden», sagte der FDP-Politiker. Auch die nun gefundenen Regeln für den Heizungstausch seien in der Lebensrealität der Menschen deutlich realistischer umsetzbar.

Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Ulrich Lange kritisierte dagegen, das Vorhaben werde das Bauen massiv verteuern. «Mit ihren Plänen zum Gebäudeenergiegesetz trifft die Ampel die Menschen in unserem Land, aber auch die Baubranche in Mark und Bein», sagte der CSU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. (dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Dienstleister für Visa und ETA: Zwischen Hilfe und Abzocke – was Sie wissen müssen
17.08.2025

Reisen wird komplizierter: In vielen Ländern reicht der Reisepass nicht mehr. Visa, ETA oder digitale Einreisekarten sind nötig....

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerhinterziehung: Zahl der Betriebsprüfungen geht seit Jahren zurück - das bringt Probleme mit sich
17.08.2025

Der Kampf gegen Steuerhinterziehung ist immer wieder ein erklärtes Ziel der Politik. Doch in der Realität gibt es immer weniger...

DWN
Technologie
Technologie Bionik, KI und Robotik: Der Innovationsschub, der alles verändert
16.08.2025

Von der Bionik bis zur KI-Konvergenz: Neue Technologien versprechen einen Innovationssprung – und könnten Wirtschaft, Gesellschaft und...

DWN
Panorama
Panorama Datenschutz und Oktoberfest - was sich im September ändert
16.08.2025

Die Tage werden kürzer und der Herbst naht im September. Welche Neuerungen bringt der neue Monat für Verbraucherinnen und Verbraucher?...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Business Angels sind keine Almosen-Geber: So knackt man sie trotzdem
16.08.2025

Sie heißen Engel, aber verschenken nichts: Warum Business Angels für Start-ups goldwert sind – und wieso Gründer trotzdem mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 150 Jahre ohne Steuerprüfung? Personalmangel bremst Steuerkontrollen in Deutschland aus
16.08.2025

In Deutschland können Kleinstbetriebe statistisch gesehen 150 Jahre lang einer Steuerprüfung entgehen – während dem Staat Milliarden...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Bahn: Vor diesen Herausforderungen steht der künftige Bahn-Chef
16.08.2025

Richard Lutz muss seinen Posten als Bahnchef räumen - und übergibt dabei zahlreiche Probleme an seinen Nachfolger. Kann der erfolgreicher...

DWN
Technologie
Technologie Laser gegen Putins Drohnen: Europas Hightech-Antwort auf den Krieg
16.08.2025

Während russische Drohnen den Himmel über Europa testen, setzen die Ukraine und die EU auf eine futuristische Waffe: Laser, die für...